Mittelschwaebische Nachrichten
„Das hätte ich nicht erfinden können“
Die Mindelheimer Autorin Tina Schlegel hat ein mal lustiges, mal anrührendes Buch mit Geschichten über sich und ihre Tochter veröffentlicht
Mindelheim An ihrem ersten Krimi „Schreie im Nebel“hat unsere Mitarbeiterin Tina Schlegel aus Mindelheim gerade einmal rund drei Wochen geschrieben. Mehr als drei Jahre waren es dagegen bei ihrem neuesten Buch, einem schmalen Bändchen mit dem Titel „Lametta für ein ganzes Jahr“. Das liegt allerdings nicht daran, dass der Stoff so schwer zu Papier zu bringen gewesen wäre. Nein, es liegt daran, dass dieser sich erst im Laufe der Jahre angehäuft hat: Das Büchlein enthält nämlich Ausschnitte aus Gesprächen, die die Autorin mit ihrer inzwischen siebenjährigen Tochter Mona geführt hat – und die wollten erst einmal gesammelt sein.
Gut 300 „Geschichten von mir, der Liebe und 1000 Ameisen“, wie es im Untertitel heißt, hat Tina Schlegel im Laufe der Jahre notiert – und daraus für das Büchlein 65 ausgewählt. Darunter lustige Episoden wie „Schokoladenhände“, übrigens eine der Lieblingsgeschichten von Mona: „Ich erkläre meiner dreieinhalbjährigen Tochter: ,Man kann nicht die eine Schokoladenhand an der anderen Schokoladenhand abwischen.‘ ,Wieso nicht? Die sind doch schon beide schmutzig ...‘,Die werden so aber auch nicht sauber.‘ ,Doch, schau mal. Wenn ich das Kleid dazwischen nehme, geht’s total gut! Schon sauber ...‘“Daneben enthält es aber auch jede Menge Tiefsinniges und Herzerwärmendes wie Monas Erkenntnis: „Früher dachte ich ja, das Glück falle vom Himmel, aber jetzt glaube ich, es kommt von unten und muss erst wachsen. Bis nach oben ins Herz.“
Es ist ein sehr persönliches Büchlein, ein anrührendes, das Erinnerungen an den Klassiker „Hallo Mister Gott, hier spricht Anna“weckt. Auf die Idee dazu hat Tina Schlegel vor vier Jahren ihre Kolumne „LiebesLeben“in der Mindelheimer Zeitung über ihren Alltag als Alleinerziehende gebracht – und der Gedanke, dass die Notizen eigentlich viel zu schade sind, um sie nur zuhause herumliegen zu lassen.
Viele der Texte hat Tina Schlegel deshalb schon früher auf ihrer Face- book-Seite „Tinas Flügeltexte“veröffentlicht. Die vielen positiven Rückmeldungen haben sie dann darin bestärkt, eine Auswahl auch in Buchform zugänglich zu machen. „Weil so viele schöne Gespräche dabei waren“, sagt sie. Und zwar buchstäblich über Gott und die Welt, das Leben und den Tod, alles andere als leichte Themen. „Diese Gespräche waren manchmal schon hart“, gibt Tina Schlegel zu und auch, dass sie darin manchmal an ihre Grenzen kommt. Als der Marder eines der beiden Kaninchen der Familie getötet hatte, fragte die Mutter die Tochter, ob sie auf den Marder denn nicht wütend sei. Mona schüttelte daraufhin den Kopf. „Nein, Mama, das macht ja keinen Sinn, denn dann brauch ich noch mehr Platz in mir: für die Traurigkeit und dann auch noch für die Wut. So viel Platz habe ich nicht, denn die Liebe muss da ja auch noch rein.“
Mona geht den Sachen auf den Grund, lässt kaum etwas einfach so stehen, ist aber keine in sich gekehrte Grüblerin. Sie ist sie fröhlich und lebhaft, saust an diesem Vormittag ein wenig nervös zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her, klettert am Türrahmen, lacht und redet fast ohne Punkt und Komma. Auch über die im Titel enthaltenen 1000 imaginären und mitunter recht tollpatschigen Ameisen.
Dass es ein Buch mit Geschichten von und über sie gibt, nimmt Mona recht gelassen hin. „Mir ist das eigentlich ziemlich egal“, behauptet sie grinsend, aber ein ganz kleines bisschen stolz ist sie wohl schon. Sie hat jede Episode abgesegnet, die im Buch erschienen ist.
Nur eine ist der Mama durchgerutscht, die hätte sie eigentlich lieber nicht drin gehabt. „Ein Brief an Jesus“ist ihr eigentlich zu persönlich, noch ein bisschen zu nah, um sie mit so vielen anderen zu teilen. Bei den anderen Geschichten ist das anders. Sie würde sogar gerne bei der nächsten Lesung am Donnerstag, 19. Juli, um 19 Uhr im Salon in Mindelheim die eine oder andere davon vorlesen. „Schokoladenhände“zum Beispiel kann sie ohnehin längst auswendig. Autorin wie ihre Mama will sie aber später „eher nicht“werden, sondern lieber Reiterin.
Ihre Mama dagegen wollte schon immer schreiben – und tut das auch sehr fleißig. Im Januar soll ihr inzwischen dritter Krimi erscheinen, ein vierter liegt bereits beim Verlag und ein Roman sowie drei Kinderbücher harren ebenfalls der Veröffentlichung. Während sie rein fiktional sind, sind die Geschichten in „Lametta für ein Jahr“genau so passiert. „Da sind Sachen dabei, die hätte ich nicht erfinden können“, sagt Tina Schlegel – und stellt den Lesern bereits eine Fortsetzung in Aussicht.
Buch „Lametta für ein ganzes Jahr. Geschichten von meiner Tochter und mir, der Liebe und 1000 Ameisen“ist im Scribo Verlag erschienen (ISBN 978 3 937310 99 2). Daraus lesen wird Tina Schlegel am Donnerstag, 19. Juli, um 19 Uhr im Salon in Mindelheim.