Mittelschwaebische Nachrichten
„Das war eine schwierige Zeit“
Weniger Vereinsmitglieder, Ladenschließungen und ein neues, interkommunales Gewerbegebiet: So hat sich Leipheim nach der Schließung des Bundeswehrstandorts am Fliegerhorst verändert
Vor zehn Jahren endete in Leipheim eine Ära: Am 31. Dezember 2008 zog die Bundeswehr aus der Güssenstadt ab. 1936 wurde der Fliegerhorst in Leipheim gebaut, bereits 1994 wurde der Flugbetrieb eingestellt, 2008 war dann endgültig Schluss. Wir haben uns auf Spurensuche begeben, was vom Fliegerhorst übrig geblieben ist und wie sich Leipheim mit dem Abzug der Bundeswehr verändert hat. Leipheim Der Fliegerhorst hat auch die Stadt Leipheim geprägt. Zahlreiche Soldaten waren Mitglieder in den örtlichen Vereinen, viele Bürger hatten auf dem Fliegerhorst ihren Arbeitsplatz. Bürgermeister Christian Konrad erinnert sich, wie sich Leipheim nach der Schließung des Bundeswehrstandortes verändert hat.
Herr Konrad, vor zehn Jahren wurde der Fliegerhorst in Leipheim endgültig geschlossen. Wann und wie haben Sie von der Entscheidung erfahren? Konrad: Das war ein schleichender Prozess. Erste Gerüchte gab es be- reits 2003. Ich habe damals 100 Briefe geschrieben, zum Beispiel an den damaligen Verteidigungsminister und Generäle der Bundeswehr. Aber die Antworten waren sehr schwammig. Keiner konnte sagen, welche Standorte im Zuge der Umstrukturierung der Bundeswehr geschlossen werden und welche nicht. Schon damals gab es die erste Sitzung der Zukunftswerkstatt Fliegerhorst. 2006 war dann endgültig klar, dass der Standort 2008 geschlossen wird.
Wie ging es dann weiter? Konrad: Schon 2006, als die Schließung bekannt gegeben wurde, gab es Gespräche mit den Nachbarkommunen Bubesheim und Günzburg, wie es weiter gehen soll. Uns war klar, dass es Jahre dauern wird, bis ein Konzept zur Neunutzung umgesetzt werden kann. Für mich stand von Anfang an fest, dass wir das Gebiet kaufen müssen.
Warum? Konrad: Der Fliegerhorst lag direkt vor der Haustüre der Stadt Leipheim. Wir wussten zu diesem Zeit- punkt zwar noch nicht, was mit dem Gelände passieren soll, aber wir wussten, dass wir vonseiten der Stadt etwas machen müssen, um die Entwicklung selbst in der Hand zu haben. Es war uns klar, dass das eine einmalige Chance ist.
Die Bundeswehr ist abgerückt, dafür ist auf dem ehemaligen Fliegerhorstgelände ein großes Gewerbegebiet entstanden. Gab es noch andere Pläne für eine Nutzung? Konrad: Es gab andere Überlegungen und Vorschläge, die wir aber schnell verworfen haben, zum Beispiel eine ADAC-Teststrecke. Auch ein Flugplatz war im Gespräch. Doch auch diese Pläne wurden schnell aufgegeben. Dann war klar, dass es ein interkommunales Gewerbegebiet werden soll.
Wie lief die Umwandlung zu einem Gewerbegebiet? Konrad: Eine Konversion ist eine historische Aufgabe. Das Gelände ist so groß wie das Leipheimer Stadtgebiet. Es gab unzählige Gespräche und Sitzungen. Das war eine schwierige Zeit, zumindest bis wir wussten, wo es hingeht. Ich hatte deshalb einige schlaflose Nächte. Im März 2010 wurde der Zweckverband gegründet und drei Monate später haben die Stadt Leipheim und der Zweckverband das Areal erworben. 2010 wurde der erste Kaufvertrag mit einem Gewerbebetrieb geschlossen.
Sind sie zufrieden mit der Entwicklung? Konrad: Jetzt läuft es besser als gedacht. 90 Prozent der Flächen sind bereits verkauft. 2000 Arbeitsplätze sind anvisiert. Wir haben das Beste aus der Situation gemacht und das hat Leipheim auch nach vorne gebracht.
Wie hat sich die Schließung des Bundeswehr-Standorts auf Leipheim ausgewirkt? Welche Folgen waren zu spüren? Konrad: Die Auswirkungen waren in Leipheim schon Jahre zuvor zu spüren. 1994 wurde der Flugbetrieb eingestellt und nach und nach die Zahl des Personals deutlich reduziert. Zu Hochzeiten gab es ja bis zu 1600 Soldaten und zivile Angestellte, die auf dem Fliegerhorst beschäftigt waren. Die Reduzierung bekam auch Leipheim zu spüren. Ladengeschäfte mussten schließen und die Mitgliederzahlen in den Vereinen sind deutlich zurückgegangen. Die Folgen waren zwar nicht so dramatisch wie gedacht, aber dennoch deutlich zu spüren.
Welche Bedeutung hat der Fliegerhorst heute noch für Leipheim? Konrad: Die Bevölkerung stand immer hinter der Bundeswehr. Dass der Standort geschlossen wurde, hat allen leidgetan. Die Bundeswehr und Leipheim waren eng verwurzelt. Heute ist der Fliegerhorst Vergangenheit, eine Epoche in der Geschichte der Stadt. Allerdings soll noch ein Teil dieser Geschichte erhalten bleiben. Das Fliegerhorstmuseum bewahrt diese Erinnerungen. Und das Offiziersgebäude steht beispielsweise unter Denkmalschutz und soll bestehen bleiben. Mal sehen, wie es genutzt werden kann.