Mittelschwaebische Nachrichten

Eine Perspektiv­e für die Markgrafen­straße

Wie Quartiersm­anagerin Birgit Baumann das Viertel im Norden Krumbachs voranbring­en will. Manchmal tut es schon gut, Kindern einfach etwas vorzulesen

- VON REBECCA MAYER

Krumbach Häuser in schlechtem Zustand, die Wände bröckeln. In vielen Wohnungen gibt es im Stadtviert­el im Bereich der Markgrafen­straße keine Zentralhei­zungen. Ein sozialer Brennpunkt im Norden von Krumbach, ein Stadtteil mit erhebliche­m Entwicklun­gsbedarf. Eine Straße, um die viele Leute lieber einen großen Bogen machen. „Die meisten Menschen trauen sich nicht in die Markgrafen­straße“, sagt Quartiersm­anagerin Birgit Baumann im Gespräch mit unserer Zeitung. „Und das, obwohl die Lage direkt an der Kammel mit den vielen Radwegen und Sitzmöglic­hkeiten einfach toll ist.“

Birgit Baumann ist Quartiersm­anagerin in Krumbach und durch ihre Arbeit mit den Bewohnern der Markgrafen­straße sehr vertraut. Wie die Menschen dort leben, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben und wie Vorurteile abgebaut werden, erklärt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Menschen, die dort leben, beschreibt Birgit Baumann als „einfach freundlich.“Sie seien offen, zuvorkomme­nd und wirklich gute Gastgeber. „Jedes Mal, wenn ich dort bin, werde ich von einer anderen Familie zum Essen eingeladen“, sagt Baumann. Und genauso wie in anderen Wohngebiet­en würden die Bewohner der Markgrafen­straße draußen beim Grillen sitzen.

Doch was macht einen Besuch einer Quartiersm­anagerin aus? Was steckt überhaupt hinter dem rätselhaft­en Wort: Quartiersm­anagement? Birgit Baumann schmunzelt: „Unter meinem Beruf, ja – da können sich nur die Wenigsten etwas vorstellen.“Sie erklärt, dass sich das Wort Quartier vom französisc­hen Wort Quartier ableite und übersetzt Stadtviert­el bedeute. „Bei meiner Arbeit geht es um die Förderung von Stadtviert­eln mit besonderem Entwicklun­gsbedarf. Vereinfach­t gesagt, bin ich das Bindeglied zwischen Stadt und Mensch“, berichtet Baumann. „Ich bringe Menschen, die Hilfe brauchen, mit Menschen, die helfen können zusammen und versuche Lösungen zu finden.“Und wenn es um das Thema Markgrafen­straße geht, sucht Birgit Baumann unter anderem eine Lösung für den Abbau der Hemmschwel­len und der Vorurteile.

Der Migrations­anteil im Bereich der Markgrafen­straße sei relativ hoch und eine gewisse Zurückhalt­ung der Bürger ist gegenüber dem gesamten Gebiet zu erkennen. „Viele Krumbacher haben Berührungs­ängste, wenn es um das Thema Markgrafen­straße geht.“Es sei die Angst, so Birgit Baumann. Die Angst vor Unbekannte­m. Die Angst vor anderen Kulturen. „Und natürlich auch, weil die Wohnungen herunterge­kommen sind.“So berichtet Baumann, dass die Wohnungen in einem schlimmen Zustand seien. „Wer den deutschen Standard ge- ist, kann sich nicht vorstellen, wie die Menschen dort leben.“Nachtspeic­heröfen, Gasbrenner, schlechte Isolierung. Von einer Zentralhei­zung fehlt jede Spur. „Eine Familie“– erzählt Baumann – „ein Holzofen steht im Wohnzimmer und ein kleinerer im Bad. Damit heizen sie die gesamte Wohnung.“Aber, die Wohnungen sind billig, erklärt Baumann.

Die Markgrafen­straße: Ein Wohngebiet, das sich von den anderen Stadtviert­eln in Krumbach abtrennt? „Na ja, es geht schon ein bisschen in die Richtung,“sagt die Quartiersm­anagerin. Doch wenn die Krumbacher den Kontakt zu den Menschen in der Markgrafen­straße suchen würden und ihre Ängste abbauen, sei schon viel getan. „Und gerade mit unserer Spielstraß­enaktion hoffen wir, die Vorurteile der Bürger abzubauen.“Seit zwei Jahren werde der Radweg entlang der Kammel im Gebiet der Markgrafen­straße in eine große Spielstraß­e verwandelt, erklärt Birgit Baumann. „Eine Reise um die Welt“, lautet das Motto der diesjährig­en Spielstraß­enaktion, die am Sonntag, den 10. Juni stattfinde­t. Und jeder, der sich ehrenamtli­ch engagieren möchte, könne sich bei Birgit Baumann melden.

„Eine Unterstütz­ung beim Elternspre­chtag beispielsw­eise, denn die Eltern verstehen oftmals gar nicht, was die Lehrer ihnen sagen wollen.“Es ginge darum, so Baumann, den Kindern und Eltern die deutsche Kultur und Sprache näherwöhnt zubringen. „Und den Kindern“, sagt Baumann, „tut es so gut, wenn man ihnen nur etwas vorliest.“Auch berichtet Baumann über ein geplantes Projekt mit dem Kinderschu­tzbund: „Kulturpart­ner oder Kulturteam. Es geht um Erwachsene, die sich regelmäßig mit einem Kind treffen und ihm zum Beispiel Nachhilfe geben.“

Weiter erzählt die Quartiersm­anagerin über das interkultu­relle Frühstück. Einmal im Monat würden sich Frauen und Männer aller Kulturen im Bürgerhaus treffen. Und da Liebe bekanntlic­h durch den Magen geht, würden die Menschen bei Speisen aus aller Welt ins Gespräch kommen und merken, dass doch jeder die gleichen Sorgen und Alltagspro­bleme hat.

 ?? Foto: Rebecca Mayer ?? Schwierige Wohnraumsi­tuation, in der Bevölkerun­g ein hoher Anteil von Menschen mit Migrations­hintergrun­d: Das Viertel rund um die Markgrafen­straße im Norden Krum bachs gilt als Bereich mit besonderem Entwicklun­gsbedarf.
Foto: Rebecca Mayer Schwierige Wohnraumsi­tuation, in der Bevölkerun­g ein hoher Anteil von Menschen mit Migrations­hintergrun­d: Das Viertel rund um die Markgrafen­straße im Norden Krum bachs gilt als Bereich mit besonderem Entwicklun­gsbedarf.

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