Mittelschwaebische Nachrichten
Bibertal im Ausnahmezustand
Die Musikkapelle Lyra Echlishausen-Bühl richtet das Bezirksmusikfest aus. Welche Herausforderungen zu meistern sind und was an den drei Tagen geplant ist
Echlishausen Es ist das Jahr der Jubiläen in Bibertal: Der Musikverein Bühl wird 165 Jahre alt, die Musikkapelle Lyra Echlishausen besteht seit 90 Jahren, und zusammen als ein Verein treten beide Musikgruppen seit 15 Jahren auf. Darüber hinaus besteht die Gemeinde Bibertal heuer seit 40 Jahren. Grund genug also, einmal eine „Mammutveranstaltung“auf die Beine zu stellen, wie es Vereinsvorsitzender Daniel Klingler ausdrückt. Drei Tage lang richtet der Verein ab Fronleichnam erstmals in seiner Geschichte das Bezirksmusikfest in Echlishausen aus.
Wie es 1853 mit der Blasmusik in Bühl anfing und was in den Jahren darauf so passierte, können die heutigen Vereinsmitglieder gar nicht sagen. Eine Chronik hätten sie vergeblich für ihre Festschrift gesucht, bedauert Schriftführer Manuel Götz. Vorsitzender Daniel Klingler weiß nur, dass sich die Musiker der Kapelle Lyra Echlishausen, die 1928 ins Leben gerufen wurde, wohl auf dem ein oder anderen Bauernhof trafen. Wer mitproben wollte, musste einen kleinen Obulus abtreten, Noten mussten ebenfalls aus eigener Tasche bezahlt werden. Irgendwann lief es dann nicht mehr so recht bei den Bühler Blasmusikern, die Vereinsmitglieder wurden immer weniger und älter, zwischen der jungen und alten Generation klaffte ein riesiges Loch, es mangelte zu Beginn der 2000er Jahre an Nachwuchs und schließlich auch an einem Dirigenten, dass die Kapelle nicht mehr in der Lage war, öffentliche Auftritte zu bestreiten. Weil es den Echlishausern nicht viel besser ging, machten beide Kapellen gemeinsame Sache.
Seit Oktober 2003 treten beide gemeinsam auf, der damalige Echlishauser Vorsitzende Stefan Klingler wagte dann den nächsten Schritt und besiegelte die musikalische Verbindung der Bibertaler Ortsteile auch offiziell in einem Verein. Seitdem läuft vieles anders und besser, die „Löcher“seien gestopft, aktuell stehen auf dem Papier 160 Mitglieder, 40 spielen aktiv. Stefan Klingler ist mit seinen gerade mal 45 Jahren der Dienstälteste, Sohn Julian mit 14 am kürzesten dabei. Der Vorsitz ist seit bald zwei Jahrzehnten fest in Klingler-Hand, inzwischen hat Stefans Bruder Daniel die Vereinsgeschicke übernommen. Während der Familienältere schon an diversen Bezirksmusikfesten teilgenommen hat, ist es jetzt der Jüngere, der selbst eins ausrichtet. Drei Jubiläen seien der passende Anlass und Zeitpunkt, „um die Blasmusik in Bibertal und darüber hinaus bekannter zu machen“, fand der Vorsitzende. Denn Blasmusik sei weitaus mehr als nur „Humpa Humpa“und anschließend bei einem Bierchen zusammenzusitzen. „Wenn uns mal der Nachwuchs ausgeht, sitzen wir irgendwann auf den Festen und hören nur noch Musik aus der Box.“Also holte sich der Verein schon vor eineinhalb Jahren bei der Bezirksversammlung des Allgäu Schwäbischen Musikbundes (ASM) die Genehmigung und begann das Fest zu planen. Bürgermeister Oliver Preußner wurde als Schirmherr ins Boot geholt, für ihn ebenfalls Neuland, aber durchaus willkommen. „Es trifft sich sehr gut, da wir das Jubiläum der Gemeinde bewusst nicht feiern wollten und jetzt trotzdem ein großes Fest haben.“Sein Vorgänger Robert Strobel, aktueller Bezirksvorsitzender des ASM, klärte ihn auf, „was das für eine Herausforderung bedeutet“. Zu meistern sei sie nur mit tatkräftiger Unterstützung aller.
Und so rührten die Musiker kräftig die Werbetrommel, verteilten Flyer, klingelten an Haustüren und rekrutierten Helfer. 160 Ehrenamtliche, und damit fast jeder Vierte im Dorf, machen mit. „Der Zusammenhalt ist groß“, freut sich der Bürgermeister. Die einen haben riesige Strohpuppen am Ortseingang aufgestellt, die anderen zahllose Herzen aus Holz gesägt und bemalt, mit denen sie das Festzelt hinter der Kirche schmücken. Eingebaut wird extra ein Holzfußboden, damit es bei Regen nicht ungemütlich wird.
Ab Fronleichnam herrscht im Ort dann Ausnahmezustand, ist sich Daniel Klingler sicher. Für den Festumzug haben sich 16 Kapellen und an die 450 Musiker angekündigt.