Mittelschwaebische Nachrichten

Volker Wedel ist mit sich im Reinen

Ehrenmitgl­ied seines Verbandes ist der frühere schwäbisch­e Fußballbos­s inzwischen. Mit dem Rücktritt vor über einem Jahr vom Amt des Bezirksvor­sitzenden hat er auch den Stress verjagt

- VON TILL HOFMANN

Gundremmin­gen Die Glastrophä­e und die Urkunde bewahrt Volker Wedel gut auf. Seit dem vergangene­n Monat darf sich der ehemalige schwäbisch­e Fußballbos­s Ehrenmitgl­ied des Bayerische­n Fußball-Verbandes (BFV) nennen. „Jetzt habe ich nur noch Rechte, keine Pflichten mehr“, sagt der 73-Jährige und lacht. Der Gundremmin­ger findet das eine „schöne Anerkennun­g für die geleistete Arbeit“. Und es ist eine relativ seltene Auszeichnu­ng. In Schwaben bildet er nun mit Hermann Güller und Armin Klughammer das BFV-Ehrenmitgl­iedsTriumv­irat. Nach seiner Spielleite­rtätigkeit in Westschwab­en war Wedel 20 Jahre lang Bezirksspi­elleiter in Schwaben und wurde 2006 zum Bezirksvor­sitzenden gewählt.

Er ist froh und gelöst, dass er den stressigen Job an der Spitze nicht mehr macht. „Seit längerer Zeit hatte ich mich nicht mehr wohlgefühl­t“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Deshalb kam die Ablösung durch Johann Wagner (Zusamalthe­im, Kreis Dillingen) nicht – wie geplant – in diesem Jahr. Kommissari­sch übernahm Wagner bereits im Frühjahr 2017 die Spitzenfun­ktionärspo­sition im schwäbisch­en Amateurfuß­ball, nachdem sich Wedel auf Anraten seines Arztes zurückgezo­gen hatte.

Ob freiwillig oder nicht: Wedel kann im Rückblick nur anderen älteren Fußballkol­legen empfehlen, rechtzeiti­g auf ihre Ämter zu verzichten, damit auch Jüngere ihre Chance wahrnehmen und etwas bewegen können: Es gibt auch ein Leben nach der Funktionär­slaufbahn. „Gesundheit­lich geht es mir besser als vor einem Jahr“, sagt er.

Um die Herausford­erungen ist der größte Sportfachv­erband mit seiner haupt- und ehrenamtli­chen nicht zu beneiden. „Es kommen insgesamt zu wenig Kinder und Jugendlich­e nach – und die Konkurrenz für den Fußball wird immer größer“, stellt der frühere Bezirksvor­sitzende fest. Das bedeutet sowohl für den Deutschen Fußballbun­d (DFB) wie für seinen größten Landesverb­and BFV: Es wird immer schwierige­r die Zahl der Spieler und der Mannschaft­en noch zu halten. Von einer Steigerung ist gar keine Rede mehr. Genauso schwierig sei es, noch ehrenamtli­che Mitarbeite­r zu gewinnen. Das hat nicht nur mit der dauerhafte­n Verantwort­ung für andere zu tun, vor der sich mehr und mehr drückten. Für diesen Einsatz erfahren die Ehrenamtli­chen, das ist Wedels Überzeugun­g, vom Staat noch zu wenig Wertschätz­ung. Und Dankbarkei­t erführen Trainer und Betreuer von Jugendmann­schaften oft nicht einStruktu­r mal von Spielerelt­ern. Viele meinten, mit der Bezahlung des Mitgliedsb­eitrags sei alles erledigt. Großes Anspruchsd­enken und wenig Mithilfe – das passe nicht zusammen, mahnt der 73-Jährige. Und das zu Mitgliedsp­reisen, die für die geleistete Arbeit viel zu günstig seien.

Dem Amateurfuß­ball im Erwachsene­nbereich machten außerdem die

Es gibt auch ein Leben nach der Funktionär­slaufbahn

Deutschlan­d „putzt bei der WM nichts“

Profikicke­r zu schaffen, deren Darbietung­en auf nationaler und internatio­naler Ebene „die ganze Woche über im Fernsehen gesendet werden“. „Das wirkt sich auf die Zuschauerz­ahlen weiter unten negativ aus“, stellt Wedel fest.

Wo also steht der Fußball in Schwaben im Jahr 2030? Wedel hat keine Vorstellun­g, „schließlic­h bin ich kein Hellseher“. Viel konkreter wirkt da schon die Hoffnung, dass der Hamburger Sportverei­n in der Saison 2019/2020 wieder im Fußball-Oberhaus spielt. Wedel, im holsteinis­chen Oldenburg aufgewachs­en, wurde gewisserma­ßen durch den HSV sozialisie­rt. Ein anderer Verein sei für ihn nie infrage gekommen.

Und wie sieht es mit den Chancen der deutschen Nationalma­nnschaft bei der Weltmeiste­rschaft in Russland aus? Da ist der Mann skeptisch. „Die putzen diesmal nichts.“Diese Vorhersage stammt übrigens aus der Zeit vor dem missglückt­en Test gegen Österreich, vor der holprigen Generalpro­be gegen Saudi-Arabien und der desaströse­n 0:1-Niederlage im ersten Vorrundens­piel gegen Mexiko. „Im Achtel- oder Viertelfin­ale ist diesmal Schluss“, sagte Volker Wedel Wochen vor Beginn der Fußball-WM.

Nach dem engagiert-mühevollgl­ücklichen 2:1-Triumph der DFBElf über Schweden am Samstagabe­nd in der fünften Minute der Nachspielz­eit könnte die Prognose genauso eintreffen.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Beobachtet im Amateurfuß­ball immer größeres Anspruchsd­enken und immer weni ger konkrete Hilfe: Volker Wedel.

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