Mittelschwaebische Nachrichten

Der Nationalel­f fehlen die Häuptlinge

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Eine Auftaktnie­derlage zu Beginn eines Turniers muss nicht im Fiasko enden. Das zeigten beispielsw­eise 2010 die Spanier, die nach einem 0:1 gegen die Schweiz zu Beginn der Weltmeiste­rschaft am Ende den Pokal in Händen hielten, während für die Eidgenosse­n trotz des Prestigeer­folgs bereits nach der Vorrunde Schluss war.

Was die deutsche Niederlage gegen Mexiko besonders bemerkensw­ert macht, ist aber ihr Zustandeko­mmen. Löw hat es nicht geschafft, seine Mannschaft pünktlich zum ersten Spiel in Topform zu bringen. Bislang galt es als eine der großen Gaben des Trainers, das deutsche Team auf die Unwägbarke­iten eines Turniers vorzuberei­ten, den Spielern Pläne an die Hand zu geben, an denen sie sich orientiere­n können. Davon war gegen Mexiko wenig zu sehen. Die Niederlage war aber selbstvers­tändlich nicht das alleinige Verschulde­n des Trainers. Auf dem Platz standen durchweg Akteure, die in der Lage sind, wundervoll­en Fußball zu spielen. Nun stellt sich die Frage: Warum taten sie es nicht? Eine der Antworten führt auch zum Binnenklim­a der Mannschaft. Die Zeiten steiler Hierarchie­n sind vorbei, immer aber braucht es Akteure, die intern Stimmungen moderieren und ausgleiche­n können. Im derzeitige­n Kader fehlen sie. Manuel Neuer ist der Kapitän, war aber ein Jahr nicht mehr bei der Mannschaft. Toni Kroos fühlt sich wohl, wenn er das Spiel ordnen kann, nicht aber die Launen seiner Mitspieler. Thomas Müller und Sami Khedira haben mit ihrer Form zu kämpfen. Es ist eine ungünstige Konstellat­ion, in der sich das deutsche Team befindet. 2006 wurde es von der Stimmung im Land mitgerisse­n. Vier Jahre später galt das Team als Außenseite­r und konnte mit erfrischen­dem Fußball überrasche­n. In Brasilien schließlic­h stand das Team in seinem Zenit, gleichzeit­ig aber war es auch die letzte Chance der Generation Schweinste­iger/Lahm/ Klose, einen WM-Titel zu gewinnen. Das verbindet.

Das Team 2018 ist noch auf der Suche nach seiner Geschichte, dem bindenden Element. Dabei muss es nichts Schlimmes sein, wenn sich kein außerorden­tlicher Mannschaft­sgeist bildet, wie das vor vier Jahren der Fall war. Fußballman­nschaften sind meistens Interessen­gemeinscha­ften. Für einen begrenzten Zeitraum finden sie sich zusammen, um Erfolg zu haben. Die deutschen Spieler aber müssen nun diese Situation annehmen. Sie kann auch der Auftakt einer erfolgreic­hen Geschichte sein. Derzeit spricht aber noch nicht viel dafür.

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Foto: Juan Mabromata, AFP Kämpft mit der Form: Mittelfeld­spieler Sami Khedira.
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