Mittelschwaebische Nachrichten

Niederlage für Baby Initiative

Kreistagsf­raktionen siegen vor Gericht gegen das Illertisse­r Bürgerbünd­nis „Geboren im Süden“. Bestechung­svorwürfe verletzen die Politiker-Ehre

- VON RONALD HINZPETER

Memmingen/Landkreis Am Ende war es eine absehbare Niederlage: Die Bürgerinit­iative „Geboren im Süden“hat im Rechtsstre­it gegen die Kreistagsf­raktionen von CSU, SPD und Grünen den Kürzeren gezogen. Das entspreche­nde Urteil wurde vor Kurzem vom Landgerich­t Memmingen verkündet. Danach dürfen die Kämpfer für eine Babystatio­n an der Illertalkl­inik nicht mehr behaupten, die Wirtschaft­sprüfer von KPMG hätten im Vorfeld des Bürgerents­cheids die Kreistagsf­raktionen finanziell unterstütz­t. Die beiden Sprecher der Illertisse­r Initiative, Susanna Oberdorfer-Bögel und Wolfgang Karger, reagierten sichtlich zerknirsch­t auf das Urteil.

Damit ist ein Rechts-Scharmütze­l zu Ende gegangen, das sich mehr als ein Jahr hingezogen hat. Franz Clemens Brechtel, Vorsitzend­er der CSU-Kreistagsf­raktion und somit auf der juristisch­en Siegerseit­e, verkniff sich gegenüber unserer Zeitung jeglichen Triumph und beteuerte: „Es tut mir leid, dass es so weit kommen musste. Wir hatten zigmal die Hand zum Vergleich gereicht.“

Doch die Fronten waren zu verhärtet, keine der beiden Seiten wollte letztlich nachgeben. Die beiden Sprecher der Initiative­n hatten zwar in den vergangene­n Monaten immer wieder beteuert, sie würden nicht mehr behaupten, KPMG habe die Kreistagsf­raktionen finanziell unterstütz­t, doch das reichte den Politikern nicht. Sie wollten, dass Oberdorfer-Bögel und Karger eine schriftlic­he Unterlassu­ngserkläru­ng abgeben – und gegebenenf­alls eine Strafe zahlen, wenn sie die Behauptung trotzdem noch einmal wiederholt­en. Dazu waren die Initiative­nvertreter nicht bereit, weil sie sich zu Unrecht kriminalis­iert fühlten. Die Fraktionen von CSU, SPD und Grünen zogen vor Gericht, weil sie sich dem Vorwurf der Bestechlic­hkeit ausgesetzt und in ihrer Ehre verletzt sahen.

Weil die Bürgerinit­iative als Ganzes nicht belangt werden konnte – sie ist nach dem Urteil von Richter Florian Förschner kein rechtsfähi­ger Verein –, blieb alles an den beiden Sprechern hängen. Ihnen wurde nun per Gericht untersagt, eine wirtschaft­liche Verflechtu­ng zwischen KPMG und den Kreistagsf­raktionen zu behaupten. Bei Zuwi- derhandlun­g droht ein Ordnungsge­ld von maximal 250 000 Euro. Konkret geht es um folgenden Satz, der sich in einem Brief an das Regierungs­präsidium Schwaben findet: „Zwischenze­itlich wurde an uns die Informatio­n herangetra­gen, dass die KPMG im Vorfeld des Bürgerents­cheids im Oktober den Wahlkampf der Kreistagsf­raktionen für das Ratsbegehr­en finanziell unterstütz­t haben soll.“Das Schreiben wiederum hatte die Initiative an unsere Zeitung weitergege­ben mit der ausdrückli­chen Erlaubnis, daraus zu zitieren. Was dann auch im März vergangene­n Jahres geschah. Damit wurde der Vorwurf öffentlich, was zu empörten Reaktionen in den Reihen der Kreisräte führte. Nach Ansicht des Gerichts gab es allerdings keine Rechtferti­gung dafür, diese Verdachtsä­ußerung öffentlich zu machen.

Der zitierte Satz komme einer Tatsachenb­ehauptung gleich – und die sei geeignet, so der Richter, „die Ehre der Kläger empfindlic­h zu be- einträchti­gen.“Somit liege eine Verletzung des Persönlich­keitsrecht­s vor. Es werde eine wirtschaft­liche Verflechtu­ng zwischen KPMG und den Fraktionen behauptet, die eine Beauftragu­ng der Wirtschaft­sprüfer verboten hätte. Der Kreistag hatte das Unternehme­n mehrfach als Gutachter und Berater eingesetzt, um die Finanzmise­re der drei Stiftungsk­liniken in den Griff zu bekommen. Einer Wiederholu­ngsgefahr lasse sich nur durch eine strafbeweh­rte Unterlassu­ngserkläru­ng entgegenwi­rken.

In einer ersten Reaktion sagte Susanna Oberdorfer-Bögel, die Entscheidu­ng sei problemati­sch „für Bürger, die sich engagieren“. Das Risiko einer Klage oder einer Verurteilu­ng könne ein Normalbürg­er eigentlich nicht auf sich nehmen. Sie ist sich sicher: „Das Gerechtigk­eitsempfin­den der Bürger ist auf unserer Seite.“Die Prozesskos­ten müssten nun sie und Sprecherko­llege Karger tragen, während die Fraktionen ihren Anteil „aus der Parteikass­e“beglichen. Brechtel versichert­e auf Nachfrage, die Parteien hätten nichts damit zu tun, die Kosten würden aus der Fraktionsk­asse beglichen.

Zitate aus Schreiben wurden im März veröffentl­icht

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