Mittelschwaebische Nachrichten
In Günzburg läuft’s, doch die Ferne ruft
Sarah-Marie Fickel hat ihre Ausbildung am Bezirkskrankenhaus beendet. Eigentlich läuft alles nach Plan – doch jetzt möchte sie einen entwicklungspolitisches Jahr in Palästina machen. Wie sie sich darauf vorbereitet
Günzburg Wann ist der richtige Zeitpunkt für das „gap year“? Ein Jahr etwas anderes erleben: Viele wählen dafür das Jahr nach ihrem Schulabschluss. Doch Sarah Marie Fickel aus Günzburg sagt, damals hat sie sich das noch nicht getraut. Außerdem möchte sie ihre Zeit sinnvoll einsetzen und vor Ort einen Mehrwert schaffen – und dafür hätten ihr einfach noch die Fähigkeiten gefehlt. „Jetzt hast du Abi, kannst aber nichts“, hat sie sich gedacht. Deshalb wollte sie erst eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin am Bezirkskrankenhaus Günzburg machen. Die ist nun fertig, Sarah-Marie hat eine Festanstellung in einer Station, die ihr gefällt. Freunde haben sie gefragt, wieso sie das alles aufgeben möchte – doch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt ist für sie keine einfache. Jetzt sei sie noch unabhängig und für niemanden verantwortlich. Ab August leistet sie zwölf Monate einen entwicklungspolitischen in Palästina. Die 24-Jährige ist auf das Projekt x-change der Diakonie BadenWürttemberg gestoßen, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Rahmen des Programms Weltwärts gefördert wird.
Sie wird das Jahr über in einer Einrichtung namens Sternberg arbeiten, der sich auf dem gleichnamigen Hügel befindet. Dort betreut sie körperlich und geistig behinderte Kinder. Ihr ist es wichtig, die „europäische Standardsicht“eine Weile aufzugeben und die Perspektive eines anderen Landes anzunehmen.
In letzter Zeit haben sich die Konflikte in Palästina wieder verschärft. Als Donald Trump vor wenigen Wochen die amerikanische Botschaft nach Jerusalem verlegt hatte, starben bei gewaltsamen Protesten Dutzende Menschen. Auf die Frage, ob sie denn keine Angst habe, überlegt Sarah-Marie eine Weile. „Eigentlich nicht“, sagt sie. Zwar sei die Sicherheitslage in dem Gebiet kritisch, doch man könne sich da- rauf verlassen, dass Einheimische einen vor gefährlichen Situationen warnen. Außerdem sei sie ja nicht im Gazastreifen, wo es besonders gefährlich ist – da komme man sowieso nicht rein. Und überhaupt: Wo ist es denn absolut sicher? Ganz neu ist das Land für sie ohnehin nicht. Schon im Sommer vergangenen Jahres ist sie nach Palästina geFreiwilligendienst reist. Während ihres Aufenthalts in der Stadt Hebron gab es Schusswechsel auf offener Straße.
Insgesamt zahlt ihre Entsendeorganisation mehr als 4000 Euro pro Monat für ihre Unterbringung, die Flüge, das Visum und so weiter, sagt sie. Vor Ort erhält sie ein Taschengeld von 250 Euro pro Monat – doch das muss sie selbst im Vorfeld mit Spenden finanzieren. Das bedeutet, dass sie etwa 3000 Euro Spenden benötigt. Sie hat einen Blog eingerichtet, auf dem sie ihre Vorbereitungen beschreibt und ihre Freunde und Familie während ihres Aufenthalts auf dem Laufenden halten möchte. Ihre Internetseite zeigt einen Timer, der die Tage bis zur Reise zählt – heute sind es noch 82.