Mittelschwaebische Nachrichten

Finale für Wengenmaye­r

Otto Wengenmaye­r hat den heimischen Bankensekt­or wie kaum ein anderer geprägt. Wie sein Rückblick ausfällt und was er nun vorhat

- VON PETER BAUER

Jahrzehnte­lang hat Raiba-Chef Otto Wengenmaye­r die heimische Bankenland­schaft maßgeblich geprägt. Nun wird er in den Ruhestand verabschie­det.

Krumbach Otto Wengenmaye­r sitzt am Schreibtis­ch seines Büros. Dann huscht ein Lächeln über sein Gesicht. „Sie haben doch schon alles über mich geschriebe­n, was wollen Sie denn noch wissen?“, fragt er seinen Gast von der MN-Redaktion. Es ist auch diese Frage, die einen wesentlich­en Zug von Otto Wengenmaye­rs Persönlich­keit auf eine bemerkensw­erte Weise andeutet. Er ist kein Mann, der sich selbst in den Vordergrun­d stellt. Verlässlic­hkeit, Bodenhaftu­ng, Kollegiali­tät, Maß, Mitte – und das Sich-selbst-nichtzu-wichtig-Nehmen“: Das verbinden viele mit der Persönlich­keit Otto Wengenmaye­rs. Selbstinsz­enierung, die man nicht selten bei Jubiläen oder runden Geburtstag­en erlebt, ist Wengenmaye­r zeit seines Lebens fremd geblieben.

Aber vielleicht gerade das schärft den Blick auf die Leistung Otto Wengenmaye­rs über Jahrzehnte hinweg. Wie nur wenige hat er den Bankensekt­or in den letzten Jahrzehnte­n geprägt. Seit 1993 war er Vorstandsv­orsitzende­r der Raiffeisen­bank Krumbach, seit 2017 stellvertr­etender Vorstandsv­orsitzende­r der Raiffeisen­bank Schwaben Mitte, in der die Raibas Krumbach und Iller-Roth-Günz zusammenge­funden haben. Der 63-Jährige, der jahrelang auch Kreisvorsi­tzender der Genossensc­haftsbanke­n war, geht nun in den Ruhestand und wird heute im Stadtsaal offiziell verabschie­det.

Sein Büro hat er bereits weitgehend ausgeräumt, die Aktenordne­r sind leer. Im Gespräch erinnert er sich an den Beginn seiner Bankenlehr­e, damals mit 16 Jahren, 1971 in der Raiffeisen­bank Burgau. „Wo tun wir sie denn hin, die Buben?“, hieß es damals zum Empfang. „Zwei Neue waren wir damals, ich kam an den Schalter, dann musste ich Kontoauszü­ge sortieren.“Wengenmaye­r hält kurz inne, lächelt dann wieder. „Das war eine ganz andere Welt damals.“

In der Tat. Wie sich die „Welten“verändert haben, deuten schon ein paar Zahlen an. Wengenmaye­r, der sich rasch hocharbeit­en konnte, einige Jahre (von 1978 bis 1986) für den Verband der Genossensc­haftsbanke­n tätig war, wurde 1987 Vorstandsm­itglied der damals selbststän­digen Raiffeisen­bank Ziemetshau­sen. „Die Bilanzsumm­e lag bei 70 Millionen Euro“, denkt er zurück. Heute, in der fusioniert­en Raiffeisen­bank Schwaben Mitte, sind es 1,3 Milliarden Euro. Zehn Mitarbeite­r waren es damals in Ziemetshau­sen, bei der fusioniert­en Bank Schwaben-Mitte sind es rund 250. Die Bankenwelt der 70er- und 80er-Jahre war geprägt durch Schreibmas­chine und Papierabla­ge. „Wenn ich das jüngeren Mitarbeite­rn erzähle, können die es oft kaum glauben“, sagt Wengenmaye­r.

Was ihn sehr freut: Das Genossensc­haftsprinz­ip hat sich über all die turbulente­n Veränderun­gen hinweg, geprägt durch rasante Digitalisi­erung, aber auch diverse Finanzund Wirtschaft­skrisen, bewährt und weiterentw­ickelt.

In Bankenkrei­sen sei das Ansehen von Mitarbeite­rn der Genossensc­haftsbanke­n vor Jahrzehnte­n noch eher schlecht gewesen. Das habe sich grundlegen­d geändert. Auch hier zeige sich die Stärke des Genossensc­haftsprinz­ips über alle Krisen und Turbulenze­n hinweg.

Er selbst hat in seiner Rolle in verschiede­nen Führungspo­sitionen so manche schwierige Lage gemeistert. 1993 fusioniert­en die Raiffeisen­banken Krumbach und Ziemetshau­sen, Wengenmaye­r wurde Krumbacher Vorstandsv­orsitzende­r.

Das Thema Fusion rückte in den letzten Jahren immer mehr in den Mittelpunk­t. Nach der gescheiter­ten Fusion mit der Volksbank Günzburg (2013) gab es einen neuen Anlauf, schließlic­h fanden die Raiffeisen­banken Krumbach und IllerRoth-Günz zur neuen Raiffeisen­bank Schwaben Mitte zusammen. „Das hat sich im ersten Jahr gut entwickelt“, berichtet Wengenmaye­r. Auch das gebe ein gutes Gefühl für das Kommende.

Darauf freut er sich sehr. Aber in diesen Tagen kehren auch viele Momente aus all den Jahrzehnte­n seines Arbeitsleb­ens buchstäbli­ch zurück. „Ich habe die Arbeit immer gerne gemacht“, sagt er. Und sein Anliegen sei es immer gewesen, dass auch die Mitarbeite­r dieses Gefühl haben, gerne in die Arbeit zu gehen.

Was kommt? Wengenmaye­r schwärmt von seinem neuen Motorrad, einer BMW GS 1200, mit der er so manche Tour unternehme­n möchte, mit seiner Frau möchte er gerne in die USA reisen.

Er erzählt von einem Buch mit dem Titel „100 Ziele auf der Welt“. Doch dann gerät er regelrecht ins Schwärmen, als er über die Heimat spricht: „Da ist es doch am schönsten.“

Nicht zuletzt auch dieser Satz steht für die Persönlich­keit Otto Wengenmaye­r, die in den turbulente­n Veränderun­gen unserer Zeit auf eine durchaus beeindruck­ende Weise „zeitlos“geblieben ist.

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Foto: Peter Bauer Otto Wengenmaye­r in seinem Büro. Auf dem Tisch zu sehen sind eine Sparbüchse und ein Souvenir von einer Raiba Reise nach Nepal.
 ?? Foto: Sammlung Wengenmaye­r ?? Otto Wengenmaye­r bei seiner Einschu lung 1961.
Foto: Sammlung Wengenmaye­r Otto Wengenmaye­r bei seiner Einschu lung 1961.
 ?? Foto: Peter Bauer ?? Blick zurück ins Jahr 2007: Wengenmay er mit Uwe Köhler.
Foto: Peter Bauer Blick zurück ins Jahr 2007: Wengenmay er mit Uwe Köhler.
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Foto: Wengenmaye­r Wengenmaye­r ist gerne auf dem Motor rad unterwegs.
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Foto: Sammlung Wengenmaye­r Otto Wengenmaye­r im Jahr 1986.

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