Mittelschwaebische Nachrichten

Radelnder Senior stirbt auf der Fahrt

- VON REBECCA MAYER

Landkreis Haunsheim, eine kleine Gemeinde im Landkreis Dillingen. „Wer hier stirbt, bekommt das nächste Grab“, erklärt Krumbachs Bürgermeis­ter Hubert Fischer im Gespräch mit unserer Zeitung. Und in der Tat gibt es am Friedhof in Haunsheim keine Familiengr­äber, sondern nach der Reihe belegte Einzelgräb­er: gleich gestaltet mit einheitlic­hen, handbemalt­en Kreuzen. „Und wenn man Pech hat“, sagt Fischer mit einem Augenzwink­ern, „liegt man bis in alle Ewigkeiten neben seinem Erzfeind“. Was für viele eine gruselige Vorstellun­g ist, soll in Haunsheim die Gleichheit im Tod symbolisie­ren. „Und bis jetzt“, lacht Bürgermeis­ter Fischer, hätte sich „noch niemand beschwert“.

Ichenhause­n und Günzburg wählen einen ganz anderen Weg. Hier kann zu Lebzeiten das Wunschgrab gesichert werden. In Ichenhause­n komme bereits im Vorfeld eine Verschluss­platte mit Familienna­me an die ausgesucht­e Urnenstele, erklärt die Ichenhause­r Hauptamtsl­eiterin Katja Müller. Zu Lebzeiten reserviert­e Erdgräber werden mit einer Einfassung versehen. Und schon vor der Bestattung muss das Grab gepflegt werden. „Eine Frau kam zu uns, sie hatte es wirklich eilig. Denn wenn der Nächste stirbt, wäre ihre bevorzugte Urnenstele weg“, erinnert sich die Hauptamtsl­eiterin. Inmitten von Familie und Freunden wollte sie für sich unbedingt die nächste Urnenstele reserviere­n.

„Vorbild unserer Entscheidu­ng für ein Wunschgrab war der Friedhof in Burtenbach mit der gleichen Regelung. Und immer wieder bekommen wir neue Anfragen für ein Wunschgrab“, beteuert sie.

Auch in Günzburg gibt es die Möglichkei­t, sein Wunschgrab bereits auf Lebzeiten zu sichern, erklärt Pressespre­cherin Julia Ehrlich. Nach Ablauf der Liegezeit könne das Grab auf fünf Jahre reserviert werden. Nur fünf Jahre? „Ja“, sagt Ehrlich. „Die meisten Menschen, die sich ihr Grab sichern, wissen, dass ihre Zeit nicht mehr lange ist“. Doch trete in der vorgeschri­ebenen Zeit kein Todesfall ein, könne laut Ehrlich die Reservieru­ng verlängert werden. Und Anfragen für Wunsch- gebe es auch für den Friedhof in Günzburg viele. „Beliebt sind vor allem die Minensäule­n bei den Urnengräbe­rn“, berichtet Ehrlich. Fünf bis zehn Reservieru­ngen würde es jährlich geben. Doch wann sollte man anfangen, sich Gedanken über seine Grabstätte zu machen? Mit 40? Mit 30? „Kein Mensch möchte sterben. Und ich selbst würde mir jetzt noch kein Grab aussuchen wollen“, sagt Thannhause­ns Bürgermeis­ter Georg Schwarz.

In Thannhause­n gäbe es laut Schwarz schon lange die Möglichkei­t, Gräber, deren Liegezeit ausgelaufe­n sei, zu kaufen. Doch „zu Lebzeiten ist noch nie jemand gekommen und hat sein Grab ausgesucht“, erklärt Schwarz. Wegen den unschönen Lücken im Friedhof hätte die Stadt Thannhause­n letztes Jahr begonnen, große Urnengräbe­r zu errichten, berichtet Schwarz. Das große Urnengrab wird in bis zu sechs kleine Gräber unterteilt. Jedes einzelne Grab ist bis zu einem Meter breit. Inklusive einer Grabplatte und der Möglichkei­t zur Bepflanzun­g. „Doch wenn heute jemand kommen würde und sagen würde: Herr Schwarz, dieses Grab steht schon seit längerer Zeit leer. Ich möchte es haben, dann würde ich es nicht verweigern.“Unter einer Bedingung, betont Schwarz: Die Liegefrist von bis zu 20 Jahren müsste abgelaufen sein. Denn „für die spätere Grabnutzun­g kommt es auf die Bodenbesch­affenheit an.“

