Mittelschwaebische Nachrichten
Heimat, Land und Religionen
Zusammenleben in der Pluralisierung
Ein brandaktuelles, heiß diskutiertes Thema und ein starkes, kluges Buch. Die Wiener Philosophin Isolde Charim zeigt in „Ich und die Anderen“gemäß dem Untertitel, „wie die neue Pluralisierung uns alle verändert“– und zwar mit Fragen wie diesen: Was hält unsere extrem heterogene Gesellschaft zusammen? Was bedeuten Worte wie Identität und Heimat im 21. Jahrhundert?…
Oder auch: Wie soll sich der Staat in Fragen der Religion verhalten, da immer mehr Glaubensrichtungen mit ihren Symbolen und Weltsichten aufeinandertreffen? Gemäß des Innen- und Heimatministers: Als Bewahrer und Lobbyvertreter der „christlich-jüdischen Tradition“Deutschlands? Soll er im Konkreten dafür sorgen, dass Kita-Kinder wie die Staatsanwältin vor Gericht kein Kopftuch tragen? Charim argumentiert überzeugend für eine doppelte Neutralität des Staates – nicht nur aus verfassungsideellen Gründen (Sekularität), sondern auch aus praktischen Erwägungen in einer ohnehin nie homogenen Gesellschaft. So darf der Staat dort, wo er selbst in Erscheinung tritt, also auch in Schulen und Gerichten, selbst keine religiöse Präferenz zeigen – quasi aktiv neutral. Und so muss der Staat quasi passiv neutral bleiben, was die persönliche Wahl der in ihm lebenden Menschen angeht. Also: keine Staatsanwältin mit Kopftuch, aber nichts gegen Schülerinnen mit Tuch – und kein Kreuz in Gerichtssaal und Klassenzimmer.