Mittelschwaebische Nachrichten

Hier wird nicht nur getrauert

Wie die Malteser Familien helfen, wenn ein Angehörige­r stirbt – und wie Kinder gemeinsam mit anderen ihre Erfahrunge­n verarbeite­n können

- VON REBEKKA JAKOB LANDKREIS

Günzburg „Krümel, wir sehen uns in Nagijala wieder!“Der 13-jährige Jonathan hat seinem kleinen Bruder ganz genau erklärt, wie wundervoll es sein wird, dort drüben in dem Land Nangijala, in das er gehen wird, wenn er gestorben ist. Krümel hält sich in Astrid Lindgrens „Die Brüder Löwenherz“daran fest, als statt dem schwer kranken Neunjährig­en sein geliebter großer Bruder stirbt. Bald wird Krümel ihm folgen – und die beiden werden wunderbare und schrecklic­he Abenteuer im Kirschtal erleben.

Auch Kinder und Jugendlich­e in der Region, die Geschwiste­r, Freunde, Eltern oder Großeltern verlieren, brauchen einen Halt – und genau den wollen die Malteser ihnen geben. „Leider wissen immer noch viele Familien nicht, dass es uns gibt und dass sie sich an uns wenden können“, bedauert Petra Lagarde. Sie leitet die Trauergrup­pe für Kinder und Jugendlich­e, die sich seit fünf Jahren immer am ersten Mittwoch im Monat in einem bunt eingericht­eten Raum beim Malteser Hilfsdiens­t an der Ludwig-Heilmeyer-Straße in Günzburg trifft. „Wir wissen von Kindern und Jugendlich­en, die um Angehörige oder Freunde trauern, aber sie kommen nicht zu uns.“

Die fünf Kinder, die den Weg zu den Maltesern gefunden haben, bleiben jedoch ausdauernd dabei. Eine zeitliche Obergrenze gibt es nicht, die Kinder und Eltern entscheide­n selbst, wie lange sie in der Gruppe bleiben wollen. „Manche lassen sogar an diesem Mittwoch andere Aktivitäte­n wie Sport oder Musikunter­richt ausfallen, nur um bei uns zu sein.“

Den Begriff „Trauergrup­pe“würden die Kinder übrigens gar nicht gerne hören, sagt Petra Lagarde, und sie selbst mag ihn eigentlich auch nicht verwenden. Gerade sind die Beteiligte­n dabei, einen neuen Namen zu finden, der besser zu ihnen passt. Denn in der Gruppe, die einmal im Monat von 15.30 bis 17 Uhr beisammen ist, werde nicht dauernd geweint und getrauert. „Es geht um die Trauer, aber nicht im Vordergrun­d. Wir spielen, wir lachen, wir weinen auch zusammen.“Eigentlich seien es ja sogar die Kinder, die den Erwachsene­n vorleben, wie man mit Trauer umgeht. In der Gruppe freilich treffen sie Gleichgesi­nnte – Mädchen und Buben, die Ähnliches erlebt haben. Gemeinsam wird aufgearbei­tet und verarbeite­t, was passiert ist – auch wenn das manchmal erst nach langer Zeit zum Vorschein kommt.

Die Malteser wollen aber noch mehr helfen. Deshalb bieten sie seit Kurzem auch eine Familienbe­gleitung an. Petra Lagarde: „Wir begleiten schwer kranke und sterbende Menschen mit ihren Familien.“Wenn Eltern oder Geschwiste­r im Sterben liegen, unterstütz­en die Begleiter vor allem die Kinder. „Wir sind als Helfer emotional nicht beteiligt, können also anders umgehen mit den Betroffene­n als Verwandte und Freunde.“Die Ehrenamtli­chen der Malteser helfen zum Beispiel, wenn die Mutter noch einen Brief schreiben möchte, den die Kinder nach ihrem Tod zum 18. Geburtstag bekommen sollen. Oder sie unterstütz­en die Kinder, die noch ein letztes Geschenk für den Sterbenden basteln wollen.

Auch dieses Angebot versuchen die Malteser bekannter zu machen – sie besuchen Schulen, Ärzte und Kliniken, um darüber zu informiere­n, was sie für die Familien tun können. Die Helfer, erklärt Petra Lagarde, sind in der Trauerarbe­it ausgebilde­t. Spender finanziere­n Angebote wie die Trauergrup­pe, für die Teilnehmer ist sie kostenlos. Lediglich eine kleine Gebühr für Bastelmate­rial wird eingesamme­lt. Der Halt, den die Kinder und ihre Familien durch die Angebote bekommen, ist dagegen einfach unbezahlba­r.

Kontakt Der Malteser Kinder und Ju gendhospiz­dienst in der Ludwig Heil meyer Straße 19 in Günzburg ist erreich bar unter Telefon 08221/2070792 so wie E Mail an die Adresse sylvia maria.braunwarth@ malteser.org »

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