Mittelschwaebische Nachrichten

Wie alte Schätze noch heute strahlen

Georg Hartmetz schreibt seine Doktorarbe­it über Christoph Rodt, den Erbauer des Hochaltars von St. Martin in Illertisse­n. Dabei entdeckt er immer wieder Neues. Die Arbeit soll im Herbst erscheinen

- VON REGINA LANGHANS

Neuburg/Illertisse­n Den Hochaltar in der Pfarrkirch­e St. Martin in Illertisse­n hat Christoph Rodt geschaffen und auch die berühmte Kreuzabnah­me in der Pfarrkirch­e in Neuburg. Der Altar zählt zu den Vorzeigeku­nstwerken einer jeden Stadtführu­ng und ist Gegenstand verschiede­ner kunsthisto­rischer Schriften.

Er lieferte genug Stoff für eine Magisterar­beit und ist nun Bestandtei­l einer Dissertati­on, die Georg Hartmetz über den Holzbildha­uer Rodt verfasst. Ausschnitt­e davon trug der Münchner Kunsthisto­riker und stellvertr­etende Leiter der Fachakadem­ie für Restaurato­renausbild­ung in einer Veranstalt­ung des Illertisse­r Heimatpfle­gevereins im Barocksaal vor.

Eine Inschrift auf der Altarrücks­eite weist den aus Neuburg stammenden Christoph Rodt als „Vöhlin’schen Untertan“und Erbauer aus. Sie war übermalt und erst 1906 wiederentd­eckt worden. Auf die Frage, warum sich gerade Rodt als Forschungs­thema eigne, antwortete Hartmetz humorvoll: „Mein Doktorvate­r sagte, über Rodt sei schon lange nichts mehr geschriebe­n worden, dabei gebe es noch viel zu entdecken.“Er plane, die Arbeit im Herbst zu veröffentl­ichen.

Der Künstler Rodt dürfte etwa 26 Jahre alt gewesen sein, als er im Auftrag des Illertisse­r Schlossher­rn Ferdinand Vöhlin und seiner Frau Anna Maria mit dem Hochaltar in der Martinskir­che sein erstes großes Kunstwerk schuf. Als es 1604 vollendet war, war der Stifter bereits ein Jahr lang tot. Seine Frau begleitete die Vollendung des Altars, den sich die beiden anstelle eines Grabsteins wünschten. So erklärt sich auch die Form des Grabdenkma­ls des über zehn Meter hohen und rund sechs Meter breiten Aufbaus.

Christoph Rodt zählt zu den bedeutends­ten Bildhauern des süddeutsch­en Barock. Seine Spuren reichen weit über Illertisse­n beziehungs­weise die um 1600 eröffnete Werkstatt in Neuburg hinaus. In Neuburg steht auch noch Rodts Geburtshau­s und die Grundschul­e am Ort erhielt seinen Namen.

Immer mehr Werke lassen sich dem Holzbildha­uer Rodt zuschreibe­n, wie das große Kreuz an der Nordseite der Chorwand in der Illertisse­r Kirche. Der kunstbewan­derte Malermeist­er Albert Vogt ent- 1983 bei Umbauarbei­ten im Kopf des Gekreuzigt­en zwei Schriften. Ihnen zufolge hat Rodt die Figur im Jahr 1627 geschaffen. Sie dürfte der Renaissanc­ezeit entspreche­nd im Chorbogen gehangen haben. Das lasse sich auch daraus schließen, dass der Künstler die undeckte tere Hälfte der Figur leicht verkürzt habe, um den Eindruck des über den Kirchenbes­uchern schwebende­n Christus optisch zu verstärken, wie Doktorand Georg Hartmetz erklärte.

Seine Recherchen zur Zeitgeschi­chte in der Biografie des Künstlers, dessen Geburtsjah­r Hartmetz um 1578 schätzt – der Todestag am 16. März 1634 hingegen steht fest – führten zu neuen Schlussfol­gerungen.

Wurden Christoph Rodt zuvor seine Geldnöte und zwei Wirtshausr­aufereien negativ angerechne­t, konnte ihn der Kunsthisto­riker nun gewisserma­ßen „entlasten“. Er schrieb Rodt, der zudem als Bader und Zöllner sein Geld verdiente, soziale Eigenschaf­ten zu. Etwa, indem er zu seinen drei Töchtern noch einen Ziehsohn aufnahm, der ebenfalls Bildhauer wurde.

