Mittelschwaebische Nachrichten
Bund Naturschutz reicht zweite Klage gegen Gewerbegebiet ein
Der Verband wehrt sich gegen das Vordringen in das FFH-Schutzgebiet am Ostrand von Ziemetshausen. Während die Mühlen der Justiz mahlen werden dort Fakten geschaffen
Ziemetshausen Der Bund Naturschutz (Bund) hat im vergangenen Jahr Klage gegen die Erweiterung eines Gewerbegebiets in Ziemetshausen eingereicht. In der Klage formulierten die Naturschützer vor allem Kritik an inhaltlichen Punkten des Genehmigungsverfahrens. Ein Eilantrag des Bund wurde zuletzt vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen mit der Begründung, so wie die Klage formuliert sei, habe der Bund keine Klagemöglichkeit. Er könne lediglich eine Normenkontrollklage einreichen, mit der der Bebauungsplan an sich angefochten werde. Bund-Kreisgeschäftsführer Bernd Kurus-Nägele kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. „Das erschließt sich uns nicht, warum wir hier keine Klagemöglichkeit haben sollen. Unsere Verbandsjuristen halten das für eine willkürliche Auslegung des Gerichts.“Der Verband hat dagegen Beschwerde eingelegt. Eine Normenkontrollklage wäre aus Sicht der Naturschützer der falsche Weg, weil es eben nicht um das Verfahren an sich geht, sondern wie es umgesetzt worden ist. größte Problem, das wir bei der Sache haben, ist die Aussage der amtlichen Behörde. Da liegt der Hase im Pfeffer.“Die Untere Natuschutzbehörde des Landkreises habe die Genehmigung erteilt, ohne eine korrekte FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt zu haben. Die ist vorgeschrieben, um einschätzen zu können, ob und wie eine bauliche Maßnahme in diesem Gebiet umgesetzt werden kann, ohne die zu schützenden Arten in ihrem Erhaltungszustand zu beeinträchtigen.
Zwar habe der damals beauftragte Gutachter durchaus festgestellt, dass sich in dem betreffenden FFHSchutzgebiet am Ostrand von Ziemetshausen mit der Blauen Helmazurjungfer eine Leitart finde, deren Bestand nicht verschlechtert werden dürfe, und daher die geplante Baumaßnahme als nicht zulässig beurteilt, sagt Kurus-Nägele. Die Untere Naturschutzbehörde habe sich jedoch über diese Einschätzung hinweggesetzt und die Maßnahme als durchaus machbar erachtet und die Schaffung eines neuen Grabens als Ausgleichsmaßnahme für die Zerstörung der Natur und des Lebensraums der Helmazurjungfer an be- sagter Stelle akzeptiert. Kurus-Nägele ärgert sich vor allem über diese Praxis der Kompromissbereitschaft im Günzburger Landratsamt. Seiner Ansicht nach werde dadurch das gefährliche Signal an die Kommunen ausgesendet, im Zweifel ist alles verhandelbar. In Neu-Ulm dagegen agiere die Untere Naturschutzbehörde durchaus anders und sehr viel häufiger aufseiten des Naturschutzes, sagt Kurus-Nägele, der auch für den Nachbarlandkreis zuständig ist. „Wenn ich irgendwo Tabuzonen ausweise, dann müssen die auch eingehalten werden. Ein FFH-Gebiet genießt eigentlich den höchsten Schutzstatus. Wenn das nicht reicht, weiß ich auch nicht mehr weiter.“
In der Zwischenzeit hat der Bund Naturschutz mit Dr. Michael Schneider einen externen Gutachter engagiert, der als anerkannter, auch von Behörden geschätzter Experte auf dem Gebiet der Libellen zählt. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Erweiterung des Gewerbegebiets in das FFH-Schutzgebiet niemals hätte genehmigt werden dürfen. Insbesondere durch das Zuschütten eines bestimmten Grabens werde der Lebensraum der Helm„Das azurjungfer zerstört. Gegen die wasserrechtliche Genehmigung dieser Maßnahme richtet sich nun auch noch eine zweite Klage des Bund Naturschutzes. Ebenfalls versuchen die Naturschützer durch einen Eilantrag einen Baustopp und den Rückbau zu erzwingen. Zwar ist der Graben bereits zugeschüttet, weshalb der zuständige Richter dem Bund bereits sinngemäß signalisiert habe, dass ein Baustopp jetzt ohnehin nichts mehr bringe. Doch Kurus-Nägele sieht das anders. Wenn innerhalb der kommenden zwei Wochen der Graben mit „vertretbarem Aufwand“zurückgebaut würde, wäre er noch einmal als Lebensraum für die Helmazurjungfer wiederherzustellen. Die Argumentation hält Kurus-Nägele für „eine Katastrophe. Ich brauch das ja nie mehr zu beklagen, wenn ich eh keine Chance hab.“Bislang hat KurusNägele noch keine Entscheidung des Gerichts vorliegen. „Der Knackpunkt ist, dass es lange dauert, bis es bearbeitet wird. Ein Termin für die Verhandlung der Klagen steht noch nicht fest. Kurus-Nägele ist desillusioniert: „Die Zeit arbeitet jeden Tag gegen uns.“