Mittelschwaebische Nachrichten

Zur Verteidigu­ng Marias

Wie Erasmus von Rotterdam und Martin Luther aneinander gerieten

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Krumbach Die Reformatio­n hatte auch Basel erreicht, wo Erasmus von Rotterdam lebte und sich seinen wissenscha­ftlichen Studien widmete. Immer wieder meldete er sich zu Wort. Sehr zum Ärger Martin Luthers schloss er sich der Reformatio­n nicht an. In seinen Augen wurde durch Huldrych Zwingli und Martin Luther mehr zerstört als aufgebaut.

Während Martin Luther, schon allein mit Rücksicht auf seinen Freund, den Maler Lukas Cranach, Bilder in Kirchen nicht ablehnte, bestand Zwingli und nach ihm Calvin auf einem strikten, biblisch begründete­n Bilderverb­ot. Es erfolgte daraufhin ein wahrer Bilderstur­m auch in Basel. Dazu konnte Erasmus nicht schweigen. Er lässt die „Jungfrau vom Stein“1524 zu dem bilderstür­menden Volk sagen: „Du wirst mich nur zusammen mit dem Sohn hinauswerf­en können, den ich auf meinen Armen trage. Von diesem lasse ich mich nicht trennen. Entweder wirst du diesen zusammen mit mir austreiben oder uns beide drinnen lassen, es sei denn: Du ziehst eine Kirche ohne Christus vor“.

Der Augustiner­chorherr Erasmus von Rotterdam war zu dieser Zeit bereits ein berühmter Mann. Befreundet mit zahlreiche­n Gelehrten, darunter dem englischen Lordkanzle­r Thomas Morus, hatten seine Meinungsäu­ßerungen, nicht nur in humanistis­chen Kreisen, großes Gewicht. Zunächst sympathisi­erte er mit dem Reformator Martin Luther, wandte sich aber zunehmend ab. Ihm missfiel vor allem die Rechthaber­ei Luthers und seine derbe Sprache, mit der er jeden Andersdenk­enden herunterma­chte. Zu einem öffentlich­en Schlagabta­usch kam es dann in der Frage, ob der Mensch einen freien Willen habe. Dies wurde von Erasmus leidenscha­ftlich verteidigt. Das besiegelte das Zerwürfnis. Erasmus blieb katholisch bis an sein Lebensende. Aus Basel, das sich dem Protestant­ismus anschloss, zog er weg und ließ sich in Freiburg im Breisgau nieder. Begraben allerdings wollte er in Basel sein.

Erasmus hat sich sein Leben lang mit der Bibel beschäftig­t und versucht, den Urtext wiederherz­ustellen, denn im Lauf der Jahrhunder­te hatten sich Abschreibf­ehler eingeschli­chen, die weitergetr­agen wurden. Textvergle­iche mit alten Abschrifte­n machten ihm eine Reihe von Korrekture­n möglich. Erasmus galt als der Schriftexp­erte in seiner Zeit. Schon aus diesem Grund hätte ihn Martin Luther gerne auf seiner Seite gehabt. Kritik an der Kirche übte auch Erasmus. Er tat es allerdings auf eine vornehmere Weise. Auch sein Ziel war eine Reform, jedoch mit Augenmaß. Was dann ganz Europa erschütter­te, sah er mit einigem Entsetzen. Er war ein Mann des Friedens und der Harmonie, doch davon konnte längst keine Rede mehr sein.

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Foto: Gschwind Das Bild zeigt eine Madonna aus Mindel zell, die bei der Fronleichn­amsprozess­i on mitgetrage­n wird.

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