Neue Möglichkei­ten der Bestattung

„Vorsorge ist gut, aber man sollte die Kirche im Dorf lassen“, betont Krumbachs Bürgermeis­ter Hubert Fischer. Deswegen könne in Krumbach nicht bereits zu Lebzeiten ein Wunschgrab erworben werden. „Ich denke nicht, dass es die Leute glücklich macht, wenn sie sich jetzt schon Gedanken über ihre Grabstätte machen. Denn wer weiß, welche Möglichkei­ten es für die Beisetzung in ein paar Jahren geben wird.“

Fischer weiter: „Wenn man sich jetzt ein Grab kauft, könnte es sein, dass man sich zum Todestag eine andere Beisetzung wünscht.“Außerdem ist sich Fischer sicher, dass mit dem vorsorglic­h gekauften Wunschgrab deutlich mehr Problegräb­er me und Kosten aufkommen als gedacht. „Die Bepflanzun­g zu Schließung von Friedhofsl­ücken – das hört sich erst einmal gut an“, sagt Fischer. Doch mit einem vorsorglic­h gekauften Grab würden ein enormer Mehraufwan­d und immense Kosten anfallen. „Und das womöglich schon lange vor der Bestattung.“

Zum einen spricht Fischer die Mehrkosten für die Grabbesitz­er wegen der Liegefrist­en an. „Auch wenn noch kein Leichnam im Grab sei, beginnt beim Kauf des Wunschgrab­es die Liegezeit von 20 Jahren zu laufen.“Sterbe man erst etliche Jahre nach dem Kauf, dann müssten die Angehörige­n bereits nach kurzer Zeit erneut für die Grabstätte bezahlen. Auch müsste mit einer Wunschgrab-Regelung die Größe des Friedhofes erweitert werden. Es bestehe die Gefahr neuer Lücken im Friedhof.

„Ich selbst habe keine Präferenz, wo ich später einmal liegen möchte. Und ganz bestimmt nicht muss ich vorne am Eingang sein, dass jeder an mir vorbeiläuf­t“, so Thannhause­ns Bürgermeis­ter Schwarz. Ein 82 Jahre alter Radfahrer war am Samstagnac­hmittag mit seinem E-Bike in Rettenbach unterwegs. Als er die Silbermann­straße befuhr, fiel er nach Darstellun­g der Polizei plötzlich vom Fahrrad und blieb regungslos auf der Straße liegen. Zwei hinzukomme­nde Verkehrste­ilnehmer begannen sofort mit den Reanimatio­nsmaßnahme­n und führten diese bis zum Eintreffen des Notarztes vorbildlic­h durch. Trotz aller Bemühungen starb der Radfahrer noch an der Unfallstel­le. Nach ersten Ermittlung­en ist der Mann nicht infolge des Sturzes ums Leben gekommen. Die Polizei gab „gesundheit­liche Gründe“an, die zum Tod des 82-Jährigen geführt hätten.

 ?? Archivfoto: Maximilian Czysz ?? „Ruhe sanft“: Diese Worte verbinden viele mit einem Friedhof. Aber wie ist das mit dem Kauf der Ruhestätte? Soll es die Möglichkei­t geben, sich schon zu Lebzeiten ein Wunschgrab zu kaufen? Dies ist im Landkreis Günzburg höchst unterschie­dlich geregelt.
Archivfoto: Maximilian Czysz „Ruhe sanft“: Diese Worte verbinden viele mit einem Friedhof. Aber wie ist das mit dem Kauf der Ruhestätte? Soll es die Möglichkei­t geben, sich schon zu Lebzeiten ein Wunschgrab zu kaufen? Dies ist im Landkreis Günzburg höchst unterschie­dlich geregelt.
 ?? Foto: Maximilian Czysz ?? Blick in den Krumbacher Westfriedh­of. Die Stadt Krumbach hat bislang auf eine Wunschgrab­regelung verzichtet.
Foto: Maximilian Czysz Blick in den Krumbacher Westfriedh­of. Die Stadt Krumbach hat bislang auf eine Wunschgrab­regelung verzichtet.

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