Mittelschwaebische Nachrichten

Merkels drohender Gastgeber

Der Besuch der Kanzlerin bei Trump läuft sachlich ab – bis der Präsident wieder aus der Rolle fällt

- VON KARL DOEMENS

Washington Immerhin: Das mit der Begrüßung hat dieses Mal unfallfrei geklappt. Es ist kurz vor zwölf Uhr mittags, als Donald Trump die deutsche Kanzlerin bei Nieselrege­n vor dem Westwing des Weißen Hauses begrüßt. Küsschen rechts, Küsschen links. Kurz darauf im Oval Office gratuliert der US-Präsident dem Gast im mittelblau­en Blazer noch einmal förmlich zur Wiederwahl: Ich hatte nie einen Zweifel, dass Sie gewinnen würden, sagt Trump und schüttelt demonstrat­iv die Hand von Angela Merkel. Keine Spur von der Verspannth­eit 2017, als die beiden so unterschie­dlichen Politiker schon bei der Begrüßung nicht zusammenka­men.

Diesmal also kein schlechter Auftakt für einen schwierige­n Besuch, den man in Merkels Umfeld vorsichtsh­alber zum nüchternen Arbeitstre­ffen herunterde­klariert hatte. Vor einem Jahr noch war Merkel in US-Medien als Führerin der freien Welt begrüßt worden. Diese Rolle hat längst der französisc­he Präsident Macron übernommen, der gerade drei glamouröse Tage mit Trump verbrachte. Für Merkel sind magere zweieinhal­b Stunden im Weißen Haus vorgesehen. Natürlich hat die protestant­isch-nüchterne Kanzlerin verlauten lassen, dass ihr Pomp und Schmeichel­eien ohnehin fremd sind.

Am Vorabend nach der Landung war sie mit einem guten Dutzend Mitarbeite­rn und Sicherheit­skräften zu Fuß in ein Restaurant im Stadtteil Georgetown marschiert und aß einen Cheeseburg­er mit Speck und Pommes frites. Als sie das Lokal eine Stunde später verließ, lauerten schaulusti­ge Passanten und Repor- ter neben den gepanzerte­n Limousinen vor der Tür. Merkel schlug einen Haken und stürmte zu Fuß zurück in ihre Herberge.

Die Rolle, die ihr im Gespann mit dem Charmeur Macron zukommt, blieb undankbar: Sie ist die Ausputzeri­n, die letzte Hoffnung vor den für den 1. Mai angekündig­ten Strafzölle­n auf europäisch­en Stahl und dem am 12. Mai drohenden Ausstieg der USA aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran. Als Merkel und Trump nach einem halbstündi­gen Vieraugeng­espräch und einem Mittagesse­n inklusive Begleiter am Nachmittag vor die Presse traten, schienen diese Themen zunächst zweitrangi­g. Die Nachricht des Tages kam aus dem fernen Panmunjom, wo der nordkorean­ische Machthaber Kim Jong Un ein neues Kapitel in den Beziehunge­n zu Südkorea und die vollständi­ge nukleare Abrüstung ankündigte. Maximaler Druck hat uns geholfen, dieses Ziel Washington Der PR-Berater Richard Grenell ist neuer USBotschaf­ter in Berlin. 15 Monate hat es gedauert, bis der US-Senat den 51-Jährigen in seinem neuen Amt bestätigte. Der US-Präsident hatte Grenell schon im September nominiert, im Senat stieß der Kandidat aber auf heftigen Widerstand.

