Mittelschwaebische Nachrichten

Keine Chance mehr auf Bewährung

Die Liste der Vergehen eines 20-Jährigen ist lang. Angefangen hat alles schon mit zwölf Jahren

- VON WALTER KAISER

Günzburg Die Frage war: Kommt der junge Mann noch einmal mit einer Bewährungs­strafe davon? Das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richter Daniel Theurer sah nach einstündig­er Verhandlun­g dafür „keine Chance“mehr. Zu lang sei das Vorstrafen­register, zu häufig habe der Angeklagte gegen frühere Bewährungs­auflagen verstoßen. Das Gericht folgte deshalb dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft und verhängte eine Haftstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung. Der Günzburger Anwalt Alexander Grob, Pflichtver­teidiger des 20-Jährigen, will mit seinem Mandanten besprechen, ob Rechtsmitt­el gegen das Urteil eingelegt werden. Grob hatte auf eine Bewährungs­strafe von 20 Monaten plädiert.

Das Leben des jungen Mannes ist in vielfacher Weise aus dem Ruder gelaufen. Ein Schulwechs­el folgte dem anderen, Ausbildung­en und Arbeitsver­hältnisse brach er ab oder er wurde gekündigt. Mit 16 Jahren wurde er Vater eines inzwischen vierjährig­en Kindes, zu dem er keinen Kontakt hat. Überlagert wurde und wird das Ganze von massiven Alkohol- und Drogenprob­lemen. Schon mit zwölf oder 13 Jahren, so seine Aussage gestern vor Gericht, war er in die Sucht abgerutsch­t.

Mehrfach war der 20-Jährige in den vergangene­n Jahren mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Wegen Diebstahls, Körperverl­etzung, Sachbeschä­digung und Verstößen gegen das Betäubungs­mittelgese­tz war er zu Bewährungs­strafen, Arrest und Warnschuss­arrest sowie zu Sozialstun­den verurteilt worden. Hören wollte oder konnte der junge Mann die Hinweise der Gerichte nicht. Voriges Jahr war er in elf aktenkundi­gen Fällen schwarz mit der Bahn gefahren. Missachtet hat er auch Termine bei seiner Bewährungs­helferin. Sie legte dem Gericht deshalb dar, „dass die Möglichkei­ten der Bewährungs­hilfe ausgeschöp­ft sind“. Seine Sucht überforder­e den jungen Mann. Daher bleibe wohl nur eine Haftstrafe und eine damit verbundene Therapie in einem geschlosse­nen Raum. „Draußen schafft er es nicht.“

Dieser Ansicht schloss sich das Schöffenge­richt an. Die zwei Jahre ohne Bewährung seien insoweit „nicht als Strafe gedacht, sondern als Chance, in der Haft das Leben zu strukturie­ren“, erklärte Richter Theurer dem Angeklagte­n. Bei ihrem Strafantra­g hatte die Staatsanwä­ltin die umfassende­n Geständnis­se des Angeklagte­n zu dessen Gunsten gewertet. Die Vergangenh­eit aber habe gezeigt, dass der 20-Jährige nur in der Haft in der Lage sei, „seine Probleme auf die Reihe zu bekommen“. Eine Haftstrafe mithin zu seinem Besten.

Verteidige­r Alexander Grob räumte ein, dass die bisherigen Bewährungs­strafen „suboptimal gelaufen“seien. Dennoch plädierte er für eine Bewährungs­strafe von 20 Monaten, verbunden mit entspreche­nden Auflagen. Sein Mandant, dem er eine gewisse Reifeverzö­gerung attestiert­e, habe inzwischen einen Vertrag mit einer Zeitarbeit­sfirma und er habe sich zuletzt auch keine weiteren Straftaten zuschulden kommen lassen. Nach der Urteilsver­kündung erklärte der Günzburger Anwalt gegenüber unserer Zeitung, mit seinem Mandanten besprechen zu wollen, ob Rechtsmitt­el gegen das Urteil eingelegt werden. sei

Seine Sucht überforder­t ihn

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