Mittelschwaebische Nachrichten
Im Vatikan stürmen jetzt Frauen
Im Kampf, der mit dem letzten Einsatz der Kräfte, mit Verbissenheit und Zähigkeit geführt wird, verschwindet die Anmut der Weiblichkeit, erleiden Körper und Seele der Frau unweigerlich Schaden.
(Aus einem Beschluss des Deutschen Fußball-Bundes, der 1955 den Frauenfußball verboten hat.)
Nun, da am 10. Juni eine der letzten Frauenfußball-freien Bastionen fällt, ist noch einmal Gelegenheit, daran zu erinnern, woher das Frauenspiel im aufgeklärten und modernen Kontinental-Europa kommt. Aus dunkler Zeit nämlich. Bis 1970 verbot der Deutsche Fußball-Bund Frauen, in Vereinen zu spielen. Noch in den 70er Jahren regierten Betonköpfe den deutschen Fußball. Eine radikalkonservative Funktionärsclique, die beim Bankett der Weltmeister von 1974 die Spielerfrauen vor die Tür schickte. 1989 gab es für die deutschen Europameisterinnen als Siegprämie Kaffeegeschirr und Bügelbretter.
Nirgendwo aber hatten es Frauen, die nach der Arbeit kicken wollten, schwerer als im Vatikan. Erst recht, wenn sie organisiert dem Ball hinterher laufen wollten. Da wittert der kleinste Staat der Welt schnell Unterwanderung, Moderne und Umsturz. Natürlich ist das nicht gegen den Fußball gerichtet, der in Italien ja selbst Religion ist. Praktizieren aber durften bislang nur Männer. Um die Schweizergardisten, päpstlichen Räte und Museumswächter zum Laufen zu bringen, hat der Vatikan sogar den Nationalheiligen Giovanni Trapattoni verpflichtet. Auch einen dreijährigen Sponsorenvertrag mit einem Weingut winkte das päpstliche Marketing durch.
Doch die erhofften Erfolge sind ausgeblieben. Das höchste der Gefühle war ein 0:0 gegen den FußballWinzling Monaco, das die 1:8-Pleite gegen die Traditions-Elf von Borussia Mönchengladbach allerdings nicht aufwog. Mit den Männern im Vatikan ist nichts zu gewinnen. Jetzt sollen es die Frauen richten. 89 Jahre nach der Unabhängigkeit von Italien findet auf der Sportanlage Pio XI, die bislang den Herren-Kickern vorbehalten war, ein Frauen-Fußballspiel statt. Sie haben die Unterstützung ihres Chefs Jorge Bergolio, besser bekannt als Franziskus. Der ehemalige Torhüter und amtierende Papst ist als Argentinier nicht nur Fußball-Fan sondern auch zahlendes Mitglied seines Heimatvereins San Lorenzo. Es bewegt sich also etwas im Vatikan.