Mittelschwaebische Nachrichten
Immer wieder Unfallflucht
Jeder vierte Unfallbeteiligte entfernt sich laut Statistik unerlaubt vom Ort des Geschehens. Wer erwischt wird, dem drohen harte Strafen
Jeder vierte Unfallbeteiligte entfernt sich unerlaubt vom Ort des Unfallgeschehens. Über das Thema Unfallflucht sprachen wir mit der Krumbacher Polizei.
Krumbach Ende vergangener Woche ist es wieder einmal passiert. Der Besitzer eines Kleintransporters meldete sich bei der Polizei, weil irgendjemand seinen Wagen, der auf dem Schotterplatz an der Sonnenstraße geparkt war, angefahren hatte. Anstatt den Schaden dem Besitzer zu melden oder wenigstens dem Halter eine Nachricht zu hinterlassen, hatte sich der Unfallverursacher aus dem Staub gemacht. Der Schaden, auf dem der Besitzer möglicherweise sitzen bleibt: 1000 Euro.
Es passiert im Grunde fast jeden Tag. Vielleicht ist das auch der Grund, warum manche Menschen kleine Unfälle mit Blechschäden auf die leichte Schulter nehmen. War doch nur ein kleiner Rempler – der Kratzer: eigentlich nicht der Rede wert. Hats jemand gesehen? Schulterblick links, rechts und ab durch die Mitte. So oder so ähnlich läuft das auf Parkplätzen oder an Seitenstreifen im Landkreis immer wieder ab. Jeder vierte Unfallbeteiligte entfernt sich laut Statistik der Polizei unerlaubt vom Ort des Geschehens. Meist gehen die Beiträge für die Versicherung in die Höhe, wenn die für den Schaden aufkommen muss. Für viele offenbar ein Grund, nach einem Unfall das Weite zu suchen.
179 Verkehrsunfallfluchten verzeichnet allein die Polizeiinspektion Krumbach für das Jahr 2017. Bis Mitte April dieses Jahres waren es bereits 40. In aller Regel handelt es sich bei den Unfallfluchten nicht um spontane Kurzschlusshandlungen. In wenigen Fällen versuchen die Unfallverursacher vorangegangenen Alkohol- oder Drogenkonsum durch ihre Flucht zu vertuschen. Bei sieben der 83 geklärten Unfallfluchten im Jahr 2017 ging dieses Kalkül jedoch nicht auf.
Man darf dennoch davon ausgehen, dass die Unfallverursacher zumeist mit relativ klarem Kopf die Entscheidung treffen, sich sangund klanglos aus der Affäre zu ziehen. Um ein Kavaliersdelikt handelt es sich aber keineswegs. Das zeigt allein schon die Schadenssumme von insgesamt rund 263000 Euro, die sich im Lauf des vergangenen Jahres summiert hat. Im Schnitt also knapp 1500 Euro Schaden pro Unfall. Häufig genug bleiben die Betroffenen auf diesen Kosten sitzen. Die Aufklärungsquote lag bei rund 46 Prozent. Noch immer kommen also viele Unfallverursacher ungeschoren davon. Allerdings ist eine 50-50-Chance erwischt zu werden auch kein Ruhekissen. Schließlich sind die Strafen, die auf Unfallflucht stehen, nicht ganz von Pappe. Nach dem Strafgesetzbuch drohen sogar bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafe, wenn einer der Unfallbeteiligten den Unfallort verlässt, ohne zur Aufklärung beizutragen.
Die Polizei geht davon aus, dass viele Menschen unsicher sind, wie sie sich nach einem Unfall verhalten sollen und versucht daher aufzuklären. „Es ist völlig normal, den Gedanken an einen Unfall aus seinem täglichen Leben zu verbannen. Aber normal ist – leider – auch der Unfall“, heißt es auf der Internetseite des Polizeipräsidiums Schwaben Süd-West. Wichtig ist daher, einen klaren Kopf zu behalten. Das Gesetz verpflichtet jeden, dessen Verhalten zum Unfall beigetragen haben kann, zunächst am Unfallort zu bleiben und die Feststellung seiner Person zu ermöglichen. Nach einem Parkrempler etwa ist man als Unfallbeteiligter verpflichtet, eine „angemessene Zeit“zu warten, ob nicht etwa der Halter des angefahrenen Wagens auftaucht. Wie lange, das hängt von verschiedenen Umständen etwa der Tageszeit, Ort und Schwere des Unfalls ab, sollte jedoch 30 Minuten nicht unterschreiten, rät die Polizei. Kommt in dieser Zeit niemand, dann darf man sich entfernen, muss aber Namen und Anschrift am Unfallort hinterlassen.
Außerdem ist man verpflichtet, zusätzlich einer nahegelegenen Polizeidienststelle unverzüglich zu melden, dass man am Unfall beteiligt war. Unverzüglich bedeutet, dass man am besten nach einer angemessenen Wartezeit auf direktem Weg zur nächsten Polizeidienststelle fährt und dort den Unfall meldet.
Bei Unfällen mit Toten, Verletzten oder erheblichem Sachschaden sollte ohnehin immer die Polizei unter dem allgemeinen Notruf 110 gerufen werden. Steht ein Unfallbeteiligter unter Alkohol oder Drogeneinfluss, empfiehlt es sich, ebenfalls die Polizei zu verständigen.
Zweckmäßig ist ein solcher Anruf laut Polizei auch, wenn sich die Schuldfrage nicht klären lässt oder wenn an dem Unfall Personen oder Fahrzeuge beteiligt sind, die im Ausland wohnen oder deren Fahrzeuge dort zugelassen sind.
Bei Unfallfluchten mit Schwerverletzten lag die Aufklärungsquote in den vergangenen Jahren bei über 80 Prozent, mit tödlichem Ausgang sogar seit Jahren bei 100 Prozent.