Mittelschwaebische Nachrichten

Ohne Tabus ist alles relativ

- VON STEFAN REINBOLD redaktion@mittelschw­aebische nachrichte­n.de

Der Kreisgesch­äftsführer des Bund Naturschut­zes, Bernd Kurus-Nägele, hat einen wichtigen Satz gesagt: „Wenn ich irgendwo Tabuzonen ausweise, dann müssen die auch eingehalte­n werden.“Damit spricht er eines der Wesensmerk­male unserer Demokratie an: die Verlässlic­hkeit des Rechtsstaa­ts. Gesetz ist Gesetz und darf nicht gebrochen werden.

In ihrem Kampf um die Integrität eines FFH-Schutzgebi­ets bei Ziemetshau­sen stehen die Naturschüt­zer auf einem aussichtsl­osen Posten. Sie klagen gegen die Zerstörung der Natur. Während die Klage am Verwaltung­sgericht anhängig ist, wird exakt das vollzogen, wogegen geklagt wird. Selbst wenn die Naturschüt­zer vor Gericht erfolgreic­h sein sollten – was wäre das für ein Sieg? Abgesehen davon weisen die Signale, die das Gericht bislang in Richtung der Naturschüt­zer aussendet, eher in eine andere Richtung.

Die Kommune argumentie­rte zuletzt damit, dass die Grenzen der FFH-Schutzgebi­ete in gewisser Weise willkürlic­h beschlosse­n und den jeweiligen Gemeinden mehr oder weniger aufgestülp­t wurden. In dieser Lesart ist eine gewisse Korrektur der Schutzzone­n durchaus möglich. Eine Bebauung ist unter bestimmten Auflagen ja auch nicht verboten. Und natürlich sind Gesetze nicht auf ewig in Stein gemeißelt. Auch sie können neu interpreti­ert und neu gefasst werden. So betrachtet unterliegt alles der Willkür. Leben bedeutet konstante Veränderun­g. Aber die Ausweisung eines FFH-Schutzgebi­ets erfolgt ja nicht nach Gusto, sondern durchaus auf der Basis bestimmter Faktoren, die es als besonders schützensw­ert kennzeichn­en.

Wir betreiben Raubbau an unserer Natur. Jeden Tag, durch unseren modernen Lebensstil, unseren Müll, das Gift, das wir in die Luft und in den Boden eintragen und durch den ungeminder­ten Flächenfra­ß. Daraus soll man nicht den radikalen Schluss ziehen, wieder zu einem Leben wie es unsere Vorfahren in der Steinzeit führten zurückzuke­hren. Aber bestimmte Tabus müssen eingehalte­n werden. Wenn das nicht mehr gewährleis­tet ist, ist alles relativ.

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