Mittelschwaebische Nachrichten
Wenn die Brotzeit ausfällt
Die Bäcker im Landkreis plagen derzeit gleich mehrere Sorgen. Welchen Rat Obermeister Günther Weindl gibt – und wer ihn künftig bei der Innung unterstützt
Autenried Die Vollbeschäftigung der momentan boomenden Wirtschaft bereitet den Bäckern Kopfzerbrechen. Da bleibe für das Handwerk kaum noch Personal übrig, klagte Günther Weindl. Der Innungsobermeister aus Kötz setzt darauf, dass die Bäcker die Qualität ihrer Produkte herausstellen und dafür angemessene Preise erzielen.
Bei der Jahresversammlung der Innung in der Autenrieder Schlossbrauerei machte Weindl deutlich, dass die Niedrigzinsphase und der enorme wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland nicht nur Vorteile für das Bäckerhandwerk bringe. Seinem Eindruck nach gingen viele Menschen heute auch in der Woche abends mal zum Essen, sodass die gewohnte Brotzeit ausfalle: „Das heißt“, sagte der Obermeister, „der Kunde benötigt weniger Brot und Brötchen zum Abendessen.“ Und ein weiteres Problem macht Sorgen: Wegen der Spaßgesellschaft, die hauptsächlich die Freizeit in den Vordergrund stelle, nimmt die Zahl der Azubis immer weiter ab, denn „viele Freizeitangebote sind mit unserem Arbeitsrhythmus unvereinbar“.
Bei Lehrstellenbörsen meldeten sich zwar immer wieder Interessenten, die auch Brezenschlingen üben, aber dann doch eine andere Ausbildung bevorzugten. Auf eigens geschaltete Lehrstellenanzeigen gab es zwar Bewerber, jedoch seien sie nicht immer geeignet.
Andererseits sollte Azubis der Vorteil dieses Handwerks gezeigt werden, denn wer aus vergleichbaren Branchen habe schon mittags Feierabend und Schichtarbeit in einer Produktion sei schließlich nicht gerade einfach. Derzeit sind es in den Innungsbetrieben im Landkreis Günzburg sechs Azubis im ersten Lehrjahr als Verkäuferinnen und weitere acht als Bäcker und Bäckerinnen. Im dritten Lehrjahr sind es zwei Verkäuferinnen und zwei Bäcker.
In der aktuellen Lage sollten die Bäcker die Preise ihrer Produkte genau unter die Lupe nehmen, empfahl Weindl. Es wäre der richtige Zeitpunkt die eigene Qualität zu zeigen und einen angemessenen Preis fürs hochwertige Handwerksprodukt zu erzielen. Von den 31 Innungsbetrieben im Landkreis Günzburg hofft Weindl eine aktivere Teilnahme an der jährlich wiederkehrenden Brotprüfung, die heuer am 7. und 8. Mai in Dürrlauingen stattfindet und auch für die positive Präsentation in der Öffentlichkeit geeignet wäre.
Der zunehmende „BürokratieWahnsinn“bereitet den Bäckern Sorgenfalten, beklagt der Obermeister. Mit neuen Datenschutzrichtlinien sie die „Büchse der Pandora“aufgemacht worden, da werde mit „Kanonen auf Spatzen geschossen“, denn so sei nicht jeder Handwerksbetrieb in Sozialen Medien wie Facebook aktiv. „Der BürokratieWahnsinn ist hoffentlich bald zu Ende“, sagte Weindl, weil er insbesondere die kleineren Betriebe belaste.
Ab 20 Mitarbeitern müssen Handwerksbetriebe künftig einen Datenschutzbeauftragten haben, erklärte Michael Stoll. Der Neu-Ulmer Kreishandwerksmeister forderte die Berufskollegen deshalb auf, bei Politik-Infoveranstaltungen die Möglichkeit zu nutzen, den zuständigen Abgeordneten mal die Meinung zu sagen: „Das Handwerk braucht eine starke Lobby“, so Stoll, sonst werde man nicht gehört.
Bei der alle fünf Jahre angesetzten Neuwahl des Vorstands wurde Günther Weindl einstimmig in seinem Amt bestätigt. Neuer Stellvertreter ist Jörg Hurler aus Leinheim, der Johann Kraus nachfolgte. Der bisher in Burtenbach ansässige Bäckermeister gehörte dem Vorstand seit 1998 an, war ab 2003 Werbewart, seit 2008 Schriftführer und wurde 2013 zum stellvertretenden Obermeister gewählt.
Weitere Vorstandsmitglieder sind Andreas Mayr aus Offingen, Wolfgang Reiter aus Günzburg, Ehrenobermeister Josef Wengenmayer aus Jettingen-Scheppach, Karl Weindl aus Krumbach und neu Helmut Bosch aus Thannhausen.
Spaßgesellschaft hat keinen Spaß am Backen