Mittelschwaebische Nachrichten
Nach Haftstrafe: Pflegevermittler geht in Revision
Bundesgerichtshof soll den Fall neu aufrollen
Krumbach Auch nach dem Urteilsspruch des Landgerichts Augsburg wegen Beihilfe zum massiven Sozialversicherungsbetrug ist der Prozess gegen einen Pflegedienstvermittler aus dem südlichen Landkreis noch nicht zu Ende. Wie der Rechtsanwalt des 70-Jährigen, Hansjörg Schmid, auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilte, habe man fristgerecht einen Revisionsantrag beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe gestellt. Vor Kurzem habe man auch die erforderliche Begründung eingereicht. „Wir bemängeln zwei wesentliche Punkte am Urteil des Landgerichts“, sagt Rechtsanwalt Schmid. „Zum einen halten wir die Bewertung, dass die von unserem Mandanten vermittelten Pflegekräfte abhängig beschäftigt waren, für rechtlich fehlerhaft. Hier sind einige Gesichtspunkte vom Gericht nicht berücksichtigt worden.“Zum anderen, so Schmid weiter, sei nicht erwiesen, dass der Verurteilte wusste, dass die Familien die Pflegekräfte nicht ordnungsgemäß anmelden würden. Also könne er auch nicht wegen Beihilfe belangt werden.
Das Landgericht Augsburg hatte den Unternehmer im vergangenen November wegen Beihilfe zum Sozialversicherungsbetrug in 2217 Fällen zu drei Jahren Haft verurteilt. Durch die massenhafte Vermittlung von schwarzarbeitenden Pflegekräften aus Osteuropa habe er den Sozialkassen einen Schaden von 2,7 Millionen Euro zugefügt, hieß es damals in der Urteilsbegründung. Dem Urteil war ein Mammutprozess vorausgegangen. 40 Tage wurde verhandelt, über 200 Zeugen wurden gehört. Am Ende war für die Kammer um Richterin Dorothee Singer klar: Viele Familien waren Opfer und gleichzeitig Täter in einem System, das nur in der Illegalität funktionieren konnte. Denn nur durch die Schwarzarbeit konnte der Vermittler seine Dienste so günstig anbieten und sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Bevor die Sache nun dem zuständigen Senat am Bundesgerichtshof vorgelegt wird, erhält die Generalstaatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme. Erst danach entscheiden die Bundesrichter, ob sie die Revision zulassen oder nicht. Rechtsanwalt Schmid rechnet aufgrund des großen Umfangs des Falls – allein die Urteilsbegründung des Landgerichts hat mehr als 300 Seiten – nicht vor Ende des Jahres mit einer Entscheidung aus Karlsruhe.