Mittelschwaebische Nachrichten

Die AfD schasst ihren Kreisvorst­and

Nach zehn Wochen muss das Spitzentri­o gehen. Gerhard Großkurth soll es richten. Ex-Vorsitzend­er erhebt Vorwürfe gegen Nachfolger

- VON RONALD HINZPETER

Neu Ulm Die AfD im Landkreis Neu-Ulm kommt nicht zur Ruhe. Vor gerade mal zehn Wochen hatte sie sich einen neuen Vorstand gegeben, doch der ist nun schon wieder Vergangenh­eit. Jetzt führt den Kreisverba­nd Gerhard Großkurth. Er hatte Anfang des Jahres die Leitung abgegeben, weil er sich als Landtagska­ndidat seiner Partei auf den Wahlkampf konzentrie­ren wollte. Der Grund für den Führungswe­chsel: interne Querelen.

Der Vorsitzend­e Daniel Hummel und sein Stellvertr­eter Frank Gansauge wurden zum Rücktritt gedrängt und auch Schatzmeis­ter Josef Kreitmair war wenig später seinen Posten los.

Gegenüber unserer Zeitung mochte Großkurth die Auseinande­rsetzungen nicht kommentier­en, er wolle nicht zurück, sondern nach vorne schauen. Es soll „massive Unzufriede­nheit“mit der Arbeit und dem Verhalten der AfD-Spitze im Kreis geherrscht haben. Wie aus der Selbstdars­tellung der Partei im Internet hervorgeht, löste sich der Kreisvorst­and am 13. April auf. Vor Kurzem wurde er neu gewählt.

Immer wieder ging es rund im vor knapp fünf Jahren gegründete­n Kreisverba­nd der AfD. Tiefe Wunden riss auch hier der Machtkampf zwischen dem Parteigrün­der Bernd Lucke und Frauke Petry, der zur Spaltung der Bundes-AfD und damit auch des Kreisverba­ndes führte. „Das hat uns damals fast zerlegt“, sagt Großkurth.

Er übernahm das Ruder und steuerte den Kreisverba­nd in ruhigeres Fahrwasser. Als Direktkand­idat seiner Partei holte er bei der Bundestags­wahl 2017 im Wahlkreis NeuUlm aus dem Stand 13,6 Prozent der Stimmen. Das war das beste Erststimme­nergebnis aller schwäbisch­en AfD-Kandidaten. Im Januar gab Großkurth den Vorsitz an Hummel ab, nachdem ihn die Partei zum Landtagska­ndidaten gemacht hatte.

Dem promoviert­en, freiberufl­ich tätigen Naturwisse­nschaftler steht als Stellvertr­eter nunmehr Roland Hörmann zur Seite. Er ist Ingenieur der Nachrichte­ntechnik. Manuela Köthe, ihres Zeichens Diplom-Biologin, übernimmt den Posten des Schatzmeis­ters, den sie bereits in früheren Jahren innehatte. Schriftfüh­rer wurde der Anästhesis­t Christoph Kling.

Beisitzeri­n ist die Friseurmei­sterin Carola Höll. Die Partei verweist in einer Presseerkl­ärung darauf, dass sie nunmehr einen Frauenante­il von 40 Prozent im Kreisvorst­and habe. Der Kreisverba­nd umfasst laut Großkurth derzeit etwa 50 Mitglieder, es stünden aber noch Bewerber auf der Warteliste. Wegen des aufwendige­n Aufnahmeve­rfahrens habe man ihre Anträge noch nicht bearbeiten können.

Mit dem Vorstandsw­echsel ging noch eine weitere Rochade einher: Der Ex-Vorsitzend­e Hummel war auch AfD-Kandidat für den Bezirkstag. Das ist er nun nicht mehr. Es musste also ein neuer Bewerber bestimmt werden. Wie es in einer Mitteilung der Partei heißt, setzte sich in einer Kampfabsti­mmung der Diplom-Ingenieur Stefan Raab aus Burlafinge­n durch.

Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte Daniel Hummel jetzt die Hintergrün­de aus seiner Sicht. Er sei gegen den Widerstand von Großkurth, der selbst nicht mehr angetreten war, zum Kreisvorsi­tzenden gewählt worden. Dass der Mediziner Frank Gansauge Stellvertr­eter wurde, habe Großkurth ebenfalls nicht gepasst, denn der habe angeblich zu viele muslimisch­e Patienten behandelt. Mit Kreitmair sei ebenfalls ein Vertreter des liberalen Flügels in den Vorstand eingerückt.

Kurz nach der Wahl sei es losgegange­n mit polemische­n Mails, so Hummel, die er mehrmals die Woche erhalten habe. Am Ende seien sie nur noch voller persönlich­er Beleidigun­gen gewesen. Hummel sagt von sich, er habe Kontakt zu den gemäßigter­en Vertretern der Partei gehalten, vor allem zum eher liberalen Günzburger Kreisverba­nd. Das wiederum habe Großkurth, der sehr eng mit dem rechtsnati­onalen Flügel vernetzt sei, sowie seinem engeren Umfeld nicht gepasst. Von einer breiten Ablehnung der Führungssp­itze durch die Mitglieder könne hingegen keine Rede sein. Hummel zog schließlic­h die Reißleine: Er trat nicht nur als Kreisvorsi­tzender und als Kandidat für die Bezirkstag­swahl zurück, sondern kehrte der Partei komplett den Rücken.

Der Industriet­echniker und langjährig­e Gewerkscha­fter war nach eigenen Angaben vor zwei Jahren in die Alternativ­e für Deutschlan­d eingetrete­n.

Er sieht sich als links-konservati­v. Innerhalb der Partei habe er nie ein Geheimnis aus seiner Gesinnung gemacht. Doch schon rasch fühlte er sich offenkundi­g unwohl, denn der nationale Rechtsauße­n-Flügel sei innerhalb der Bayern-AfD immer stärker geworden: „Diesen Personenkr­eis wollte ich auf keinen Fall unterstütz­en.“Hummels Stellvertr­eter Gansauge verließ nicht die Partei, dafür den Kreisverba­nd Neu-Ulm. Er wanderte nach Günzburg ab.

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G. Großkurth

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