Mittelschwaebische Nachrichten
Rauswurf spaltet Amerika
Trumps Sprecherin fliegt aus Restaurant. Ein Verfall der Sitten?
Washington Es sollte ein entspannter Abend mit Freunden in der „Red Hen“werden. Die Käseteller standen schon auf dem Tisch, als der Eigentümer des Lokals in Lexington auf den prominenten Gast zuging. Er ließ Sarah Sanders diskret wissen, sie sei in dem trendigen Restaurant vor den Toren Washingtons nicht länger willkommen. Der Grund? Als Sprecherin des Weißen Hauses rechtfertige sie „eine unmenschliche und unmoralische“Politik. Binnen Minuten wussten Millionen von Amerikanern via Twitter von dem Rausschmiss. „Scheinheiligkeit auf dem Menü der Red Hen“, beschwerte sich Sanders Vater Mike Huckabee.
Bei einer Demonstration gegen die Behandlung von Flüchtlingen an der Grenze in Los Angeles applaudierte die einflussreiche Demokratin Maxine Waters dem abrupten Ende des gepflegten Dinners der TrumpSprecherin und kündigte mehr Widerstand gegen Vertreter der Regierung Donald Trumps an. „Die Leute werden gegen sie protestieren“. Diese Erfahrung machten vergangene Woche bereits Trumps Heimatschutz-Ministerin Kirstjen Nielsen und der Architekt der Grenzpolitik im Weißen Haus, Stephen Miller. Aktivisten ekelten Nielsen aus einem mexikanischen Restaurant in Washington. In einem anderen Restaurant kam ein Gast auf Miller zu und nannte diesen ins Gesicht einen „Faschisten“.
„Ich kann mich an keine Zeit in der jüngeren Geschichte erinnern, der von ähnlichen Stammes-Verhalten geprägt war“, beklagt der Historiker Jon Meacham das explosive Klima in der US-Gesellschaft. Die Soziologin Christine Porath von der Georgetown University wertet dies als Ergebnis der negativen Vorbildfunktion Trumps. „Er hat Beleidigungen zum Kern seiner Botschaften als Präsident gemacht“.
In jüngerer Zeit verglich Trump Einwanderer und Flüchtlinge mit „Ungeziefer“, die das Land „verpesteten“oder nannte sie „Tiere“. Politische Gegner nennt er regelmäßig „verrückt“, „mental gestört“, „psycho“oder „schleimig“. Journalisten stempelte er zu „Volksfeinden“und auch ausländische Regierungschefs sind vor den Verunglimpfungen Trumps nicht sicher.
„Das ist wie ein Virus“, sagt Soziologin Porath. Unzivilisiertheit verbreite sich nicht nur, wenn Leute so etwas erlebten, sondern wenn sie es sehen oder darüber lesen. „Das führt uns in eine sehr ungute Position“. Nachdenkliche Stimmen, wie die des ehemaligen Chefstrategen Barack Obamas im Weißen Haus, David Axelrod, raten der Opposition, sich nicht von Trump in den Schlamm ziehen zu lassen. Der Rauswurf Sarah Sanders aus der „Roten Henne“sei kein Akt der Zivilcourage gewesen. „Das ist am Ende ein Triumph der Vision Donald Trumps“, der Amerika bis in den Alltag hinein spalten wolle.