Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Tag, an dem gemütlich gefahren wird
Beim Blitzmarathon sind die meisten Verkehrsteilnehmer mit angemessener Geschwindigkeit unterwegs. Für eine Fahrradfahrerin allerdings wird es teuer
Krumbach Strahlend blauer Himmel, die Sonne scheint, sommerliche Temperaturen: kein Grund zur Hektik. Aber am Mittwoch waren die Autofahrer noch aus einem anderen Grund auffallend gemütlich unterwegs. Bis Donnerstag, 6 Uhr morgens, ist Blitzmarathon in Bayern. Wie der Blitzmarathon in Krumbach abläuft, erklären die Polizisten Tanja Schwalb und Peter Zanker unserer Zeitung.
Mittwoch, 10 Uhr morgens: Vollbepackt mit einer Laserpistole, einem Stativ, Mess- und Anhörungsprotokollen machen sich die Krumbacher Polizisten Tanja Schwalb und Peter Zanker in einem Zivilauto auf den Weg nach Ursberg. Auf Höhe des Krankenhauses St. Camillus, eine 30er-Zone, genau 37,8 Meter vom Verkehrsüberweg entfernt, bleiben sie am Straßenrand stehen. Die Laserpistole wird eingestellt. Dabei ist die genaue Standortbestimmung wichtig.
„In einer Mülltonne verstecken? Das machen wir nicht“, schmunzelt Zanker. Denn heute würden alle Verkehrsteilnehmer außergewöhnlich langsam fahren. „Vom Blitzmarathon ist überall in der Presse zu lesen. Wer nicht ganz blind ist, weiß, dass die Polizei heute unterwegs ist“, berichten die Polizisten. Doch bringt eine angekündigte Geschwindigkeitskontrolle überhaupt etwas? „Es gibt immer noch zu viele Raser“, bedauern die Polizisten. Auch die Entwicklung der letzten Jahre zeige, dass die Zahl der Toten bei einem Verkehrsunfall unverändert hoch sei. Hauptursache: eine zu hohe Geschwindigkeit. Hauptaugenmerk des Blitzmarathons dieses Jahr seien Motorradfahrer. „Erst vergangenes Wochenende passierte auf der Strecke zwischen Mindelzell und Niederraunau ein tödlicher Motorradunfall, bei dem die Geschwindigkeit eine Rolle spielte“, berichten die Polizisten.
Das Innenministerium erhofft sich mit dem sechsten bayerischen Blitzmarathon eine Langzeitwirkung, um schwere Verkehrsunfälle zu vermeiden. So betonen die Polizisten, dass es nicht Ziel der Messung sei, Leute zur Kasse zu bitten, sondern an unfallgefährdeten Stellen Raser zu stoppen. Gestoppt werden beim Blitzmarathon allerdings nicht nur Raser. Handy am Steuer, betrunkene Autofahrer, jedes Fehlverhalten wird von der Polizei geahndet. „Ab einer Entfernung von einem Kilometer kann die Laserpisto- die Geschwindigkeit vorbeifahrender Autos messen“, erklärt Peter Zanker. Anders als bei einer Radarmessung bekommen die Raser bei einer Lasermessung keinen Brief nach Hause geschickt, sondern werden von der Polizei sofort angehalten. „Ausreden gibt es eher selten.“Die meisten Raser seien einsichtig und würden ihre Strafe rechtzeitig bezahlen, so die Polizisten.
Die ersten Autos fahren vorbei. Beim vergangenen Blitzmarathon wurden im Bereich der Polizeiinspektion Krumbach 216 Anzeigen und 279 Verwarnungen verteilt. In Ursberg rechnen die Polizisten damit, nicht mehr als drei Raser bei der einstündigen Messung zu stoppen. Doch wie schnell darf ich fahren, dass ich ungeschoren davonkomme? Ab wann muss ich mit einem Fahrverbot rechnen? Gibt es einen Toleranzbereich? Fragen über Fragen, die viele Autofahrer beschäftigen. Wer mit mehr als 40 Ki- lometern pro Stunde innerorts sowie mehr als 30 Kilometern pro Stunde außerorts unterwegs ist, muss mit einem einmonatigen Fahrverbot, einer Anzeige und zwei Punkten in Flensburg rechnen, erklären die Polizisten. Da die Laserpistole gele eicht ist, wird bis zu einer Geschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde ein Toleranzbereich von drei Kilometern pro Stunde berechnet. Ab einer Geschwindigkeit von 44 Kilometern pro Stunde ertönt in einer Tempo-30-Zone an der Laserpistole ein ganz besonderes Geräusch: Es wird geblitzt. Doch heute lassen es die Autofahrer ganz besonders langsam angehen. Spitzenreiter war ein Autofahrer mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 39 Stundenkilometern. Es wurde kein Verkehrsteilnehmer geblitzt, aber getreu den Worten „Handy weg vom Fahrradlenker“zeigten die Polizisten, wie teuer eine Fahrradtour sein kann: Eine junge Frau telefonierte, während sie mit dem Fahrrad fuhr. Das kostet sie 55 Euro Strafe und es gibt noch eine Verwarnung dazu.
Die Krumbacher Polizisten werden bis zum Ende des Blitzmarathons am Donnerstag um 6 Uhr früh noch sieben bis acht Messungen an unterschiedlichen Stationen in und um Krumbach durchführen. Zwei Mal werden sie jedoch nicht an der gleichen Stelle stehen, kündigen beide – selbst schon geblitzten – Polizisten an.