Mittelschwaebische Nachrichten
Niederlage für Baby Initiative
Kreistagsfraktionen siegen vor Gericht gegen das Illertisser Bürgerbündnis „Geboren im Süden“. Bestechungsvorwürfe verletzen die Politiker-Ehre
Memmingen/Landkreis Am Ende war es eine absehbare Niederlage: Die Bürgerinitiative „Geboren im Süden“hat im Rechtsstreit gegen die Kreistagsfraktionen von CSU, SPD und Grünen den Kürzeren gezogen. Das entsprechende Urteil wurde vor Kurzem vom Landgericht Memmingen verkündet. Danach dürfen die Kämpfer für eine Babystation an der Illertalklinik nicht mehr behaupten, die Wirtschaftsprüfer von KPMG hätten im Vorfeld des Bürgerentscheids die Kreistagsfraktionen finanziell unterstützt. Die beiden Sprecher der Illertisser Initiative, Susanna Oberdorfer-Bögel und Wolfgang Karger, reagierten sichtlich zerknirscht auf das Urteil.
Damit ist ein Rechts-Scharmützel zu Ende gegangen, das sich mehr als ein Jahr hingezogen hat. Franz Clemens Brechtel, Vorsitzender der CSU-Kreistagsfraktion und somit auf der juristischen Siegerseite, verkniff sich gegenüber unserer Zeitung jeglichen Triumph und beteuerte: „Es tut mir leid, dass es so weit kommen musste. Wir hatten zigmal die Hand zum Vergleich gereicht.“
Doch die Fronten waren zu verhärtet, keine der beiden Seiten wollte letztlich nachgeben. Die beiden Sprecher der Initiativen hatten zwar in den vergangenen Monaten immer wieder beteuert, sie würden nicht mehr behaupten, KPMG habe die Kreistagsfraktionen finanziell unterstützt, doch das reichte den Politikern nicht. Sie wollten, dass Oberdorfer-Bögel und Karger eine schriftliche Unterlassungserklärung abgeben – und gegebenenfalls eine Strafe zahlen, wenn sie die Behauptung trotzdem noch einmal wiederholten. Dazu waren die Initiativenvertreter nicht bereit, weil sie sich zu Unrecht kriminalisiert fühlten. Die Fraktionen von CSU, SPD und Grünen zogen vor Gericht, weil sie sich dem Vorwurf der Bestechlichkeit ausgesetzt und in ihrer Ehre verletzt sahen.
Weil die Bürgerinitiative als Ganzes nicht belangt werden konnte – sie ist nach dem Urteil von Richter Florian Förschner kein rechtsfähiger Verein –, blieb alles an den beiden Sprechern hängen. Ihnen wurde nun per Gericht untersagt, eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen KPMG und den Kreistagsfraktionen zu behaupten. Bei Zuwi- derhandlung droht ein Ordnungsgeld von maximal 250 000 Euro. Konkret geht es um folgenden Satz, der sich in einem Brief an das Regierungspräsidium Schwaben findet: „Zwischenzeitlich wurde an uns die Information herangetragen, dass die KPMG im Vorfeld des Bürgerentscheids im Oktober den Wahlkampf der Kreistagsfraktionen für das Ratsbegehren finanziell unterstützt haben soll.“Das Schreiben wiederum hatte die Initiative an unsere Zeitung weitergegeben mit der ausdrücklichen Erlaubnis, daraus zu zitieren. Was dann auch im März vergangenen Jahres geschah. Damit wurde der Vorwurf öffentlich, was zu empörten Reaktionen in den Reihen der Kreisräte führte. Nach Ansicht des Gerichts gab es allerdings keine Rechtfertigung dafür, diese Verdachtsäußerung öffentlich zu machen.
Der zitierte Satz komme einer Tatsachenbehauptung gleich – und die sei geeignet, so der Richter, „die Ehre der Kläger empfindlich zu be- einträchtigen.“Somit liege eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor. Es werde eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen KPMG und den Fraktionen behauptet, die eine Beauftragung der Wirtschaftsprüfer verboten hätte. Der Kreistag hatte das Unternehmen mehrfach als Gutachter und Berater eingesetzt, um die Finanzmisere der drei Stiftungskliniken in den Griff zu bekommen. Einer Wiederholungsgefahr lasse sich nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung entgegenwirken.
In einer ersten Reaktion sagte Susanna Oberdorfer-Bögel, die Entscheidung sei problematisch „für Bürger, die sich engagieren“. Das Risiko einer Klage oder einer Verurteilung könne ein Normalbürger eigentlich nicht auf sich nehmen. Sie ist sich sicher: „Das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger ist auf unserer Seite.“Die Prozesskosten müssten nun sie und Sprecherkollege Karger tragen, während die Fraktionen ihren Anteil „aus der Parteikasse“beglichen. Brechtel versicherte auf Nachfrage, die Parteien hätten nichts damit zu tun, die Kosten würden aus der Fraktionskasse beglichen.
Zitate aus Schreiben wurden im März veröffentlicht