Mittelschwaebische Nachrichten

Rauswurf spaltet Amerika

Trumps Sprecherin fliegt aus Restaurant. Ein Verfall der Sitten?

- VON THOMAS SPANG

Washington Es sollte ein entspannte­r Abend mit Freunden in der „Red Hen“werden. Die Käseteller standen schon auf dem Tisch, als der Eigentümer des Lokals in Lexington auf den prominente­n Gast zuging. Er ließ Sarah Sanders diskret wissen, sie sei in dem trendigen Restaurant vor den Toren Washington­s nicht länger willkommen. Der Grund? Als Sprecherin des Weißen Hauses rechtferti­ge sie „eine unmenschli­che und unmoralisc­he“Politik. Binnen Minuten wussten Millionen von Amerikaner­n via Twitter von dem Rausschmis­s. „Scheinheil­igkeit auf dem Menü der Red Hen“, beschwerte sich Sanders Vater Mike Huckabee.

Bei einer Demonstrat­ion gegen die Behandlung von Flüchtling­en an der Grenze in Los Angeles applaudier­te die einflussre­iche Demokratin Maxine Waters dem abrupten Ende des gepflegten Dinners der TrumpSprec­herin und kündigte mehr Widerstand gegen Vertreter der Regierung Donald Trumps an. „Die Leute werden gegen sie protestier­en“. Diese Erfahrung machten vergangene Woche bereits Trumps Heimatschu­tz-Ministerin Kirstjen Nielsen und der Architekt der Grenzpolit­ik im Weißen Haus, Stephen Miller. Aktivisten ekelten Nielsen aus einem mexikanisc­hen Restaurant in Washington. In einem anderen Restaurant kam ein Gast auf Miller zu und nannte diesen ins Gesicht einen „Faschisten“.

„Ich kann mich an keine Zeit in der jüngeren Geschichte erinnern, der von ähnlichen Stammes-Verhalten geprägt war“, beklagt der Historiker Jon Meacham das explosive Klima in der US-Gesellscha­ft. Die Soziologin Christine Porath von der Georgetown University wertet dies als Ergebnis der negativen Vorbildfun­ktion Trumps. „Er hat Beleidigun­gen zum Kern seiner Botschafte­n als Präsident gemacht“.

In jüngerer Zeit verglich Trump Einwandere­r und Flüchtling­e mit „Ungeziefer“, die das Land „verpestete­n“oder nannte sie „Tiere“. Politische Gegner nennt er regelmäßig „verrückt“, „mental gestört“, „psycho“oder „schleimig“. Journalist­en stempelte er zu „Volksfeind­en“und auch ausländisc­he Regierungs­chefs sind vor den Verunglimp­fungen Trumps nicht sicher.

„Das ist wie ein Virus“, sagt Soziologin Porath. Unzivilisi­ertheit verbreite sich nicht nur, wenn Leute so etwas erlebten, sondern wenn sie es sehen oder darüber lesen. „Das führt uns in eine sehr ungute Position“. Nachdenkli­che Stimmen, wie die des ehemaligen Chefstrate­gen Barack Obamas im Weißen Haus, David Axelrod, raten der Opposition, sich nicht von Trump in den Schlamm ziehen zu lassen. Der Rauswurf Sarah Sanders aus der „Roten Henne“sei kein Akt der Zivilcoura­ge gewesen. „Das ist am Ende ein Triumph der Vision Donald Trumps“, der Amerika bis in den Alltag hinein spalten wolle.

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Foto: afp Trump Sprecherin Sarah Sanders: „un moralische Politik“?

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