Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Märtyrer des Beichtgeheimnisses
Weil er über eine Beichte keine Auskunft gab, musste Kaplan Andreas Faulhaber sterben
Krumbach Andreas Faulhaber, der Sohn eines Hufschmieds aus Glatz, der auch ein Fachmann für Turmuhren war, kam am 21. Mai 1713 zur Welt. Von Kindheit an hatte er den sehnlichen Wunsch Priester zu werden. Sein älterer Bruder Augustin hatte dieses Ziel bereits erreicht, aber der Vater sah sich außerstande, noch einem zweiten Sohn das Studium zu ermöglichen und ihn darüber hinaus mit einem „Tischtitel“auszustatten. Der „Tischtitel“gab einem Geistlichen eine gewisse finanzielle Sicherheit. Sie wurde nicht selten durch vermögende Wohltäter gewährleistet. Andreas besuchte das Gymnasium in Glatz, das von Jesuiten geführt wurde. Es vermittelte nicht nur humanistische Bildung, sondern auch religiöse Formung.
Von klein an war Andreas gewohnt, dem Vater in der Werkstatt zu helfen. Es wäre nahegelegen, dass er die Werkstatt weiterführt, aber er wollte nicht das Leben eines Handwerkers führen, er wollte Priester werden. Das größte Hindernis auf dem Weg zum Altar bestand im Geldmangel. Nach Abschluss des Gymnasiums übernahm Andreas Faulhaber verschiedene Hauslehrerstellen. Vornehme Familien leisteten sich für ihre Kinder einen eigenen Lehrer. 14 Jahre verbrachte er als Hauslehrer. Dann hatte er genügend gespart, um die Prager Universität besuchen zu können. In kürzester Zeit bewältigte er das Studium der Theologie und konnte 1750 in Prag die Priesterweihe empfangen. Inzwischen war er 37 Jahre alt. In großer Dankbarkeit feierte er am Fest des heiligen Michael in der Heimatkirche in Glatz seine Primiz. Der Vater hat es nicht mehr erleben dürfen.
In der Grafschaft Glatz hatte sich einiges verändert. Seit der preußische König Friedrich II. unter Bruch sämtlicher Vereinbarungen 1740 Schlesien erobert hat, war auch die Grafschaft Glatz preußisch geworden. Die Jesuiten mussten Glatz verlassen. Sämtlichen katholischen Geistlichen unterstellte Friedrich II., dass sie mit Kaiserin Maria Theresia sympathisierten und sie insgeheim unterstützten. Das Breslauer Domkapitel sah in der Eroberung Schlesiens einen eklatanten Rechtsbruch.
Nur ein einziger Domherr begrüßte die Machtübernahme durch Preußen. Es war dies der Domherr Philipp Gotthard von Schaffgotsch. Es überrascht nicht, dass dieser Domherr 1748 Fürstbischof von Breslau wurde. Wie hörig dieser Bischof dem preußischen Staat war, kann man einem Hirtenbrief entnehmen, in dem er ausdrücklich davor warnt, den Militärdienst zu verlassen. Auf Desertion stand die Todesstrafe. Das gleiche galt für die Beihilfe. Rigoros zwang man die Männer zum Militär. Es kam vor, dass Soldaten nach einer Christmette sämtliche männliche Gottesdienstteilnehmer rekrutierten. Dass bei so viel Zwang der eine und andere das Weite suchen wollte, liegt nahe. Den Geistlichen wurde vorgeworfen, sie förderten Desertionen. Man beabsichtigte deshalb ein Exempel zu statuieren.
Kaplan Andreas Faulhaber war nach mehreren Kaplansstellen nach Glatz heimgekehrt und nun Kaplan der Pfarrkirche. Er sollte dann noch die katholischen Soldaten der Festung betreuen. Sie kamen regelmäßig zu ihm auch zur Beichte. Als ein Deserteur geschnappt wurde, behauptete er, dass Kaplan Faulhaber, als er bei ihm beichtete, gesagt habe: „Es sei wohl eine schwere Sache, doch hätte es weiter nicht viel auf sich“. Später hat er diese Aussage widerrufen, aber das änderte nichts daran, dass der Kaplan verhaftet wurde und ins Gefängnis kam.
Sein geistlicher Bruder ließ ihm ein Kreuz zukommen, das Brevier und einen Zinnbecher. In den Zinnbecher hat Kaplan Faulhaber drei Szenen mit einer Schuhschnalle eingraviert. Mehrfach wurde der Kaplan verhört, aber von der Beichte machte er keine Aussage. Das Todesurteil wurde verhängt und am 30. Dezember 1757 vollstreckt. Bis zuletzt wollte man noch eine Aussage haben. Kaplan Faulhaber legte den Finger vor seinem Mund und ging so zum Galgen. Dort ließ man ihn zur allgemeinen Abschreckung hängen. Erst nachdem die Österreicher 1760 Glatz wieder erobert haben, wurde der Leichnam abgenommen. Zwei Jahre und sieben Monate hing er. Er war noch unversehrt. Bekleidet mit einem weißen Messgewand wurde er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in der Krypta der Pfarrkirche bestattet. Als man nach 200 Jahren den Sarg wieder öffnete, stellte man fest, dass die Zunge noch erhalten war. Kaplan Faulhaber kann als ein Märtyrer des Beichtgeheimnisses betrachtet werden.