Mittelschwaebische Nachrichten
Wie geht es weiter nach Susannas Tod?
Der mutmaßliche Mörder der 14-Jährigen floh vor der Polizei in den Irak. Kurdische Sicherheitsbehörden haben ihn aufgespürt. Doch keiner weiß, ob er ausgeliefert wird
Wiesbaden Ali B. ist gefasst. Seine Flucht in den Irak half dem Hauptverdächtigen im Mordfall Susanna nichts. Wann der Iraker von deutschen Behörden vernommen werden kann, ist noch unklar. Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
Wann wird Ali B. nach Deutschland überstellt?
Es gibt kein Auslieferungsabkommen zwischen Deutschland und dem Irak. Hinzu kommt, dass die Festnahme im kurdischen Autonomiegebiet stattfand, das eigene Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte hat. Bisher haben sich die irakischen Behörden nicht zu dem Fall geäußert. Der Antrag auf eine Auslieferung sei auf den Weg gebracht, sagte eine Sprecherin der Wiesbadener Staatsanwaltschaft. Letztlich entscheide das Auswärtige Amt, ob der Irak um die Auslieferung des Tatverdächtigen gebeten werde.
Ein zweiter Tatverdächtiger wurde wieder freigelassen. Besteht kein Verdacht mehr gegen ihn?
Der 35-jährige Türke ist nicht mehr dringend tatverdächtig. Doch es gibt weiter den Anfangsverdacht, dass er etwas mit dem Verbrechen zu tun haben könnte. Er ist auf freiem Fuß und könnte theoretisch ausreisen.
Durfte Ali B. einfach so ausreisen?
Nach Angaben der Polizei wurde der 20-Jährige erst nach seiner Flucht zur Fahndung ausgeschrieben – weil sich ein 13-jähriger Zeuge gemeldet hatte. Ein Haftbefehl hätte die rechtliche Handhabe gegeben, ihn an der Ausreise zu hindern.
Warum konnte die irakische Familie ausreisen, obwohl die Namen auf den Flugtickets nicht mit denen auf den Ausweisen übereinstimmten?
Bei der Ausreise aus dem SchengenRaum – die Familie flog zunächst in die Türkei – überprüft die Bundespolizei die Ausweise der Reisenden. Die waren ohne Beanstandung. Es gab aber keinen Abgleich mit den Bordkarten. Ein solcher Vergleich kann nach Angaben des Bundesverbands der Luftverkehrswirtschaft am Check-in vorgenommen werden, wenn es für das Zielland entsprechende Vorgaben gibt. Im Fall der Türkei gibt es sie nicht.
Wie kam die Familie an die diplomatischen Passierscheine?
Noch ist unklar, wann, von wem und auf welcher Grundlage diese Laissez-passer-Papiere auf Arabisch ausgestellt wurden. Sie können beantragt werden, wenn zum Beispiel der Reisepass verschwunden oder nicht mehr gültig ist.
Wieso wurde Ali B. nicht abgeschoben, obwohl sein Asylantrag um den Jahresbeginn 2017 abgelehnt wurde und er polizeibekannt war?
Nach dem Negativbescheid legte ein Anwalt für Ali B. Rechtsmittel gegen die Abschiebung ein. Seitdem ist ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden anhängig und die Abschiebung gestoppt.
War Susanna ein Zufallsopfer?
Susanna kannte den Bruder von Ali B. und hätte sich den Ermittlern zufolge auch eine Beziehung mit ihm vorstellen können. Deshalb hielt sich die 14-Jährige öfter in der Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden auf und kannte den mutmaßlichen Täter. Das Mädchen war jüdischen Glaubens. Es gebe aber keine Hinweise, dass die Religion bei der Tat eine Rolle gespielt habe, hieß es von der Staatsanwaltschaft.
Warum hat die Polizei erst Tage nach dem Verschwinden des Mädchens eine intensive Suche eingeleitet?
Wenn Jugendliche verschwinden, versucht die Polizei, auch die privaten Hintergründe der Teenager in die Ermittlungen einfließen zu lassen. Die 14-Jährige hatte etwa mehrfach die Schule geschwänzt. Bereits mehr als eine Woche vor dem Fund der Leiche schrieb aber eine Bekannte Susannas eine Mitteilung an ihre Mutter, wonach ihre Tochter tot an einem Bahngleis liege. Die Beamten befragten sie zunächst nicht, weil sie im Urlaub war.
Was kann die Auswertung der DNASpuren noch bringen?
Die Behörden erhoffen sich davon weitere Klarheit über Susannas Tod und Beweise für einen möglichen Täter. Doch durch die lange Liegedauer der Leiche ist es nach Angaben der Staatsanwaltschaft unklar, ob DNA-Spuren noch aussagekräftig sind.