Mittelschwaebische Nachrichten
Der Tastinator
Elias Smalko aus Burgau spielt Orgel, Klavier und E-Piano. Der 16 Jahre alte Schüler hat eine besondere Woche vor sich, die heute mit einem TV-Auftritt beginnt
Burgau Das nennt man dann wohl „Power-Wochenende“: Am Freitag muss sich Elias Smalko nach der Schule gleich wieder vorbereiten – und das in zweierlei Hinsicht: Zunächst auf seine praktische Vorprüfung, die er in Augsburg ablegt. Dort besucht er normalerweise an einem Samstag im Monat den C-Kurs für Chorleiter und Organisten. Zwei Jahre lang geht das insgesamt so. 30 Personen aus dem gesamten Diözesangebiet und darüber hinaus belegen diesen Kurs.
Die Vorprüfung jetzt findet an zwei Tagen statt. Und dem 16-Jährigen wurde auf seinen Wunsch hin der erste Termin am Freitag gegeben. Anschließend muss der Jugendliche aus Burgau nämlich direkt nach Günzburg ins Forum am Hofgarten. Soundcheck und so. Am Abend begleitet er am E-Piano Stücke der Formation „8872“, die den musikalischen Teil von „Schwablantis“ausmacht. Autor, Sänger und Gitarrist Hermann Skibbe ist der Urheber des über zwei Stunden dauernden „bayrischschwäbischen Singspektakels“. Um das musikalische Talent von Elias Smalko wusste er. Schließlich ist Elias’ Vater Michael einer der Gitarristen und Sänger. Schnell kam die Anfrage, ob der damalige Zehntklässler nicht zwei Stücke mitspielen wollte. „Das ist dann in ziemlich kurzer Zeit mehr und mehr geworden. Und jetzt bin ich im Prinzip bei allen Liedern dabei“, erzählt Elias Smalko, der in Wettenhausen das St.-ThomasGymnasium besucht und in einem Jahr vor den Abiturprüfungen steht. Der kommende Samstag gestaltet sich auch nicht wirklich entspannter. Denn die Burgauer Ministranten – er ist einer davon und trägt als Teil des Leiterteams auch eine gewisse Verantwortung – fahren in die Erdinger Therme. Das hält Elias Smalko nicht davon ab, danach noch zum zweiten Mal mit Schwablantis an diesem Wochenende aufzutauchen, diesmal in Lauingen.
Der heutige Montag ist bislang noch gar nicht erwähnt. Das wird auch kein Tag wie jeder andere. Die „Schwablantiker“, zu denen die weiteren Kunstfiguren Dr. Theodor zu Glutenberg und unser GZ-Kolumnist Schorsch zählen, müssen bis 15 Uhr in München sein, im Studio des Bayerischen Rundfunks (BR). Denn exakt ein Jahr nach dem ersten Auftritt in der Burgauer Kapuzinerhalle ist die Schwablantis-Crew in der Abendschau des BR zu sehen. „Zum Glück fällt an dem Tag was in der Schule aus“, sagt Elias Smalko. So sind die Termine dann doch zu vereinbaren. Den Test in Geschichte/Sozialkunde hat der Elftklässler heute Nachmittag bereits hinter sich. Vermutlich hat der 1,91 Meter große Jugendliche mit den blonden Locken den meisten der deutlich äl-
teren Musiker eines voraus: „Ich habe kein Lampenfieber“, sagt er, was sein Vater von sich selbst nicht unbedingt behaupten kann. „Es macht mir einfach Spaß, vor Menschen zu spielen.“Vielleicht kommt es auch daher, dass er es seit Kindesbeinen nicht anders kennt. Mutter Claudia Smalko, selbst Organistin und Leiterin des Kirchenchors Burgau, unterhält schon jahrelang im Gasthaus Schwalbe, das der Familie gehört, die Gäste musikalisch. Zweimal in der Woche (Mittwochund Freitagabend) ist geöffnet. „Mein Sohn saß, als er viel jünger war, oft neben mir vor dem Klavier und wollte dann auch mal spielen.“Mit einem altersgemäßen Lied wie „Hänschen klein“eroberte der Bub damals die Herzen des Publikums.
Jetzt ist wieder Bewunderung im Spiel. Einige Mitschüler und Mitschülerinnen haben sich in einer Gruppe zusammengetan – und waren bereits Augenzeugen von zwei der bislang sechs Vorstellungen, allesamt in der Burgauer Kapuzinerhalle. Der dritte Besuch der Stammgäste, diesmal vermutlich in Lauingen, steht an. Und „Der Tastinator“– so wird Elias auf dem Schwablan-
tis-Plakat angekündigt – hat für seinen inoffiziellen Fanklub schon mal bei Skibbe um vergünstigte Tickets nachgefragt. „Da geht was“, ist er nach der Anfrage überzeugt.
Hobbymäßig spielt Elias Smalko Fußball, sofern es die Zeit zulässt. Und mit dem Tennis will er demnächst wieder im Verein anfangen. Wirklich viel Aufwand betreibt er für seine große Leidenschaft, die Musik: In einer A-cappella-Gruppe, um die es sich in einem P-Seminar im Gymnasium dreht, singt er. Am Pfingstsonntag wird er die Kleine Orgelsolomesse des Komponisten Joseph Haydn spielen. Den „Gommistiefel Blues“– und das ist nur einer von rund ein Dutzend Schwablantis-Songs – kann er natürlich auch aus dem Effeff.
Der großgewachsene 16-Jährige ist auf vielen Planenten des MusikUniversums zu Hause. Der wöchentliche Orgelunterricht mit seinem Musiklehrer Markus Putzke in der Evangelischen Kirche in Burgau kommt dazu. Manchmal gibt es noch eine weitere Unterrichtseinheit mit einem Orgellehrer des C-Kurses. Als ob das nicht genug wäre: Um nach der Schule ein wenig abzuschalten, setzt sich der Teenager regelmäßig ans Klavier im Wohnzimmer und spielt das, wonach ihm gerade ist – „einfach nach Gehör“. Den Musikgeschmack teilt Elias Smalko wohl nicht mit der Mehrheit seiner Altersgenossen. Er mag Pop, Rock und langsame Balladen, zählt die US-Rockband Bon Jovi und den Sänger Billy Joel (ebenfalls USA) zu seinen Favoriten. Techno und der Elektrobereich „ist mir irgendwie zu aggressiv, es ist jedenfalls nicht meins“. Und dass ein Jugendlicher Teil eines Stückes ist, in dem Schwäbisch gschwätzt wird, empfinden womöglich gleichaltrige Bekannte als ziemlich uncool. In Elias Smalkos Fall läuft das genau in die andere Richtung, was der bereits erwähnte Freundeskreis beweist. Eines allerdings scheinen die vier erfahrenen Musiker in ihren schwarzen „8872“-Shirts und mit 50 Lebensjahren in Sichtweite (von vorne oder von hinten) völlig außer Acht gelassen zu haben: Sie bezeichnen sich so gerne als „älteste Boygroup Süddeutschlands“.
Den Altersschnitt versaut ihnen „Der Tastinator“jedenfalls gewaltig.