Mittelschwaebische Nachrichten
Neue Wege in die Thermen Zukunft
Bäderchef Jörg Wund präsentiert in Bad Wörishofen nach eigenen Worten weltweit Einmaliges. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt Wund auch, wie es mit dem Konzern nach dem Tod des Visionärs Josef Wund weitergeht
Bad Wörishofen Bäderkönig Josef Wund war ein Visionär. 2011 dachte er erstmals laut über eine Art „Jungbrunnen“nach, wie er es nannte. Daraus entstanden ist nun für 1,6 Millionen Euro der „Vital-Parcours“der Therme Bad Wörishofen, ein weltweit derzeit einzigartiges Angebot, wie bei der Eröffnung am Montag verkündet wurde. Dass die große Herausforderung die Genehmigung war, erfuhren die Gäste dort ebenfalls. Josef Wund konnte nicht mehr miterleben, wie seine Idee Wirklichkeit wurde. Der Unternehmer starb im vergangenen Dezember bei einem Flugzeugabsturz. Wie es mit den Bädern und der Wund-Gruppe weitergeht, erläuterte sein Sohn Jörg Wund im Gespräch mit unserer Zeitung. Noch immer nämlich warten die Familie und die Wund-Stiftung auf den wichtigen Erbschein. Grund dafür ist die begonnene Reform der Notariate im Bundesland BadenWürttemberg, wo die Wund-Gruppe ihren Hauptsitz hat. Das sorgt nach Presseberichten offenbar für Verzögerungen in der Bearbeitung der Erbfälle. Er könne deshalb auch nicht absehen, wie lange es noch dauert, sagte Wund. „Wir waren wohl einer der letzten Fälle, die noch nach dem alten Recht behandelt werden“, sagt Wund.
Ein wenig anders ist die Situation in den bayerischen Bädern der Wunds. Hier erfolgte der Übergang auf die nächste Generation nämlich schon im Jahr 2016. Die Thermen in Erding und Bad Wörishofen sind in Familienbesitz, Jörg Wund ist nach eigenen Angaben Hauptgesellschafter und zudem Chef in Erding und Bad Wörishofen. Er habe Erding aufgebaut und Bad Wörishofen begonnen, sagt Wund. Ihm sei es wichtig, weiterhin möglichst nah am Geschehen zu sein, betont der zweifache Vater.
Der größte Teil des Nachlasses von Josef Wund wird in die zwi- schenzeitlich gegründete Josef Wund Stiftung mit Sitz in Stuttgart fließen. Geschäftsführer der Stiftung ist Christoph Palm, der einstige Oberbürgermeister der Stadt Fellbach. Die Stiftung soll Projekte aus den Bereichen Bildung, Gesundheit und Kreativität fördern. Mit der Stiftung betrete man Neuland, sagt Jörg Wund. Auch hier könne man deshalb keinen Zeitplan nennen. Dass sich aber auch seine Schwester künftig in erster Reihe für das Unternehmen engagieren werde, sei ausgemacht, sagt Wund. Sie werde sich um das Badeparadies Schwarzwald in Titisee-Neustadt kümmern, wo er selbst kein Gesellschafter sei, sagt Jörg Wund.
Die Umstrukturierungen betreffen rund 1000 Arbeitsplätze in der Wund-Gruppe. In Bad Wörishofen beschäftigt Wund selbst derzeit 80 Menschen, insgesamt arbeiten in der Therme etwa 200 Personen. Ein anderes Kaliber ist Erding. 400 Mitarbeiter hat Wund dort selbst, dazu 150 im zugehörigen Hotel. Insgesamt arbeiten um die 1000 Menschen in der Therme Erding. Wund erzielte dort im Vorjahr nach eigenen Angaben einen Umsatz von etwa 50 Millionen Euro. In Bad Wörishofen waren es im gleichen Zeitraum etwa 17 Millionen Euro, ein neuer Bestwert. Erding verzeichnete im Vorjahr mit 1,81 Millionen Badegästen einen neuen Rekord, mehr als etwa Neuschwanstein. Die Therme Bad Wörishofen habe mit 710000 Besuchern ein „sehr gutes Ergebnis im 14. Jahr“vorgelegt, so Wund. Dies wolle man mit dem neuen Vital-Parcours nun steigern. Das Konzept hat Wund zusammen mit der Prof. Dr. Biener GmbH entwickelt. So kamen drei aufeinander abgestimmte Bäder zustande. Das Zink-Basenbad soll den Körper über die Haut entschlacken, erläutert Geschäftsleiter Roland Vogtmann. Ein erhöhter pH-Wert des Wassers soll den Säure-BasenHaushalt regulieren. Dieser erhöhte pH-Wert war auch die größte Hürde, als es um die Genehmigung ging. Vogtmann hat es hinbekommen. „Wir haben jetzt einen pH-Wert von 7,8 bis 8“, berichtet er. Ein Vitaminbecken und ein Mineralienbad ergänzen das Konzept. Besonders aufwendig war auch die Technik. „Wir mussten drei komplett eigenständige Bäder bauen, damit sich der Inhalt nicht vermischt“, sagt Jörg Wund. Er bezeichnete das neue Angebot als wegweisend für die anderen Bäder der Wund-Gruppe.
Zur Eröffnung war auch Klaus Holetschek gekommen, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Bayerischen Heilbäderverbandes. Wund hätte erneut neue Wege beschritten, lobte er. Die Therme Bad Wörishofen sei ein „Leuchtturm“, das neue Angebot auch ein Beitrag zum wichtigen Thema Medical Wellness. Holetschek regte an, zudem künftig gemeinsam mit dem Kneipp-Bund wieder Kneipp-Anwendungen in der Therme anzubieten. Als dann die jungen Models zum Fototermin in die Becken stiegen, scherzte Holetschek zum Thema Jungbrunnen: „Hier kommen schon die 50-Jährigen, die aussehen wie 20.“Auch die Thermen selbst sollen sich immer wieder verjüngen, machte Jörg Wund gegenüber unserer Zeitung klar. In Erding etwa habe sein Hotel an der Therme eine Auslastung von 93 Prozent, ein echter Traumwert. „Da drängt sich eine Erweiterung auf, sagt Wund. Und für Bad Wörishofen stelle sich die Frage, ob ebenfalls ein Hotel an der Therme entstehen soll. So ein Projekt würde er aber nur angehen, wenn es dafür eine Mehrheit in der Stadt gebe, schränkt Wund ein. In Erding, berichtet er, hätte sich die Zahl der Übernachtungen seit der Gründung der Therme von 100000 auf rund 500 000 pro Jahr gesteigert. Bad Wörishofen verzeichnete zuletzt 687688 Übernachtungen. Alleine das Hotel der Therme Erding generiere mittlerweile 96000 Übernachtungen pro Jahr, berichtet Wund. Im gleichen Zeitraum hätten die anderen Hotels nur 5000 Übernachtungen verloren. Erding profitiere also immens von diesem Hotel, betont Wund.
Für Bad Wörishofen wäre diese „Chance ebenfalls da“, macht der Chef klar. „Für Projekte dieser Größenordnung braucht man aber volle Rückendeckung“, sagt er. Dem Stadtrat danke er für diese Rückendeckung. Das Verhältnis zwischen Wund und Bürgermeister Paul Gruschka gilt dagegen nach dem öffentlich ausgetragenen Streit um die Fremdenverkehrsbeiträge als zumindest belastet.
Die nächsten Großprojekte der Wund-Gruppe stehen aber andernorts an. In Sinsheim wollte Josef Wund eine halbe Milliarde Euro investieren, in Bad Vilbel etwa 200 Millionen Euro.