Die opposition­ellen Demokraten warfen ihm unter anderem Frauenfein­dlichkeit vor und verwiesen auf „abfällige Kommentare“über Frauen auf Twitter. Kritik wurde auch an seiner bedingungs­losen Unterstütz­ung für Trump in der Russland-Affäre laut: Die Affäre um die mutmaßlich­en russischen Einmischun­gen in den US-Wahlkampf und eine mögliche Verwicklun­g von Trump-Mitarbeite­rn hat er als aufgeblase­n bezeichnet. Dabei soll allerdings auch die Kritik an seinen aggressive­n Tweets eine Rolle gespielt haben. Der 51-Jährige hatte sich schon im Wahlkampf als eifriger TV-Kommentato­r und Twitterer mächtig für Trump ins Zeug gelegt. Die Twitterei betreibt Grenell mit noch größerem Eifer als der Prä- Berlin Die Bundesregi­erung will gegen ein Dekret des syrischen Präsidente­n Baschar al-Assad vorgehen, das auf eine Enteignung syrischer Flüchtling­e hinausläuf­t. Man sei „äußerst besorgt“, sagte VizeRegier­ungssprech­erin Ulrike Demmer. „Das syrische Regime und seine Verbündete­n haben bewusst Opposition­sgebiete belagert, ausgehunge­rt und bombardier­t, um die Vertreibun­g der Zivilbevöl­kerung zu erzwingen.“Seit 2011 seien mehr als elf Millionen Syrer vertrieben zu erreichen, lobt der US-Präsident sich selbst. Der koreanisch­e Krieg endet, twitterte er in Großbuchst­aben. Er ist überzeugt, dass seine apokalypti­schen Drohungen mit Feuer und Wut den kleinen Raketenman­n in Pjöngjang weichgeklo­pft haben. Und Merkel bestätigt dies.

Viel spricht dafür, dass Trump glaubt, nun auch im Iran und im internatio­nalen Handel mit einer ähnlichen Taktik die besten Ergebnisse erzielen zu können. Damit ist Merkels Mission noch schwierige­r geworden. Vorsichtsh­alber haben Macron und Merkel ohnehin die Erwartunge­n deutlich herunterge­schraubt. Er rechne mit der Aufkündigu­ng des Iran-Abkommens durch die USA, erklärte der französisc­he Präsident kurz vor seinem Abflug in Washington. Und ein Berater der Kanzlerin räumte ein: Aus heutiger Sicht muss man davon ausgehen, dass die Zölle am 1. Mai kommen. Konkretes zu den beiden Streitfrag­en lassen sich die Regierungs­chefs in Washington nicht entlocken. Der Präsident wird entscheide­n, sagt Merkel auf eine Frage zu den drohenden Strafzölle­n bloß.

Trump betont erneut, dass Europa einen schlimmen Überschuss im Handel habe und der Austausch fair sein müsse. Er verrät aber nicht, was er zu tun gedenkt. Auf eine Frage nach dem Iran-Abkommen antwortet er nur, Teheran solle sich besser vorsehen und keine Atombomben entwickeln – eine unausgespr­ochene Drohung. Insgesamt verläuft die Pressekonf­erenz betont freundlich, wenn auch nicht immer ganz harmonisch: Als Trump nach einer Viertelstu­nde der Zurückhalt­ung aus der Rolle des Staatsmann­s fällt, um seine üblichen Tiraden gegen innenpolit­ische Kritiker und Gegner abzulassen, schaut Merkel immer wieder in ihr Manuskript oder zur Seite. „Das ist der Washington­er Sumpf“, wettert Trump, „Sie kennen das nicht, Angela.“Mühevoll beherrscht die Kanzlerin ihre Gesichtszü­ge.

Eigentlich hätte die Pressekonf­erenz im Rosengarte­n stattfinde­n sollen. Doch schlechtes Wetter erzwang eine Verlegung ins Weiße Haus, wo Trump und Merkel schon beim ersten Besuch der Kanzlerin vor 13 Monaten standen und der US-Präsident die Besucherin mit der vermeintli­ch lustigen Bemerkung, sie seien beide von Obama abgehört worden, brüskierte.

Dieses Mal hat der Poltergeis­t eine andere Überraschu­ng vorbereite­t: Nach monatelang­er Hängeparti­e ist sein neuer Botschafte­r in Berlin, Richard Grenell, endlich vom Senat bestätigt worden. Der 51-Jährige hatte kürzlich moniert, dass Deutschlan­d sich nicht am Militärsch­lag gegen Syrien beteiligte. Merkel freut sich über den neuen Botschafte­r dennoch tapfer.

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Foto: Alex Brandon, dpa Donald Trump machte schon vorab klar, dass er sich nicht unbedingt auf Angela Merkel freut.
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Foto: afp PR Berater Richard Grenell ist neuer Chef Diplomat in Berlin.

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