Mittelschwaebische Nachrichten
Luxusartikel auf vier Beinen
Christoph Mayer will neue Wege gehen und eine Zucht mit den teuersten Rindern der Welt aufbauen
Günzburg Er ist dunkel wie die Nacht, das Fell glänzt seidig, ein Bild von einem Ochsen. Fehlt nur ein Name für das Prachtexemplar. Ginge es nach Christoph Mayers kleinen Töchtern, hieße er vermutlich Prinz Hans oder Eric, passend zu den Kühen, die sie nach ihren Lieblings-Disneyfiguren Elsa und Arielle taufen würden. In Mayers Augen braucht es keinen Namen, stolz ist er auch so auf sein schönstes Tier, das viel feiner sei. Kein Wunder, ist es doch Teil einer außergewöhnlichen Rasse. Wagyu-Rinder sind nicht nur selten, sondern besonders edel und teuer. Ihr Fleisch gilt unter Kennern als Delikatesse und Luxusprodukt. Der 38-jährige Mayer hat einen ehrgeizigen Plan: Er will langfristig nicht nur das Fleisch der Tiere verkaufen, sondern in erster Linie eine Zucht aufbauen. Und das ganz nebenbei.
Hauptberuflich ist der verheiratete Familienvater Maschinenbauer. An fünf Tagen in der Woche ist er beruflich außer Haus. Den Hof im Günzburger Stadtteil Denzingen hat er von seinen Eltern übernommen, führt ihn im Nebenerwerb weiter. „Alles eine Sache der Organisation“, sagt er. Er sei moderner eingestellt, wolle trotz der Arbeit nicht auf Freizeit und Familie verzichten. Er hat schon einiges umgekrempelt. Während andere Landwirte immer größere Ställe mit immer mehr Tieren aufbauen, hat Mayer kontinuierlich abgebaut. Bis vor ein paar Jahren hatte er im Stall über 100 Mastrinder stehen. „Aber das war’s nicht“, fand Mayer. Manchmal sei weniger mehr. Wie sein Vater einst gerne experimentiert habe und in den 90erJahren zu den Ersten im Landkreis zählte, der für 100 Kühe einen Melkstand hatte, so wollte auch der Junior „etwas Besonderes, was keiner macht“. Viele hätten ihn für verrückt erklärt. Ihm war es egal, er verkaufte das Mastvieh, vermietete einen Teil der Ställe und fing „im Geheimen“an, seinen Traum von der Wagyu-Zucht umzusetzen.
Er ließ einer ganz gewöhnlichen Braunvieh-Dame den Embryo der edlen Rasse einsetzen, sie fungierte als Leihmutter und brachte etwa 280 Tage später das erste Wagyu-Kälbchen zur Welt. Der Anfang war gemacht, inzwischen hat Mayer auf seinem Hof 19 Tiere stehen, das Jüngste kam am 27. April auf die
Welt. Acht davon sind Rinder mit reinem Wagyu-Blut, bei dem Rest handelt es sich um sogenannte
Kreuzungen. Sie sind dafür da, den Nachwuchs auszutragen und den Metzger seines Vertrauens, die Metzgerei Klein in Straß zu bedienen. Denn die bekam schnell Wind davon und zeigte sofort Interesse, das edle Fleisch den Kunden anbieten zu können. Mayer tut ihnen den Gefallen, lässt zweimal im Jahr schlachten, in Kürze ist es wieder so weit. Das Fleisch wird teuer verkauft, vor allem bei Grillliebhabern steht es hoch im Kurs. Mayer hat es selbst schon gekauft und getestet, seine Frau Birgit war begeistert, „eigentlich will man kein anderes Fleisch mehr essen“. Er selbst gibt zu, kein Rindfleisch-Fan zu sein, Würstchen seien ihm lieber. Die kostbaren reinen Wagyus dürfen ohnehin weiter auf seinem Hof leben, „sie wären zu schade zum Schlachten“. Für sie gilt: je reifer, umso besser. 30 Monate sollten sie mindestens sein, bevor sie unters Messer kommen, sonst hat sich nicht genügend Fett eingelagert, erklärt Mayer.
Und so genießen die Rinder bei ihm ein Leben, wie es schöner kaum sein könnte. In jeder Box des Offenstalls, in denen sich einst ein halbes Dutzend der Mastrinder auf den Füßen herumstand, kann sich ein Tier alleine breitmachen. Die Kälbchen bleiben ein Dreivierteljahr bei der Mutter, dürfen ihre Milch genießen. Später wird nur Gras verfüttert, Mais würde das Fett im Fleisch gelb machen. „Alles ist ganz natürlich.“Worüber er besonders glücklich ist: Seit Kurzem können sich die Tiere nicht nur auf den Obstwiesen hinterm Haus austoben, sondern auf einer 2,5 Hektar großen Weide im Günztal. Die Ackerflächen hat er gepachtet. Bisher läuft alles nach Plan. Im weiten Umkreis ist er der Einzige mit einer Wagyu-Herde, deutschlandweit einer von 140 Züchtern und Haltern. „Wenn ich das etablieren und vermarkten kann, wäre das eine tolle Sache.“