Mittelschwaebische Nachrichten
Finale für Wengenmayer
Otto Wengenmayer hat den heimischen Bankensektor wie kaum ein anderer geprägt. Wie sein Rückblick ausfällt und was er nun vorhat
Jahrzehntelang hat Raiba-Chef Otto Wengenmayer die heimische Bankenlandschaft maßgeblich geprägt. Nun wird er in den Ruhestand verabschiedet.
Krumbach Otto Wengenmayer sitzt am Schreibtisch seines Büros. Dann huscht ein Lächeln über sein Gesicht. „Sie haben doch schon alles über mich geschrieben, was wollen Sie denn noch wissen?“, fragt er seinen Gast von der MN-Redaktion. Es ist auch diese Frage, die einen wesentlichen Zug von Otto Wengenmayers Persönlichkeit auf eine bemerkenswerte Weise andeutet. Er ist kein Mann, der sich selbst in den Vordergrund stellt. Verlässlichkeit, Bodenhaftung, Kollegialität, Maß, Mitte – und das Sich-selbst-nichtzu-wichtig-Nehmen“: Das verbinden viele mit der Persönlichkeit Otto Wengenmayers. Selbstinszenierung, die man nicht selten bei Jubiläen oder runden Geburtstagen erlebt, ist Wengenmayer zeit seines Lebens fremd geblieben.
Aber vielleicht gerade das schärft den Blick auf die Leistung Otto Wengenmayers über Jahrzehnte hinweg. Wie nur wenige hat er den Bankensektor in den letzten Jahrzehnten geprägt. Seit 1993 war er Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Krumbach, seit 2017 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Schwaben Mitte, in der die Raibas Krumbach und Iller-Roth-Günz zusammengefunden haben. Der 63-Jährige, der jahrelang auch Kreisvorsitzender der Genossenschaftsbanken war, geht nun in den Ruhestand und wird heute im Stadtsaal offiziell verabschiedet.
Sein Büro hat er bereits weitgehend ausgeräumt, die Aktenordner sind leer. Im Gespräch erinnert er sich an den Beginn seiner Bankenlehre, damals mit 16 Jahren, 1971 in der Raiffeisenbank Burgau. „Wo tun wir sie denn hin, die Buben?“, hieß es damals zum Empfang. „Zwei Neue waren wir damals, ich kam an den Schalter, dann musste ich Kontoauszüge sortieren.“Wengenmayer hält kurz inne, lächelt dann wieder. „Das war eine ganz andere Welt damals.“
In der Tat. Wie sich die „Welten“verändert haben, deuten schon ein paar Zahlen an. Wengenmayer, der sich rasch hocharbeiten konnte, einige Jahre (von 1978 bis 1986) für den Verband der Genossenschaftsbanken tätig war, wurde 1987 Vorstandsmitglied der damals selbstständigen Raiffeisenbank Ziemetshausen. „Die Bilanzsumme lag bei 70 Millionen Euro“, denkt er zurück. Heute, in der fusionierten Raiffeisenbank Schwaben Mitte, sind es 1,3 Milliarden Euro. Zehn Mitarbeiter waren es damals in Ziemetshausen, bei der fusionierten Bank Schwaben-Mitte sind es rund 250. Die Bankenwelt der 70er- und 80er-Jahre war geprägt durch Schreibmaschine und Papierablage. „Wenn ich das jüngeren Mitarbeitern erzähle, können die es oft kaum glauben“, sagt Wengenmayer.
Was ihn sehr freut: Das Genossenschaftsprinzip hat sich über all die turbulenten Veränderungen hinweg, geprägt durch rasante Digitalisierung, aber auch diverse Finanzund Wirtschaftskrisen, bewährt und weiterentwickelt.
In Bankenkreisen sei das Ansehen von Mitarbeitern der Genossenschaftsbanken vor Jahrzehnten noch eher schlecht gewesen. Das habe sich grundlegend geändert. Auch hier zeige sich die Stärke des Genossenschaftsprinzips über alle Krisen und Turbulenzen hinweg.
Er selbst hat in seiner Rolle in verschiedenen Führungspositionen so manche schwierige Lage gemeistert. 1993 fusionierten die Raiffeisenbanken Krumbach und Ziemetshausen, Wengenmayer wurde Krumbacher Vorstandsvorsitzender.
Das Thema Fusion rückte in den letzten Jahren immer mehr in den Mittelpunkt. Nach der gescheiterten Fusion mit der Volksbank Günzburg (2013) gab es einen neuen Anlauf, schließlich fanden die Raiffeisenbanken Krumbach und IllerRoth-Günz zur neuen Raiffeisenbank Schwaben Mitte zusammen. „Das hat sich im ersten Jahr gut entwickelt“, berichtet Wengenmayer. Auch das gebe ein gutes Gefühl für das Kommende.
Darauf freut er sich sehr. Aber in diesen Tagen kehren auch viele Momente aus all den Jahrzehnten seines Arbeitslebens buchstäblich zurück. „Ich habe die Arbeit immer gerne gemacht“, sagt er. Und sein Anliegen sei es immer gewesen, dass auch die Mitarbeiter dieses Gefühl haben, gerne in die Arbeit zu gehen.
Was kommt? Wengenmayer schwärmt von seinem neuen Motorrad, einer BMW GS 1200, mit der er so manche Tour unternehmen möchte, mit seiner Frau möchte er gerne in die USA reisen.
Er erzählt von einem Buch mit dem Titel „100 Ziele auf der Welt“. Doch dann gerät er regelrecht ins Schwärmen, als er über die Heimat spricht: „Da ist es doch am schönsten.“
Nicht zuletzt auch dieser Satz steht für die Persönlichkeit Otto Wengenmayer, die in den turbulenten Veränderungen unserer Zeit auf eine durchaus beeindruckende Weise „zeitlos“geblieben ist.