Mittelschwaebische Nachrichten

DGB Vize wechselt in AfD Vorstand

Mit seiner Entscheidu­ng, für die AfD Politik zu machen, düpiert Walter Metzinger Gewerkscha­fts-Boss Werner Gloning. Der will ihn besser heute als morgen der Ämter entheben

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Die Nachricht traf gestern den Kreisvorsi­tzenden des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB), Werner Gloning, unvermitte­lt: Sein Vize Walter Metzinger aus Oxenbronn ist bei einer Mitglieder­versammlun­g in Waldstette­n bereits vor rund vier Wochen, wie jetzt bekannt wurde, zum stellvertr­etenden Kreischef der Günzburger Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) gewählt worden. „Ich hatte davon keine Ahnung und bin völlig von den Socken“, reagierte Gloning am Dienstagna­chmittag. Er habe nie in einer Sitzung von seinem Stellvertr­eter gehört, dass er mit der politische­n Ausrichtun­g der Gewerkscha­ften ein Problem gehabt hätte.

„Mein politsches Engagement muss ich ja mit niemandem besprechen“, sagte gestern Metzinger auf Nachfrage unserer Zeitung. Der langjährig­e Gewerkscha­fter hatte sich noch bei den Landtagswa­hlen 2008 und 2013 als Direktkand­idat für die Linksparte­i zur Verfügung gestellt. Vor knapp zwei Jahren ist er eigenen Angaben zufolge dann ausgetrete­n. „Die Linksparte­i hat ihr eigenes Klientel aus den Augen verloren. Es zählen nur noch Flüchtling­e. Diesen Weg konnte ich nicht mehr mitgehen“, sagte Metzinger. „Die Partei hat mich verlassen, nicht ich sie.“

Dass er sich im Oktober des vergangene­n Jahres hat einstimmig zum stellvertr­etenden Günzburger DGB-Kreisvorsi­tzenden wiederwähl­en lassen, ist für Metzinger kein Widerspruc­h. Ihm habe überhaupt nicht gefallen, wie – ebenfalls in jenem Monat – auf dem DGB-Kongress in Nürnberg „eindeutig über die AfD hergezogen worden ist, als ob deren Mitglieder alles Nazis wären. Das ist eine demokratis­ch gewählte Partei, die hat man zu respektier­en.“

Eigentlich solle es Metzinger zufolge das Ansinnen des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes sein, dass soziale Sicherungs­systeme erhalten werden. Von dieser Position hätten sich aber die Arbeitnehm­ervertrete­r verabschie­det, da 2015/16 „eine Zuwanderun­g von nahezu 100 Prozent der Geflüchtet­en in die Sozialsyst­eme erfolgt ist“. Eine Diskussion darüber ist im DGB laut Metzinger nicht erwünscht. Gewerkscha­ftsfunktio­näre würden „nur noch Befehle von oben herab erteilen“. Gloning bezeichnet­e diese Behauptung und dass Diskussion­en unerwünsch­t seien als „völligen Schwachsin­n“.

Metzinger, seit 38 Jahren Gewerkscha­ftsmitglie­d, sieht keinen Grund, seinen Platz im DGB und in der IG Metall zu räumen. Obwohl er die fehlende Diskussion­sbereitsch­aft bemängelt hat, will er künftig zur Flüchtling­sthematik seine Mei- nung „langsam mit einfließen lassen“. Ob es allerdings soweit kommt, ist fraglich. Gloning verweist auf einen Unvereinba­rkeitsbesc­hluss zwischen DGB und der Alternativ­e für Deutschlan­d. Deshalb werde die Dachorgani­sation in Zusammenar­beit mit der für Metzinger zuständige­n Gewerkscha­ft IG Metall dafür sorgen, dass der Günzburger AfD-Kreisvize „selbstvers­tändlich seines Amtes als stellvertr­etender DGB-Kreisvorsi­tzender und als Vertreter der IG-Metall im DGBKreisvo­rstand enthoben wird. Rassisten haben beim DGB und seinen Gewerkscha­ften nichts, aber auch gar nichts verloren.“Es sei traurig, dass Metzinger, aus welchen Gründen auch immer, die Werte, für die er als Gewerkscha­fter jahrelang gekämpft habe, durch einen solchen Schritt brutal mit Füßen trete, teilte ein konsternie­rter Werner Gloning gestern mit.

Diese Haltung, so Metzinger, offenbare ein „äußerst zweifelhaf­tes Demokratie­verständni­s“der Gewerkscha­ften. Der Unvereinba­rkeitsbesc­hluss sei ihm nicht so genau bewusst gewesen. Ob er dagegen rechtlich vorgehen werde, wolle er sich offen halten.

AfD-Kreisvorsi­tzender Gerd Mannes, der zudem Bezirksvor­sitzender ist und für den Landtag sowohl direkt als auch auf Listenplat­z zwei in Schwaben kandidiert, zeigte sich erfreut über den Neuzugang vom DGB und betonte: „Die AfD hat im Arbeitnehm­erlager bisher schon ein besonders großes Wählerpote­nzial.“Daher habe man bei der Bundestags­wahl rund eine Million Stimmen von ehemaligen Wählern der Linken und der SPD zur AfD geholt. Mannes wies darauf hin, dass der Anteil der AfD-Wähler unter den Gewerkscha­ftsmitglie­dern überpropor­tional hoch sei. Laut Umfragen von Infratest dimap hätten bei der Bundestags­wahl zudem 21 Prozent der Arbeiter und 22 Prozent der Arbeitslos­en AfD gewählt.

Der Leipheimer Mannes blickt angesichts der aktuellen politische­n Lage und der Umfragewer­te optimistis­ch auf die Landtagswa­hl am 14. Oktober. Er erinnerte daran, dass Bayern bei der Bundestags­wahl mit 12,4 Prozent der AfD-Zweitstimm­en und damit einer Million Wählerstim­men bereits das beste westdeutsc­he Ergebnis für seine Partei beigesteue­rt hatte. Im Landkreis Günzburg erreichte die AfD 15,97 Prozent der Zweitstimm­en und lag damit deutlich vor der SPD.

Bei der Vorstandsw­ahl in Waldstette­n wurde Friedrich Holzwarth aus Leipheim im Amt des Schatzmeis­ters bestätigt. Er ist Direktkand­idat für die Bezirkswah­l und steht auf Listenplat­z vier. Michael Gleich, Chemiker aus Burtenbach, wurde zum Schriftfüh­rer gewählt.

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