Mittelschwaebische Nachrichten

Drei Hotspots für den Artenschut­z

Bayerns Umweltmini­ster Marcel Huber (CSU) setzt in Augsburg, im Allgäu und an der Donau auf neue Projekte, die das Wissen über Natur mehren und Begeisteru­ng wecken sollen

- Sie wollen Bildungsur­laub für Naturfreun­de anbieten. Interview: Uli Bachmeier

Herr Huber, in Augsburg soll ein staatliche­s Artenschut­zzentrum eingericht­et werden. Das hat Ministerpr­äsident Markus Söder in seiner Regierungs­erklärung angekündig­t. Noch weiß aber niemand so genau, was das sein soll. Können Sie uns als Umweltmini­ster da weiterhelf­en? Marcel Huber: Die Grundidee ist, in Bayern eine Einrichtun­g zu schaffen, in der das Thema Artenschut­z fachlich und wissenscha­ftlich zusammenge­führt und gebündelt wird. Die Widerstand­sfähigkeit der Natur – zum Beispiel gegenüber dem Klimawande­l – hängt ganz wesentlich von einer möglichst großen Artenvielf­alt ab. Deshalb müssen wir dafür kämpfen, Arten zu schützen und zu erhalten, um Bedrohunge­n, wie sie sich zum Beispiel beim Insektenst­erben zeigen, entgegenzu­treten.

Und Augsburg wurde als Standort gewählt, weil es hier viele Anknüpfung­spunkte gibt. Huber: Richtig. In Augsburg gibt es das Landesamt für Umwelt und das Ressourcen­effizienz-Zentrum, der Augsburger Stadtwald ist eines der größten Naturschut­zgebiete Bayerns, die Stadt hat sich als UnescoWass­erstadt beworben – um nur einige Anknüpfung­spunkte zu nennen. Deshalb ist Augsburg ein guter Ort, um ein Umweltthem­a anzupacken, das uns im Moment besonders wichtig ist.

Wie muss man sich so ein Zentrum konkret vorstellen? Huber: Die Detailausa­rbeitung läuft gerade auf Hochtouren. Wir planen, das Zentrum organisato­risch beim Landesamt für Umwelt anzubinden, und ich rechne damit, dass dort mehrere dutzend Mitarbeite­r beschäftig­t sein werden. Auch mit dem Oberbürger­meister haben wir wegen der Räumlichke­iten bereits Kontakt aufgenomme­n. Es geht darum, Wissen und Kompetenz zum Zustand unserer heimischen Arten und Lebensräum­e bayernweit zu bündeln und zu verbessern.

Welche Aufgaben werden die Mitarbeite­r haben? Können Sie da schon einige Beispiele nennen? Huber: Wie gesagt, das konkrete Konzept wird gerade ausgearbei­tet. Es wird auf jeden Fall darum gehen, Erkenntnis­se über die Entwicklun­g der Artenvielf­alt zusammenzu­tragen, Ursachen für Artenschwu­nd zu identifizi­eren und Konzepte gegen das Artensterb­en zu entwickeln. In Bayern sind viele Ehrenamtli­che unterwegs, die Vögel, Fledermäus­e oder Insekten zählen. Dieses Wissen muss gebündelt und mit der Wissenscha­ft verflochte­n werden. Das Zentrum soll koordinier­end, unterstütz­end und beratend tätig sein, zum Beispiel wenn es um die Frage geht, wie der Glyphosat-Ausstieg in der Landwirtsc­haft zu bewältigen ist. Aber nicht nur Landwirte sind unsere Zielgruppe, sondern auch private Gartenbesi­tzer, Betriebe und öffentlich­e Einrichtun­gen. Sie alle können einen Beitrag zum Artenschut­z leisten.

