Mittelschwaebische Nachrichten
Musik weckt Erinnerungen
Die Kerber-Familie demonstriert einen großen musikalischen Horizont
Krumbach An diesem Konzertabend im Munding-Saal würde nicht allein die Musik im Mittelpunkt stehen, das war allen klar. Wenn die Kerber-Familie, Inbegriff allgäuschwäbischer Musikpflege, in Krumbach gastiert, so bedeutet dies ihre Rückkehr zu den Wurzeln. In Krumbach begann im Herbst 1970 der musikalische Höhenflug, nachdem Karl Kling die Kerbers dazu bewogen hatte, ihren Bauernhof in Hinterreute zu verlassen und in Mittelschwaben eine Sing- und Musikschule zu gründen. Es folgten fünf intensive und produktive Jahre in Krumbach. Danach gründeten die Kerbers Musikschulen in Oberstdorf und Immenstadt, trugen viel bei zur Wiederentdeckung alter Instrumente der Volksmusik, komponierten zahlreiche Titel aus dem Geist der allgäu-schwäbischen Volksmusik und all dies auf höchstem Niveau. Die Wiederbegegnung mit der alten Wirkungsstätte, der Austausch mit ehemaligen Schülern, das Schwärmen in Erinnerungen, das war beim Auftritt der KerberFamilie im Munding-Saal das eine. Das andere war natürlich die Musik. Aber welches Programm würden die Kerbers den Krumbachern bieten? Sie begannen wie bei einer echten Hausmusik damit, erst einmal nach Titeln und Liedern zu suchen. Kein Programm zu haben, das hatte hier seine Logik und dennoch ergab sich eins ums andere so folgerichtig, als wären die Musiktitel planmäßig zusammengestellt worden.
„Überm Wolkenmeer“oder „Abend am Paradies“sind Kompositionen, zu denen sich Jutta Kerber durch die zauberhafte Stimmung in Hinterreute hat inspirieren lassen. Man spürt in dieser Musik förmlich die Höhe und Weite, die Stille und die Entrücktheit dort oben. Und dazu gesellt sich das Ziehen und Verwirbeln der Nebelschwaden, von Markus Kerber an der Flöte ungemein innig und klangschön interpretiert, oder das Leuchten der Sterne am Firmament.
Dr. Georg Simnacher hatte Jutta Kerber den großen schwäbischen Mundartdichter Hyazinth Wäckerle ans Herz gelegt. Es entstand eine Reihe von Vertonungen, die wie so viel anderes von den Kerbers seinerzeit als Langspielplatte erschien. Melanie Hagspiel trug drei Titel daraus vor, unter anderem „Zwischadrei’ a Liedle“. Es war eine Freude zu erleben, wie die Sängerin mit schöner Stimme, kluger Betonung und klarer Sprache den aufmunternden Charakter dieses Liedes auslebte.
Der „Obersdorfer Jodlergruß“diente der Erinnerung an die Gründung der Musikschulen im Allgäu, der Einsatz von Scherrzither und Böhmischem Bock demonstrierte das Anliegen der Kerbers, alte Instrumente wieder zu ihrem Recht kommen zu lassen. Ein Bläserjodler ganz am Schluss erinnerte an das Wirken des 2013 verstorbenen Ferdl Kerber. All die Talente der Kerbers kamen in diesem Konzert zum Tragen: das kompositorische Geschick von Jutta und Andreas Kerber, Markus Kerbers phänomenale Beherrschung der Blasinstrumente, Martin Kerbers Qualitäten als Moderator und harmonischer Mittelpunkt an der Zither. Multitalent Hansjörg Gehrig, an vielen Instrumenten zu Hause, hat sich mittlerweile bei den Kerbers unentbehrlich gemacht. Am Ende des Konzerts konnte Evi Heigl, Leiterin der Volksmusikberatungsstelle in Krumbach, resümieren, dass es gelungen sei, an eine wichtige und ertragreiche Phase im Musikleben Krumbach durch Gespräche, Bilder und Musizieren zu erinnern.