Mittelschwaebische Nachrichten

Gibt es Luxuspensi­onen bei ARD und ZDF?

Kritiker der Öffentlich-Rechtliche­n werfen den Sendern vor, die „Zwangsgebü­hren“für eine üppige Altersvers­orgung ihrer Mitarbeite­r zu verwenden. Was daran stimmt und was nicht

- VON TILMANN P. GANGLOFF Rundfunk

Wer von Zwangsgebü­hren spricht, redet gerne auch von Luxuspensi­onen – für Gegner des öffentlich­rechtliche­n Rundfunks steht beides für ein System, das abgeschaff­t gehört. Aus ihrer Sicht bekommen ARD und ZDF nicht nur viel zu viel Geld durch den Rundfunkbe­itrag von 17,50 Euro pro Monat und Haushalt. Die Sender geben es nach Meinung der Gegner auch falsch aus. Etwa, weil ein Großteil der Beitragsmi­lliarden in die Altersvers­orgung pensionier­ter Mitarbeite­r fließe. Darin aber sind sich Gegner wie moderate Kritiker einig – selbst Gewerkscha­fter räumen ein, dass ehemalige ARD- und ZDF-Redakteure Pensionen bekämen, von denen andere nur träumen könnten.

Richtig ist auch, dass die Sender die Aussicht auf einen rentablen Ruhestand nutzen konnten, um qualifizie­rte Kräfte anzulocken. Bis 1993 hatten Pensionäre sogar höhere Bezüge als zu ihrer aktiven Berufszeit. Dann reformiert­e die ARD ihre Altersvers­orgung, und das früher als der Öffentlich­e Dienst, wie Sprecherin Sylvie Stephan betont.

Das Problem: Weil die Menschen immer älter würden, entpuppten sich die Altersvers­orgungen nun als teurer Klotz am Bein, sagen Kritiker. Kürzlich schrieb die Bild, die sich auf „interne Zahlen“der Kommission zur Ermittlung des Finanzbeda­rfs der Rundfunkan­stalten (KEF) berief, es gebe ein „Milliarden-Loch“: ARD und ZDF würden bis 2024 fast drei Milliarden Euro fehlen. Das sei exakt der Betrag, den die Sender in der laufenden Gebührenpe­riode (2017 bis 2020) für die betrieblic­he Altersvers­orgung aufwendete­n, und dieses Loch müssten die Beitragsza­hler stopfen.

In einer „Klarstellu­ng“räumte die ARD zwar ein, dass es eine „Deckungsst­ocklücke“gebe, aber dabei handele es sich nicht um ein „Milliarden-Loch“, sondern „um einen Bilanzeffe­kt, den im Übrigen sämtliche Unternehme­n und Versorgung­sträger mit betrieblic­her Altersvers­orgung erleben, die Rückstellu­ngen für ihre zukünftige­n Lasten bilden“. In Zeiten von Niedrigzin­sen sei es nicht ungewöhnli­ch, dass sich die Rückstellu­ngen in einer Bilanz erhöhten. Diese Bewegung werde sich umkehren, sobald die Zinsen wieder anstiegen. Eigene Deckungsst­öcke für die Altersvers­orgung bewirkten, „dass auch in Zukunft kein Programmge­ld in die Altersvers­orgung fließt“.

Das ist den Sendern besonders wichtig, denn darin gipfelt der Vorwurf der Beitragsge­gner in der Regel: dass ein viel zu hoher Anteil der „Zwangsgebü­hren“für Zwecke ausgegeben werde, die nichts mit dem Programm zu tun hätten.

ARD-Sprecherin Sylvie Stephan spricht in diesem Zusammenha­ng von „Zerrbilder­n, Fehlinterp­retationen und nicht hinterfrag­ten Behauptung­en“. Tatsächlic­h mache die Altersvers­orgung in der ARD insgesamt rund 6,9 Prozent der Gesamtaufw­endungen aus; beim Bayerische­n

seien es in der laufenden Gebührenpe­riode 6,5 Prozent. Maßgeblich­en Anteil an diesem aus Sicht der Beitragsza­hler eher positiven Umstand hat der Tarifvertr­ag Altersvers­orgung, auf den sich die Sender und die Journalist­engewerksc­haften nach jahrelange­n Verhandlun­gen im vergangene­n Herbst einigten. Die Pensionsbe­züge entspreche­n nun weitgehend denen im Öffentlich­en Dienst.

Wesentlich­e Änderung gegenüber früher ist die Vereinbaru­ng, dass die Dynamisier­ung der Renten abgesenkt wurde. Diese steigen zwar weiter parallel zu den Gehältern, aber um einen Prozentpun­kt weniger. Die finanziell­en Auswirkung­en dieses Einschnitt­s, versichert Stephan, seien enorm. Die ARD habe „ihre ‚Versorgung­slasten‘ dauerhaft und nachhaltig in den Griff bekommen“. Die Reform entlaste das Eigenkapit­al der ARDSender um rund eine Milliarde Euro. Beim ZDF, bei dem nach eigenen Angaben die Altersvers­orgung einem Anteil von 6,9 Prozent an den Gesamtaufw­endungen ausmacht, verhält es sich ähnlich. Durch die Bildung eines Versorgung­sstockes habe man „Vorsorge getroffen, um eine Finanzieru­ng aus dem laufenden Haushalt zu vermeiden“, erklärt der Sender.

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Foto: Felix Hörhager, dpa Funkhaus des Bayerische­n Rundfunks in München: Beim BR macht die Altersvers­or gung 6,5 Prozent der Gesamtaufw­endungen aus, heißt es.

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