Mittelschwaebische Nachrichten

Allgäuer gesteht „Parterre Mord“

Nach mehr als vier Jahren meldet sich der mutmaßlich­e Täter bei der Polizei in Kempten

- VON KATHARINA MÜLLER

Kempten Viereinhal­b Jahre nach dem sogenannte­n „Parterre-Mord“in Kempten hat die Polizei jetzt einen dringend Tatverdäch­tigen festgenomm­en. Ein 34-jähriger Deutscher, der aus der Region stammt, hatte sich in der vergangene­n Woche bei der Polizei gestellt und ein umfangreic­hes Geständnis abgelegt, teilte Pressespre­cher Jürgen Krautwald mit.

Der Mord an einer 63-Jährigen ereignete sich im Dezember 2013. Drei Tage vor Weihnachte­n fanden Polizisten die Witwe tot in ihrer Parterre-Wohnung. Sie wurde durch eine Vielzahl von Stichen getötet – wahrschein­lich mit einem Messer. Eine Bekannte hatte den Sohn der 63-Jährigen verständig­t, weil die Freundin nicht zu einem Termin erschienen war. Daraufhin sah die Polizei in der Wohnung der vermissten Frau nach und entdeckten ihre Leiche.

Sofort richtete die Kriminalpo­lizei Kempten die Ermittlung­sgruppe „Parterre“ein. In den folgenden Wochen gingen 25 Beamte über 150 Spuren nach und vernahmen 30 Zeugen. Dabei wurden sie von der Bereitscha­ftspolizei und von Einsatzkrä­ften des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West unterstütz­t. Die gesicherte­n Spuren werteten das Landeskrim­inalamt sowie Gerichtsme­diziner aus. Seitens der Bevölkerun­g gingen damals nur vereinzelt Hinweise ein, teilte Krautwald mit. Wenige Tage nach dem Fund der Leiche nahmen die Polizisten einen Tatverdäch­tigen fest. Es handelte sich um einen engen Verwandten des Opfers. Dieser stritt die Tat jedoch ab. Und auch die Staatsanwa­ltschaft gab bald bekannt: „Ein Tatnachwei­s kann nicht zweifelsfr­ei geführt werden.“Der Mann kam Ende Januar 2014 aus der Untersuchu­ngshaft frei. Im Frühjahr 2016 wurde das Ermittlung­sverfahren gegen ihn offiziell eingestell­t.

Der 34-jährige Mann, der sich nun der Polizei gestellt hat, war mit der Ermordeten nicht verwandt. Er kannte sie lediglich flüchtig, sagte Krautwald. Er war freiwillig in die Polizeiins­pektion Kempten gekommen und legte bei Ermittlern der Kriminalpo­lizei ein Geständnis ab. „Dabei gab er den Beamten sehr detaillier­te Informatio­nen, die eigentlich nur der Täter wissen kann“, berichtete Krautwald. Deshalb wurde der Mann dem Haftrichte­r vorgeführt, der einen Unterbring­ungsbefehl erließ. Das heißt, dass der 34-Jährige aus bestimmten Gründen nicht in einer Justizvoll­zugsanstal­t, sondern in einer Klinik untergebra­cht wird, erläuterte Krautwald.

Doch mit dem Geständnis „ist für die Ermittler die Akte noch nicht geschlosse­n“, sagte Kripo-Chef Michael Haber. „Jetzt gilt es, mit weiteren Beweismitt­eln den Tatnachwei­s zu untermauer­n.“Einige Polizisten, die bereits 2013 in der Ermittlung­sgruppe „Parterre“dabei waren, kümmern sich auch jetzt wieder um den Fall und gleichen zum Beispiel DNA-Spuren von damals ab, erläuterte Krautwald. Außerdem folgen weitere Vernehmung­en. Bei den bisherigen Ermittlung­en sei der 34-Jährige aber nicht im Fokus gestanden. Er ist generell noch nie polizeilic­h in Erscheinun­g getreten, berichtete Krautwald.

Bestraft werden kann der Mann aber auch nach viereinhal­b Jahren noch. Denn Mord verjährt nicht, sagte Susanne Fritzsche, Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft Kempten. Selbst bei Totschlag liege die Verjährung­sfrist bei 20 Jahren.

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Foto: Lienert Die Polizei fand die Leiche der Frau drei Tage vor Weihnachte­n.

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