Mittelschwaebische Nachrichten
Warum Menschen für ihn Glück bedeuten
Welche Menschen dem Leben von Georg Gerhardt, Schulleiter am Ringeisen-Gymnasium in Ursberg, eine glückliche Wendung gaben und welche Rolle ein Füllfederhalter dabei spielt
Glück? Allein das Wort hat die Menschen über die Zeiten hinweg fasziniert. Viele verbinden Glück mit einem speziellen Glücksbringer. Diese Thematik greifen wir in unserer Serie auf. Heute: Georg Gerhardt, Schulleiter am Ringeisen-Gymnasium in Ursberg.
VON GERTRUD ADLASSNIG
Ursberg Georg Gerhardt ist ein glücklicher Mann. Das sagt er von sich selbst. Fragt man ihn, ob er für dieses Gefühl den Beistand eines Glücksbringers in Anspruch nehme, kommt seine Antwort schnell und aus tiefer Überzeugung: „Es sind nicht Dinge, die mir zu meinem Lebensglück verholfen haben, sondern Menschen.“
Ein halbes Dutzend Personen kann Gerhardt benennen, die einen wesentlichen Beitrag zu dem geleistet haben, was er heute ist. Ein erfolgreicher, ausgeglichener Leiter einer sich immer größerer Beliebtheit erfreuenden Schule. Das Ringeisen-Gymnasium in Ursberg ist unter seiner Leitung mit rund 800 Schülern zum drittgrößten Gymnasium im Landkreis geworden. Dennoch ist es bis heute eine unabhängige Einrichtung des Klosters, die sich nicht in die Obhut einer Organisation wie dem Schulwerk begeben hat. Das bedeutet mehr Verantwortung, beispielsweise für das Kollegium. Denn wenn eine Klasse wegfiele, würden Lehrer freigestellt, „anders als an staatlichen Schulen oder den Schulen des Schulwerks haben wir keine Verschiebemöglichkeiten zu anderen Schulen.“
Er sorgt sich um seine Mitarbeiter, so wie die Begleiter seines Lebens für ihn da waren, oft auch nur indirekt. „Den ersten großen Wendepunkt in meinem Leben hat mein Volksschullehrer eingeleitet. Meine Eltern in Asbach-Bäumenheim wä- nicht auf die Idee gekommen, mich aufs Gymnasium zu schicken.“Das war damals noch wenigen vorbehalten. Lehrer Penning war ein strenger Mann. Und wie damals üblich, gab es auch Schläge. „Er hatte riesige Hände, da konnte ein Knirps nach einer Ohrfeige schon über die Bank fliegen. Auch ich habe drei Mal Schläge bekommen.“Aber er hat dennoch den Grundstein zum beruflichen und privaten Glück von Georg Gerhardt gelegt. Er hat den Weg vorgegeben, denn „er hat meinen Eltern erklärt, dass ich aufs Gymnasium gehen soll.“
Die Schulzeit in Donauwörth ist gekennzeichnet durch zwei weitere Weichenstellungen. Wieder sind es Persönlichkeiten, die Gerhardts Zukunft positiv lenken. Er lernt seine künftige Frau Ursula kennen, deren pädagogische Begeisterung einmal der seinen gleichkommen wird und mit der er eine glückliche und stabile Familie gründet, die ihm eine stete Quelle privaten Glücks beschert. Doch zunächst geht es dem jugendlichen Gerhardt wie allen jungen Menschen, er sucht nach seiner Bestimmung, welcher Beruf wird es werden?
Es ist sein Mathelehrer, der ihn, der zunächst in Richtung Maschinenbau tendiert, auf seine Fähigkeiten hinweist, in ihm einen guten Lehrer erkennt. „Das war ein glücklicher Umstand, ich verdanke meinem damaligen Lehrer sehr viel.“An der Uni in München studiert er Mathematik und Physik, schließt mit dem ersten Staatsren examen ab und kommt als Referendar an das dortige Asam-Gymnasium: Noch kennt er nur die wissenschaftliche Seite seines künftigen Berufs. Jetzt muss er lernen, wie diese Inhalte an Schüler vermittelt werden. Es ist die Ausbildungszeit, die wesentlich über beruflichen Erfolg, über Erfüllung im Lehrerberuf entscheidet. „Und wieder war es eine ganz besondere Persönlichkeit, die mir bei meinem Lebensglück weitergeholfen hat. Der Seminarlehrer hieß Siegfried Kühnel.“Gerhardt hat seinen Namen bis heute nicht vergessen. „Er war Schulbuchautor und ein wunderbarer Didakt. Alles, was ich heute kann, habe ich von ihm gelernt.“Doch das reichte damals nach dem zweiten Staatsexamen nicht aus, um eine Stelle an einer staatlichen Schule zu bekommen: Mathe- und Physiklehrer wurden nicht gebraucht. „Für mich hieß das, Arbeit in der Wirtschaft suchen. Und ich bekam tatsächlich einen Arbeitsvertrag bei BMW in München. Arbeit ja, Glück nein. Ich wollte nicht in die Stadt. Ich wollte als Lehrer arbeiten, das war und ist meine Berufung. Und deshalb gab ich nicht auf.“
In Bayern gibt es neben den staatlichen Schulen zahlreiche Gymnasien in privater oder kirchlicher Trägerschaft. Georg Gerhardt machte sich daran, sich bei diesen zu bewerben. Es kamen viele Absagen, aber die Ursberger meldeten sich überhaupt nicht. „Da habe ich einfach angerufen. Und die Antwort war ebenso überraschend wie erfreulich. Generalvikarin Schwester Christiane Schrom sagte ganz einfach: „Sie schickt der Himmel!“Seine schriftliche Bewerbung war bei ihr nicht angekommen und sie suchte händeringend einen Mathe-Physik-Lehrer. „Zur rechten Zeit am rechten Ort, auch das kann Glück begründen.“Seinen BMW-Vertrag konnte er an einen Seminar-Kollegen weitergeben, der gerne in München bleiben wollte.
Seither hat er, versichert Georg Gerhardt, der sein ganzes bisheriges Berufsleben im Ringeisen-Gymnasium verbracht hat und die Schule seit 1997 leitet, viele Begleiter gefunden, allen voran Schwester Katarina Wildenauer, die als Generalvikarin und nun als Generaloberin gemeinsam mit ihm die Geschicke des Gymnasiums bestimmt.
Aber, so verrät Georg Gerhardt schließlich doch noch, auch wenn er Menschen als Glücksbringer sehe, so gebe es doch einen Gegenstand, der sein Vademecum sei: Der wertvolle gravierte Füllfederhalter, den er von seinen Eltern zum Staatsexamen bekommen hatte, und der seither immer dann zum Einsatz kommt, wenn es ernst und feierlich wird, etwa beim Unterzeichnen der Abiturzeugnisse.