Mittelschwaebische Nachrichten
Steinhaus lässt sich nicht beleidigen
Bibiana Steinhaus ist die erste Frau, die in der Fußball-Bundesliga der Männer pfeift. Wer sie fair beurteilt, wird sagen müssen, dass sie das ordentlich macht. Mit allen Fehlern, die in diesem schwierigen Job unvermeidlich sind. Aber nicht schlechter als ihre männlichen Kollegen. Ungeachtet dessen ist sie zuletzt von Mönchengladbacher Fans im Stadion übel verunglimpft worden, wurde unter anderem mit Schmähgesängen „Steinhaus, Du Hure“bedacht.
Fußball-Arenen sind keine Ponyhöfe. Hier wird krakeelt, was das Wörterbuch der Beleidigungen hergibt. Von den Rängen herab und aus der Masse heraus fühlt sich der Einzelne stark. Typen, die Niveau für eine Gesichtscreme halten, wächst hier der Mut zu Verbalinjurien, für die sie sich im Alltag schämen würden und zudem gerichtlich verantworten müssten.
In der Regel arbeiten sich diese Maulhelden am Schiedsrichter ab. 80 000 gegen einen. Der männliche Unparteiische wird dann wahlweise zur Flasche, Bratwurst, zum Blinden, oder, wenn Humoristen auf den Rängen sitzen, zur blinden Bratwurst. Das trifft den Schiedsrichter, nicht den Mann.
Bibiana Steinhaus dagegen bezahlt für ihre Sonderrolle. Sie soll als Frau getroffen werden. Das kommt einem von anderen Spielfeldern der Gesellschaft bekannt vor. Im vorliegenden Fall ist eingetreten, was von Beginn an zu befürchten war. Der rasante Fall von Grenzen und Hemmungen.
Gladbachs Manager Max Eberl hat sich für seinen Klub von den Beleidigungen distanziert und entschuldigt. Andererseits: Wie viel ist die Abbitte eines leitenden Angestellten wert, der einen gegnerischen Trainer kürzlich als „Pisser“bezeichnet hat und dafür vom Deutschen Fußball-Bund zu 5000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde?
Nun ermittelt der DFB auch im Fall Steinhaus. Um aus dem Schlechten etwas Gutes zu machen, könnte der Verband den Vorfall in Gladbach zum Anlasse nehmen, eine neue Stadionkultur auszurufen, in der Respekt und Fairness ihren angemessenen Platz erhalten.
Und Steinhaus? Hat gesagt, sie habe nichts gehört, weil sie sich als Schiedsrichterin auf das Spiel fokussieren müsse. Immer die Sache im Blick zu behalten, das zeichnet große Klasse aus.