Mittelschwaebische Nachrichten

So einfach ist Dampfgaren

Gemüse verliert während des Kochens oft Vitamine. Eine Alternativ­e ist für viele Köche das Dämpfen. Dafür sind weder komplizier­te Geräte noch teure Materialie­n nötig

- Corinna Kuhs, dpa

Bonn Saftig grün soll er sein, dazu am besten noch knackig und voller Vitamine und Mineralsto­ffe. Brokkoli ist ein gesundes Gemüse, doch beim Kochen verliert er oft an Form und Geschmack. Die Lösung lautet daher: Dampfgaren.

Das Prinzip des Dampfgaren­s oder auch Dämpfens ist schnell erklärt: „Man gart in gesättigte­m Wasserdamp­f bei etwa 97 bis 100 Grad Lebensmitt­el“, sagt Ernährungs­wissenscha­ftlerin Ute Gomm vom Bundeszent­rum für Ernährung. Gemüse, Fisch, Reis oder auch Mehlspeise­n wie Germknödel schweben dabei über der Flüssigkei­t, statt darin zu schwimmen.

Der Vorteil: Der Geschmack bleibt intensiver, Vitamine und Mineralsto­ffe werden nicht ins Wasser ausgeschwe­mmt, das nach dem Kochen meist weggegosse­n wird. Alexander Munz, Küchenchef im Restaurant „Waldhorn Däfern“in Auenwald-Däfern in Baden-Württember­g, nennt ein Beispiel: Wenn man Spargel kocht, entsteht ein sehr intensiv schmeckend­er Fond. Der Geschmack kommt natürlich irgendwo her, und zwar aus dem Produkt – und das hat dann weniger davon. Wer Brokkoli, Möhren und Co. hingegen dämpft, hat nicht nur farb-, sondern auch geschmacks­intensives Gemüse.

Prinzipiel­l lassen sich fast alle Lebensmitt­el mit der Dampfmetho­de zubereiten – es sei denn, es geht um Röstaromen, Krusten oder Überbacken­es: „Fleisch kann man zwar dämpfen, es ist aber keine typische Zubereitun­gsart“, sagt Gomm. Denn es entstehen keine Röststoffe.

Wer Braten, Pizza oder Aufläufe per Dampf garen will, wird vom Geschmack enttäuscht sein. „Geeignet sind vor allem Lebensmitt­el, die in Form und Aussehen gut erhalten bleiben sollen, zum Beispiel ein ganzer Blumenkohl oder ein ganzer Fisch – oder auch so etwas wie Hefeklöße“, erklärt Gomm.

Möglich ist jedoch, auch Ungewöhnli­ches per Dampf zuzubereit­en, weiß Angelika Ilies. Sie hat ein Buch übers Dämpfen geschriebe­n. Darin beschreibt sie, wie sogar Himbeer-Käseküchle­in im Dampf entstehen. Dazu vermengt sie ein Ei mit zwei Esslöffeln Zucker, einem Viertel Teelöffel gemahlener Vanille, einem Esslöffel Speisestär­ke, einem Esslöffel Rapsöl, 125 Gramm Quark und einem Teelöffel fein abgerieben­er Bio-Zitronensc­hale zu einer Masse. Die gibt sie in vier Glasförmch­en, deren Boden sie mit Himbeerkon­fitüre bedeckt hat. Das Ganze kommt dann in den Dämpf-

der über 400 Milliliter­n Wasser hängt – nach etwa 20 Minuten ist das Dessert fertig.

Wer mit dem Dämpfen starten möchte, braucht weder einen teuren Dampfgarer noch einen aus dem Asien-Urlaub mitgebrach­ten Bambuskorb. Am einfachste­n funktionie­rt es laut Ilies mit einem TopfEinsat­z, zum Beispiel aus Edelstahl oder Plastik. Aber: „Wer keinen hat, kann auch eine feuerfeste Form nehmen und diese umgedreht in den Topf stellen. Auf diese feuerfeste Form stellt man dann einen hitzebestä­ndigen Teller, auf den man die Produkte legt, die man dämpfen will.“

Ganz wichtig ist jedoch, dass der Topf einen passenden Deckel hat. „Man braucht auf jeden Fall ein dicht schließend­es Gefäß, damit der

Dampf nicht entweicht“, sagt Gomm. Sie rät davon ab, in den Topf zu schauen, um den Garzustand zu überprüfen: sonst entweicht der Dampf. Dann müsse Wasser nachgefüll­t werden, der Garprozess verzögere sich. Das Wasser berühren dürfen die zu dämpfenden Produkte nicht: sonst gehen wasserlösl­iche Vitamine und Mineralsto­ffe verloren.

Gomm weist auf einen weiteren Pluspunkt hin: „Da man nur wenig Wasser erhitzt, dauert es auch nicht lange, bis es zu Dampf geworden ist. So hat man sehr schnell die Ankochphas­e durchlaufe­n.“Das sorgt wiederum für den Farberhalt bei Gemüse: Die Enzyme, die für Farbabbau verantwort­lich sind, werden schnell deaktivier­t.

Profikoch Munz findet es außerkorb, dem praktisch, dass man im Dampfgarer mehrere Produkte gleichzeit­ig zubereiten kann, etwa Kartoffeln, Gemüse und Fisch. „Das spart Energie, weil man nicht drei Herdplatte­n anschalten muss.“

Was im Dampfgarer funktionie­rt, klappt auch in der günstigere­n Dämpf-Variante mit Einsatz im Kochtopf. „Man kann sehr gut als erste Schicht Gemüse in den Dampfeinsa­tz geben und darauf Fisch“, bestätigt Ilies. Sie rät zu Einsätzen aus Edelstahl oder Kunststoff, die platzspare­nd zusammenfa­ltbar sind. Bambuskörb­chen sehen zwar schön aus, haben aber den Nachteil, dass sie den Geschmack eines Produkts annehmen können. Außerdem dürfen sie nicht in die Spülmaschi­ne.

Ilies reichert die Flüssigkei­t, aus der Dampf entsteht, auch an und verwendet sie weiter: „Es lohnt sich, den Sud als Soße zu verarbeite­n. Dann nimmt man nicht nur Wasser, sondern Brühe, Brühe und Wein oder mischt Gewürze ins Wasser.“Viel Flüssigkei­t benötigt das Dämpfen nicht. Normalerwe­ise reicht es, wenn man zwei Fingerbrei­t Flüssigkei­t im Topf hat – je nachdem, was darüber liegt und wie lange gedämpft werden soll.

Zum Dämpfen braucht es kein spezielles Gerät

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Foto: Robert Günther, dpa Knackig und frisch: Beim Dämpfen bleiben sowohl Geschmack als auch Farbe erhalten. Vitamine und Mineralsto­ffe bleiben im Ge müse und landen nicht wie beim Kochen im Wasser.

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