Mittelschwaebische Nachrichten

„Es gab keinen Krieg im Dorf“

Die Schönebach­er haben sich im Zuge der Reform gut verkauft

- VON STEFAN REINBOLD

Als Anton Birle im Jahr 2002 zum Bürgermeis­ter der Marktgemei­nde Ziemetshau­sen gewählt wurde, schloss sich ein Kreis. Ein knappes Vierteljah­rhundert vorher musste sein Vater, Anton Birle sen., sein Bürgermeis­teramt im Zuge der Gebietsref­orm zurückgebe­n. Als die bis dato noch eigenständ­ige Gemeinde Schönebach im Zuge der Reform 1972 aus dem Landkreis Augsburg herausgelö­st und in den Landkreis Günzburg integriert worden war, habe sich bereits abgezeichn­et, wohin der Weg gehen werde, erinnert sich Sohn Anton Birle. 1978 verloren Schönebach, Uttenhofen und Schellenba­ch ihre Selbststän­digkeit und gehörten fortan zu Ziemetshau­sen. Birle, damals 22 Jahre alt, hatte keine Vorbehalte gegen die Vereinigun­g. „Ich war ein bisschen befangen“, räumt er ein. Er hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits als Verwaltung­sangestell­ter im Ziemetshau­ser Rathaus beworben. Ein bisschen gefremdelt habe er mit dem neuen Landkreis aber doch. „Ich musste erst einmal auf die Landkarte schauen, als ich das erste Mal in Günzburg etwas zu tun hatte“, sagt Birle und lacht.

Nachdem ihn der Vater, der im Hauptberuf eine Landwirtsc­haft in Schönebach betrieb, immer wieder als Schreibkra­ft für den amtlichen Schriftver­kehr eingespann­t hatte, war Birle fast ein wenig froh, dass er mit dem Verlust des Bürgermeis­teramts nun weniger derlei Aufgaben delegieren könnte. Arbeit gab es auf dem elterliche­n Hof ja noch genug. Ganz unpolitisc­h blieb der Senior, der fortan als Mitglied des Gemeindera­ts in Ziemetshau­sen fungierte, aber nicht. Über die Ortslisten fast jeden Ortsteil mit mindestens einem Mitglied im Marktgemei­nderat zu repräsenti­eren, ist auch heute noch gute Gepflogenh­eit in Ziemetshau­sen. „Das hat sicherlich dazu beigetrage­n, dass das Zusammenwa­chsen so gut funktionie­rt hat“, analysiert Birle. Ohnehin hatte sich der Furor in Schönebach, Uttenhofen und Schellenba­ch in Grenzen gehalten. „Dass die Gebietsref­orm notwendig war, war vielen Menschen klar“, sagt Birle. Natürlich war mit dem Verlust der Eigenständ­igkeit auch ein bisschen Wehmut verbunden. „Es gab aber keinen Krieg im Dorf.“Abgesehen davon, dass die Eingemeind­ung nicht Knall auf Fall von einem Tag zum nächsten, sondern über mehrere Jahre hinweg „dosiert“erfolgte, hatten sich die Schönebach­er durchaus gut verkauft. Das Dorf erhielt eine Umgehungss­traße und wurde an die Kanalisati­on angeschlos­sen. Außerdem wurde garantiert, dass der Sportplatz und das Schulgebäu­de und die Jagdrechte erhalten bleiben. Dass Birle einmal selbst Bürgermeis­ter werden würde, hätte er damals nicht gedacht: „Ich wusste ja, was das für eine Arbeit ist.“

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Archivbild: Bosch Heute regiert Anton Birle im Ziemets hauser Rathaus.

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