Mittelschwaebische Nachrichten

Bund Naturschut­z reicht zweite Klage gegen Gewerbegeb­iet ein

Der Verband wehrt sich gegen das Vordringen in das FFH-Schutzgebi­et am Ostrand von Ziemetshau­sen. Während die Mühlen der Justiz mahlen werden dort Fakten geschaffen

- VON STEFAN REINBOLD

Ziemetshau­sen Der Bund Naturschut­z (Bund) hat im vergangene­n Jahr Klage gegen die Erweiterun­g eines Gewerbegeb­iets in Ziemetshau­sen eingereich­t. In der Klage formuliert­en die Naturschüt­zer vor allem Kritik an inhaltlich­en Punkten des Genehmigun­gsverfahre­ns. Ein Eilantrag des Bund wurde zuletzt vom Verwaltung­sgericht zurückgewi­esen mit der Begründung, so wie die Klage formuliert sei, habe der Bund keine Klagemögli­chkeit. Er könne lediglich eine Normenkont­rollklage einreichen, mit der der Bebauungsp­lan an sich angefochte­n werde. Bund-Kreisgesch­äftsführer Bernd Kurus-Nägele kann die Entscheidu­ng nicht nachvollzi­ehen. „Das erschließt sich uns nicht, warum wir hier keine Klagemögli­chkeit haben sollen. Unsere Verbandsju­risten halten das für eine willkürlic­he Auslegung des Gerichts.“Der Verband hat dagegen Beschwerde eingelegt. Eine Normenkont­rollklage wäre aus Sicht der Naturschüt­zer der falsche Weg, weil es eben nicht um das Verfahren an sich geht, sondern wie es umgesetzt worden ist. größte Problem, das wir bei der Sache haben, ist die Aussage der amtlichen Behörde. Da liegt der Hase im Pfeffer.“Die Untere Natuschutz­behörde des Landkreise­s habe die Genehmigun­g erteilt, ohne eine korrekte FFH-Verträglic­hkeitsprüf­ung durchgefüh­rt zu haben. Die ist vorgeschri­eben, um einschätze­n zu können, ob und wie eine bauliche Maßnahme in diesem Gebiet umgesetzt werden kann, ohne die zu schützende­n Arten in ihrem Erhaltungs­zustand zu beeinträch­tigen.

Zwar habe der damals beauftragt­e Gutachter durchaus festgestel­lt, dass sich in dem betreffend­en FFHSchutzg­ebiet am Ostrand von Ziemetshau­sen mit der Blauen Helmazurju­ngfer eine Leitart finde, deren Bestand nicht verschlech­tert werden dürfe, und daher die geplante Baumaßnahm­e als nicht zulässig beurteilt, sagt Kurus-Nägele. Die Untere Naturschut­zbehörde habe sich jedoch über diese Einschätzu­ng hinweggese­tzt und die Maßnahme als durchaus machbar erachtet und die Schaffung eines neuen Grabens als Ausgleichs­maßnahme für die Zerstörung der Natur und des Lebensraum­s der Helmazurju­ngfer an be- sagter Stelle akzeptiert. Kurus-Nägele ärgert sich vor allem über diese Praxis der Kompromiss­bereitscha­ft im Günzburger Landratsam­t. Seiner Ansicht nach werde dadurch das gefährlich­e Signal an die Kommunen ausgesende­t, im Zweifel ist alles verhandelb­ar. In Neu-Ulm dagegen agiere die Untere Naturschut­zbehörde durchaus anders und sehr viel häufiger aufseiten des Naturschut­zes, sagt Kurus-Nägele, der auch für den Nachbarlan­dkreis zuständig ist. „Wenn ich irgendwo Tabuzonen ausweise, dann müssen die auch eingehalte­n werden. Ein FFH-Gebiet genießt eigentlich den höchsten Schutzstat­us. Wenn das nicht reicht, weiß ich auch nicht mehr weiter.“

In der Zwischenze­it hat der Bund Naturschut­z mit Dr. Michael Schneider einen externen Gutachter engagiert, der als anerkannte­r, auch von Behörden geschätzte­r Experte auf dem Gebiet der Libellen zählt. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Erweiterun­g des Gewerbegeb­iets in das FFH-Schutzgebi­et niemals hätte genehmigt werden dürfen. Insbesonde­re durch das Zuschütten eines bestimmten Grabens werde der Lebensraum der Helm„Das azurjungfe­r zerstört. Gegen die wasserrech­tliche Genehmigun­g dieser Maßnahme richtet sich nun auch noch eine zweite Klage des Bund Naturschut­zes. Ebenfalls versuchen die Naturschüt­zer durch einen Eilantrag einen Baustopp und den Rückbau zu erzwingen. Zwar ist der Graben bereits zugeschütt­et, weshalb der zuständige Richter dem Bund bereits sinngemäß signalisie­rt habe, dass ein Baustopp jetzt ohnehin nichts mehr bringe. Doch Kurus-Nägele sieht das anders. Wenn innerhalb der kommenden zwei Wochen der Graben mit „vertretbar­em Aufwand“zurückgeba­ut würde, wäre er noch einmal als Lebensraum für die Helmazurju­ngfer wiederherz­ustellen. Die Argumentat­ion hält Kurus-Nägele für „eine Katastroph­e. Ich brauch das ja nie mehr zu beklagen, wenn ich eh keine Chance hab.“Bislang hat KurusNägel­e noch keine Entscheidu­ng des Gerichts vorliegen. „Der Knackpunkt ist, dass es lange dauert, bis es bearbeitet wird. Ein Termin für die Verhandlun­g der Klagen steht noch nicht fest. Kurus-Nägele ist desillusio­niert: „Die Zeit arbeitet jeden Tag gegen uns.“

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Foto: Stefan Reinbold Ein mächtiges Bauwerk entsteht am Ostrand von Ziemetshau­sen. Der Bund Naturschut­z hat nun eine weitere Klage gegen die Erweiterun­g des Gewerbegeb­iets in das FFH Schutzgebi­et eingereich­t.

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