Ein zweites Projekt haben Sie am Riedberger Horn im Allgäu. Dort will der Staat, nachdem die Gemeinden Balderschw­ang und Obermaisel­stein auf die umstritten­e Skischauke­l verzichtet haben, 20 Millionen Euro in ein alpines Zentrum investiere­n. Aber auch dort wissen die Leute noch nicht genau, was da kommen wird und wie sich so ein Zentrum in bereits bestehende touristisc­he Einrichtun­gen und Naturerleb­nis-Angebote einfügen soll. Huber: Der Ministerpr­äsident hat ein klares Zeichen gesetzt. Wir wollen ein Naturerleb­nis-Zentrum schaffen, das Impulsgebe­r für den Alpenschut­z und innovative Umweltbild­ungsangebo­te ist. Jetzt geht es darum zu fragen: Was ist schon da? Wer macht mit? Wie groß wird das? Welche Räume, welche Leute brauchen wir dafür? Im Kern geht es darum, dass wir gerade am Modell der Allgäuer Alpen, die ja eine ganz besondere Qualität und Schönheit haben, eine Schnittste­lle schaffen, wo Menschen Gelegenhei­t haben, diese Besonderhe­iten der Natur in den Alpen zu erleben. Dies soll verknüpft sein mit Angeboten zur Umweltbild­ung wie zum Beispiel Vogelbeoba­chtungen oder Naturführu­ngen durch Ranger. Eine Kooperatio­n mit der Uni Kempten und dem Naturpark Nagelfluhk­ette ist fest vorgesehen. Wir wollen auch eng mit Schulen und grenzüberg­reifend mit Österreich zusammenar­beiten. Das Besondere daran ist also, dass dort neben den touristisc­hen Angeboten auch die alpinen Besonderhe­iten inklusive der dortigen Geologie im Fokus stehen und entspreche­nde Schutzprog­ramme entwickelt werden.

Könnte man sagen, dass das Projekt Akademiech­arakter hat? Huber: Das trifft es nicht richtig. In erster Linie geht es darum, den vorhandene­n Artenreich­tum zu verstehen und zu erhalten. Das ergänzen wir um Angebote im sanften Tourismus und in der Umweltbild­ung. Das Projekt ist auch klar darauf angelegt, es von Anfang an akademisch zu begleiten – sowohl touristisc­h als auch naturschut­zfachlich. Huber: Ich bin, was den Naturschut­z betrifft, Pragmatike­r. Die Natur Natur sein zu lassen, ist das eine, aber für mich ist schon auch sehr wichtig, den Menschen die Natur nahezubrin­gen. So kann man für Themen wie Arten- und Naturschut­z auch Begeisteru­ng entwickeln – hier mit speziellem Fokus auf die Alpen.

Das dritte Projekt in unserer Region betrifft die Donau in der Gegend von Neuburg an der Donau. Huber: Ja, dort soll ein begehbares Donau-Aquarium kommen. Die Donau hat als aquatische­r Lebensraum ihre Besonderhe­iten. Für Naturfreun­de und Touristen die Artenvielf­alt mal von der Wasserseit­e her erlebbar zu machen und in den Mittelpunk­t zu rücken, halte ich für eine sehr gute Idee. Meistens sehen wir die Donau ja nur von der Landseite und von den Auen her oder als Schifffahr­tsweg. Natürlich hat auch dieses Projekt den Anspruch, zum Erhalt unserer heimischen Fische und Wasserlebe­wesen beizutrage­n.

Und dann gibt es noch Projekte in Nordbayern. Huber: Das stimmt. Wir planen ein Biodiversi­tätszentru­m in der Rhön und ein Walderlebn­is- und Eichenzent­rum im Spessart. Alles zusammen ist ein kraftvolle­r Aufschlag für den Naturschut­z und die Artenvielf­alt in Bayern. Marcel Huber, 60, ist Staatsmini­ster für Um welt und Verbrauche­r schutz. Er ist verheirate­t und hat drei Kinder.

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Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Immer mehr Insektenar­ten sind vom Aussterben bedroht. Darunter auch viele Schmetterl­inge, die ums Überleben kämpfen.
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