Mittelschwaebische Nachrichten
Eine Perspektive für die Markgrafenstraße
Wie Quartiersmanagerin Birgit Baumann das Viertel im Norden Krumbachs voranbringen will. Manchmal tut es schon gut, Kindern einfach etwas vorzulesen
Krumbach Häuser in schlechtem Zustand, die Wände bröckeln. In vielen Wohnungen gibt es im Stadtviertel im Bereich der Markgrafenstraße keine Zentralheizungen. Ein sozialer Brennpunkt im Norden von Krumbach, ein Stadtteil mit erheblichem Entwicklungsbedarf. Eine Straße, um die viele Leute lieber einen großen Bogen machen. „Die meisten Menschen trauen sich nicht in die Markgrafenstraße“, sagt Quartiersmanagerin Birgit Baumann im Gespräch mit unserer Zeitung. „Und das, obwohl die Lage direkt an der Kammel mit den vielen Radwegen und Sitzmöglichkeiten einfach toll ist.“
Birgit Baumann ist Quartiersmanagerin in Krumbach und durch ihre Arbeit mit den Bewohnern der Markgrafenstraße sehr vertraut. Wie die Menschen dort leben, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben und wie Vorurteile abgebaut werden, erklärt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Menschen, die dort leben, beschreibt Birgit Baumann als „einfach freundlich.“Sie seien offen, zuvorkommend und wirklich gute Gastgeber. „Jedes Mal, wenn ich dort bin, werde ich von einer anderen Familie zum Essen eingeladen“, sagt Baumann. Und genauso wie in anderen Wohngebieten würden die Bewohner der Markgrafenstraße draußen beim Grillen sitzen.
Doch was macht einen Besuch einer Quartiersmanagerin aus? Was steckt überhaupt hinter dem rätselhaften Wort: Quartiersmanagement? Birgit Baumann schmunzelt: „Unter meinem Beruf, ja – da können sich nur die Wenigsten etwas vorstellen.“Sie erklärt, dass sich das Wort Quartier vom französischen Wort Quartier ableite und übersetzt Stadtviertel bedeute. „Bei meiner Arbeit geht es um die Förderung von Stadtvierteln mit besonderem Entwicklungsbedarf. Vereinfacht gesagt, bin ich das Bindeglied zwischen Stadt und Mensch“, berichtet Baumann. „Ich bringe Menschen, die Hilfe brauchen, mit Menschen, die helfen können zusammen und versuche Lösungen zu finden.“Und wenn es um das Thema Markgrafenstraße geht, sucht Birgit Baumann unter anderem eine Lösung für den Abbau der Hemmschwellen und der Vorurteile.
Der Migrationsanteil im Bereich der Markgrafenstraße sei relativ hoch und eine gewisse Zurückhaltung der Bürger ist gegenüber dem gesamten Gebiet zu erkennen. „Viele Krumbacher haben Berührungsängste, wenn es um das Thema Markgrafenstraße geht.“Es sei die Angst, so Birgit Baumann. Die Angst vor Unbekanntem. Die Angst vor anderen Kulturen. „Und natürlich auch, weil die Wohnungen heruntergekommen sind.“So berichtet Baumann, dass die Wohnungen in einem schlimmen Zustand seien. „Wer den deutschen Standard ge- ist, kann sich nicht vorstellen, wie die Menschen dort leben.“Nachtspeicheröfen, Gasbrenner, schlechte Isolierung. Von einer Zentralheizung fehlt jede Spur. „Eine Familie“– erzählt Baumann – „ein Holzofen steht im Wohnzimmer und ein kleinerer im Bad. Damit heizen sie die gesamte Wohnung.“Aber, die Wohnungen sind billig, erklärt Baumann.
Die Markgrafenstraße: Ein Wohngebiet, das sich von den anderen Stadtvierteln in Krumbach abtrennt? „Na ja, es geht schon ein bisschen in die Richtung,“sagt die Quartiersmanagerin. Doch wenn die Krumbacher den Kontakt zu den Menschen in der Markgrafenstraße suchen würden und ihre Ängste abbauen, sei schon viel getan. „Und gerade mit unserer Spielstraßenaktion hoffen wir, die Vorurteile der Bürger abzubauen.“Seit zwei Jahren werde der Radweg entlang der Kammel im Gebiet der Markgrafenstraße in eine große Spielstraße verwandelt, erklärt Birgit Baumann. „Eine Reise um die Welt“, lautet das Motto der diesjährigen Spielstraßenaktion, die am Sonntag, den 10. Juni stattfindet. Und jeder, der sich ehrenamtlich engagieren möchte, könne sich bei Birgit Baumann melden.
„Eine Unterstützung beim Elternsprechtag beispielsweise, denn die Eltern verstehen oftmals gar nicht, was die Lehrer ihnen sagen wollen.“Es ginge darum, so Baumann, den Kindern und Eltern die deutsche Kultur und Sprache näherwöhnt zubringen. „Und den Kindern“, sagt Baumann, „tut es so gut, wenn man ihnen nur etwas vorliest.“Auch berichtet Baumann über ein geplantes Projekt mit dem Kinderschutzbund: „Kulturpartner oder Kulturteam. Es geht um Erwachsene, die sich regelmäßig mit einem Kind treffen und ihm zum Beispiel Nachhilfe geben.“
Weiter erzählt die Quartiersmanagerin über das interkulturelle Frühstück. Einmal im Monat würden sich Frauen und Männer aller Kulturen im Bürgerhaus treffen. Und da Liebe bekanntlich durch den Magen geht, würden die Menschen bei Speisen aus aller Welt ins Gespräch kommen und merken, dass doch jeder die gleichen Sorgen und Alltagsprobleme hat.