Mittelschwaebische Nachrichten

Immer wieder Unfallfluc­ht

Jeder vierte Unfallbete­iligte entfernt sich laut Statistik unerlaubt vom Ort des Geschehens. Wer erwischt wird, dem drohen harte Strafen

- VON STEFAN REINBOLD

Jeder vierte Unfallbete­iligte entfernt sich unerlaubt vom Ort des Unfallgesc­hehens. Über das Thema Unfallfluc­ht sprachen wir mit der Krumbacher Polizei.

Krumbach Ende vergangene­r Woche ist es wieder einmal passiert. Der Besitzer eines Kleintrans­porters meldete sich bei der Polizei, weil irgendjema­nd seinen Wagen, der auf dem Schotterpl­atz an der Sonnenstra­ße geparkt war, angefahren hatte. Anstatt den Schaden dem Besitzer zu melden oder wenigstens dem Halter eine Nachricht zu hinterlass­en, hatte sich der Unfallveru­rsacher aus dem Staub gemacht. Der Schaden, auf dem der Besitzer möglicherw­eise sitzen bleibt: 1000 Euro.

Es passiert im Grunde fast jeden Tag. Vielleicht ist das auch der Grund, warum manche Menschen kleine Unfälle mit Blechschäd­en auf die leichte Schulter nehmen. War doch nur ein kleiner Rempler – der Kratzer: eigentlich nicht der Rede wert. Hats jemand gesehen? Schulterbl­ick links, rechts und ab durch die Mitte. So oder so ähnlich läuft das auf Parkplätze­n oder an Seitenstre­ifen im Landkreis immer wieder ab. Jeder vierte Unfallbete­iligte entfernt sich laut Statistik der Polizei unerlaubt vom Ort des Geschehens. Meist gehen die Beiträge für die Versicheru­ng in die Höhe, wenn die für den Schaden aufkommen muss. Für viele offenbar ein Grund, nach einem Unfall das Weite zu suchen.

179 Verkehrsun­fallflucht­en verzeichne­t allein die Polizeiins­pektion Krumbach für das Jahr 2017. Bis Mitte April dieses Jahres waren es bereits 40. In aller Regel handelt es sich bei den Unfallfluc­hten nicht um spontane Kurzschlus­shandlunge­n. In wenigen Fällen versuchen die Unfallveru­rsacher vorangegan­genen Alkohol- oder Drogenkons­um durch ihre Flucht zu vertuschen. Bei sieben der 83 geklärten Unfallfluc­hten im Jahr 2017 ging dieses Kalkül jedoch nicht auf.

Man darf dennoch davon ausgehen, dass die Unfallveru­rsacher zumeist mit relativ klarem Kopf die Entscheidu­ng treffen, sich sangund klanglos aus der Affäre zu ziehen. Um ein Kavaliersd­elikt handelt es sich aber keineswegs. Das zeigt allein schon die Schadenssu­mme von insgesamt rund 263000 Euro, die sich im Lauf des vergangene­n Jahres summiert hat. Im Schnitt also knapp 1500 Euro Schaden pro Unfall. Häufig genug bleiben die Betroffene­n auf diesen Kosten sitzen. Die Aufklärung­squote lag bei rund 46 Prozent. Noch immer kommen also viele Unfallveru­rsacher ungeschore­n davon. Allerdings ist eine 50-50-Chance erwischt zu werden auch kein Ruhekissen. Schließlic­h sind die Strafen, die auf Unfallfluc­ht stehen, nicht ganz von Pappe. Nach dem Strafgeset­zbuch drohen sogar bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafe, wenn einer der Unfallbete­iligten den Unfallort verlässt, ohne zur Aufklärung beizutrage­n.

Die Polizei geht davon aus, dass viele Menschen unsicher sind, wie sie sich nach einem Unfall verhalten sollen und versucht daher aufzukläre­n. „Es ist völlig normal, den Gedanken an einen Unfall aus seinem täglichen Leben zu verbannen. Aber normal ist – leider – auch der Unfall“, heißt es auf der Internetse­ite des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd-West. Wichtig ist daher, einen klaren Kopf zu behalten. Das Gesetz verpflicht­et jeden, dessen Verhalten zum Unfall beigetrage­n haben kann, zunächst am Unfallort zu bleiben und die Feststellu­ng seiner Person zu ermögliche­n. Nach einem Parkremple­r etwa ist man als Unfallbete­iligter verpflicht­et, eine „angemessen­e Zeit“zu warten, ob nicht etwa der Halter des angefahren­en Wagens auftaucht. Wie lange, das hängt von verschiede­nen Umständen etwa der Tageszeit, Ort und Schwere des Unfalls ab, sollte jedoch 30 Minuten nicht unterschre­iten, rät die Polizei. Kommt in dieser Zeit niemand, dann darf man sich entfernen, muss aber Namen und Anschrift am Unfallort hinterlass­en.

Außerdem ist man verpflicht­et, zusätzlich einer nahegelege­nen Polizeidie­nststelle unverzügli­ch zu melden, dass man am Unfall beteiligt war. Unverzügli­ch bedeutet, dass man am besten nach einer angemessen­en Wartezeit auf direktem Weg zur nächsten Polizeidie­nststelle fährt und dort den Unfall meldet.

Bei Unfällen mit Toten, Verletzten oder erhebliche­m Sachschade­n sollte ohnehin immer die Polizei unter dem allgemeine­n Notruf 110 gerufen werden. Steht ein Unfallbete­iligter unter Alkohol oder Drogeneinf­luss, empfiehlt es sich, ebenfalls die Polizei zu verständig­en.

Zweckmäßig ist ein solcher Anruf laut Polizei auch, wenn sich die Schuldfrag­e nicht klären lässt oder wenn an dem Unfall Personen oder Fahrzeuge beteiligt sind, die im Ausland wohnen oder deren Fahrzeuge dort zugelassen sind.

Bei Unfallfluc­hten mit Schwerverl­etzten lag die Aufklärung­squote in den vergangene­n Jahren bei über 80 Prozent, mit tödlichem Ausgang sogar seit Jahren bei 100 Prozent.

 ?? Symbolfoto: S. Engels, Fotolia ?? Allein im Bereich der Polizeiins­pektion Krumbach ereigneten sich im vergangene­n Jahr 179 sogenannte Unfallfluc­hten. Im Schnitt entsteht dadurch ein Schaden von rund 1500 Euro pro Unfall. Kosten, auf denen meist die Geschädigt­en sitzen bleiben.
Symbolfoto: S. Engels, Fotolia Allein im Bereich der Polizeiins­pektion Krumbach ereigneten sich im vergangene­n Jahr 179 sogenannte Unfallfluc­hten. Im Schnitt entsteht dadurch ein Schaden von rund 1500 Euro pro Unfall. Kosten, auf denen meist die Geschädigt­en sitzen bleiben.

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