Mittelschwaebische Nachrichten
Eine Perspektive für die Geburtshilfe
Der Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein diskutiert mit Hebammen über die aktuelle Lage in der Region. Wo der Schuh drückt
Krumbach/Landkreis 411 Geburten waren es im Jahr 2017 in der Krumbacher Klinik – so viele wie lange nicht mehr. In beiden Kliniken im Kreis (Günzburg und Krumbach) habe es zuletzt eine Steigerung der jährlichen Geburtenzahlen um rund 20 Prozent gegeben, berichtet Dr. Volker Rehbein, Vorstand der Kreiskliniken. Das ist zweifellos eine positive Entwicklung. Doch im Gespräch, das der CSU-Bundestagsabgeordnete Dr. Georg Nüßlein (Münsterhausen) mit Rehbein, Dr. Robert Landthaler (in der Klinik Krumbach zuständig für die Geburtshilfe) und Hebammen aus beiden Kreiskliniken führte, wurde auch deutlich, dass es im Bereich Geburtshilfe eine ganze Reihe von Problemen gibt.
Immer schwieriger wird es offensichtlich, Jugendliche für den „Beruf Hebamme“zu gewinnen. Kritik gibt es an schlechter Bezahlung und an Unterschieden zwischen angestellten Hebammen und Beleghebammen. In der Runde wurden auch sich verhärtende Arbeitsbedingungen bemängelt.
In Sachen Geburtshilfe sind in der regionalen Kliniklandschaft die Dinge in Bewegung geraten. Die Geburtenstationen in Illertissen und Schwabmünchen sind geschlossen. Ebenso die Station in Dillingen. Die Wiedereröffnung ist dort für den 1. Juli geplant. Aber solche Entscheidungen hängen immer auch davon ab, ob es gelingt, Ärzte für die Geburtshilfe zu gewinnen. In Krumbach ist Dr. Robert Landthaler seit 1993 für die Klinik im Bereich Geburtshilfe tätig. Sein Kollege Dr. Robert Vitsek seit 2009. Wiederholt haben die beiden darauf hingewiesen, dass Geburtshilfe ja auch mit einer 24-Stunden-Bereitschaft verbunden ist. Das macht diesen Bereich aus dem Blickwinkel so mancher Nachwuchsmediziner offenbar nicht gerade attraktiv. In der Diskussion mit Nüßlein, die jetzt in der Krumbacher Kreisklinik stattfand, veranschaulichte Landthaler dies mit deutlichen Worten. Beim medizinischen Nachwuchs würde die sogenannte „Work-Live-Balance“ tendenziell mehr in den Vordergrund rücken. Viele junge Ärzte „wollen keine Geburtshilfe“machen. Problematisch sei für Belegärzte überdies die Haftpflichtversicherung, die sich verteuern werde. Klinikvorstand Rehbein kann sich vorstellen, dass die Hereinnahme der Krumbacher Ärzte in die Hauptabteilung der Kliniken eine Lösung sein könnte.
Der Trend zu Hausgeburten ist inzwischen offensichtlich wieder größer geworden. Vermehrt würden auch sogenannte Geburtshäuser eingerichtet. Doch dafür bräuchte man, so Rehbein, geeignete Kindernotärzte. Im ländlichen Raum seien diese Einrichtungen keine Alternative.
Maureen Dalton, seit 28 Jahren Hebamme an der Krumbacher Klinik, kritisierte die Ungleichbehandlung von Beleghebammen und angestellten Hebammen. Außerdem gebe es „große Nachwuchssorgen“, immer häufiger würden Bewerbungen ausbleiben. Und inzwischen sei es so weit, dass viele Hebammen bereits nach fünf bis sechs Jahren ihre Tätigkeit in diesem Bereich beenden würden.
Einhellig sprachen sich die Diskussionsteilnehmer für den Erhalt kleinerer Krankenhäuser und eine solide flächendeckende medizinische Versorgung auf dem Land aus. Nüßlein sagte, er sehe, was „kleine Häuser leisten“. Er kritisierte die bestehenden Selbstverwaltungsstrukturen, in der Vorgaben der Politik nicht umgesetzt würden. Er ist optimistisch, dass die soliden Strukturen im Kreis Günzburg aber weiter gesichert werden könnten. Für Berufe wie Hebammen brauche es jedoch „eine ordentliche Entlohnung“.
Diskussionen dieser Art sind für Nüßlein auch eine Bestandsaufnahme. Er bat darum, ihm wesentliche Problempunkte auch per E-Mail zukommen zu lassen. Diese „Stoffsammlung“möchte er dann in die weiteren politischen Gespräche einbringen. Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Nüßlein ist seit einigen Jahren auch für den Bereich der Gesundheitspolitik zuständig. »