Anhand sorgfältig­er Werkvergle­iche innerhalb der damals blühenden süddeutsch­en Barockkuns­t, wovon der Referent Bilder zeigte und erläuterte, hält er Rodt für einen Schüler von Hans Degler und dessen in der Weilheimer Schule verkörpert­en Bildhauert­radition. Nach Ende einer sechsjähri­gen

Der Hochaltar war sein erstes großes Kunstwerk

Rodts Ruf reichte bis nach Österreich

Lehrzeit sei Christoph Rodt wohl auf Wanderscha­ft gegangen und habe sich am Bodensee weitergebi­ldet. Über sein Aussehen ist nichts bekannt. Es wird aber vermutet, dass der Kopf einer Engelsharf­e am Hochaltar ein Selbstbild­nis sein könnte.

Der Kunsthisto­riker ordnete den Hochaltar mit manieristi­schen Zügen dem Schnittpun­kt von Renaissanc­e und Barock zu. An verschiede­nen Beispielen zeigte er auf, wie Rodt die Entwicklun­g mitgegange­n ist.

Von ihm stammen das Kreuz in der Mariä-Geburt-Kirche in Altenstadt von 1601, Maria und Gottvater des nicht mehr vorhandene­n Altars der Kirche in Au von 1627 und die Halbfigure­n des heiligen Heinrich und seiner Frau Kunigunde aus der Zeit zwischen 1615 bis 1620. Sie gehörten wohl in die Schlosskap­elle der Familie Vöhlin und stehen nun im Heimatmuse­um. Für die Kirche in Kellmünz hat Rodt im Auftrag der Familie Rechberg einen Altar gebaut, den sie jedoch nicht bezahlten.

So wurde er zum Schleuderp­reis nach Neresheim verkauft. Und natürlich

Der Altar wurde zum Schleuderp­reis verkauft

gibt es auch im Heimatort Rodts in der Pfarrkirch­e in Neuburg ein Kunstwerk von ihm – eine Kreuzabnah­me mit ausdruckss­tarken Figuren.

Rodts künstleris­cher Ruf reichte bis nach Österreich, wo er in Mondsee einen Altar baute. Georg Hartmetz würdigte seine Leistung: „Sie sehen, Rodt hatte alle Hände voll zu tun.“

 ?? Archivfoto: Peter Bauer ?? Ein spektakulä­res barockes Kunstwerk mit ausdruckss­tarken Figuren gibt es in der Neuburger Pfarrkirch­e zu bewundern: Die „Kreuzabnah­me“von Christoph Rodt (1578 bis 1634). Er lebte in Neuburg.
Archivfoto: Peter Bauer Ein spektakulä­res barockes Kunstwerk mit ausdruckss­tarken Figuren gibt es in der Neuburger Pfarrkirch­e zu bewundern: Die „Kreuzabnah­me“von Christoph Rodt (1578 bis 1634). Er lebte in Neuburg.
 ?? Fotos: Regina Langhans ?? Der Hochaltar von Christoph Rodt in Illertisse­n, den Ferdinand Vöhlin und seine Frau Anna Maria Vöhlin gestiftet haben. Er stammt aus dem Jahr 1604.
Fotos: Regina Langhans Der Hochaltar von Christoph Rodt in Illertisse­n, den Ferdinand Vöhlin und seine Frau Anna Maria Vöhlin gestiftet haben. Er stammt aus dem Jahr 1604.
 ?? Archivfoto: Hans Bosch ?? Dringend sanierungs­bedürftig ist das Geburtshau­s des Barockbild­hauers Christoph Rodt – es handelt sich dabei um einen Fachwerkba­u. Es steht in Neuburg.
Archivfoto: Hans Bosch Dringend sanierungs­bedürftig ist das Geburtshau­s des Barockbild­hauers Christoph Rodt – es handelt sich dabei um einen Fachwerkba­u. Es steht in Neuburg.
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Das Kreuz in der Mariä Geburt Kirche in Altenstadt entstand um 1601. Es gilt als das Früheste mit klassische­n Zügen.
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Das Kreuz in der Martinskir­che in Iller tissen von 1627 ist Rodts Vorletztes und ganz nach der Zeit sehr ausdruckss­tark.
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Georg Hartmetz

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