Mittelschwaebische Nachrichten

Die „Windsors von Mindelheim“

Gitti und Hannes Weber geben heuer zum letzten Mal das Ehepaar Frundsberg

- VON FRANZ ISSING

Mindelheim In Mindelheim kennt die beiden jeder. Beim Bäcker und Metzger heißen sie nur die Frundsberg­s. Doch das könnte sich bald ändern. Denn Gitti und Hannes Weber schlüpfen in diesem Jahr zum letzten Mal in die Rolle des berühmtest­en Ehepaares der Kreisstadt. Seit 2006 mimen sie alle drei Jahre den Landsknech­tsführer Georg von Frundsberg und seiner Ehefrau Anna von Lodron.

„Eine Handvoll Frundsberg ist genug“, findet der 61-jährige Steuerbera­ter und scherzt: „Sonst heißt es eines Tages nicht mehr Vater, sondern Opa der Landsknech­te.“„Irgendwann muss man halt loslassen können, schließlic­h wollen auch mal Jüngere zum Zug kommen“, stimmt ihm seine Frau zu. „Wir hatten eine wunderbare Zeit, die wir nicht missen möchten“, sind sich die „Windsors von Mindelheim“einig. Hauptdarst­eller zu sein bei einem der ältesten historisch­en Feste Deutschlan­ds, das ab Freitag wieder stattfinde­t, hat das Leben von Gitti und Hannes Weber geprägt. „Wir haben uns voll mit den historisch­en Figuren identifizi­ert“, sagen sie.

„Diese Rollen kann man nicht spielen, man muss sie leben, wenn sie überzeugen­d rüberkomme­n sollen“, lautet das Credo der Frundsberg­s, denen der Abschied nicht leichtfäll­t. Bisweilen hatten sie an ihrem Rollenspie­l buchstäbli­ch schwer zu tragen. Wiegt doch die Rüstung von Ritter Jörg ganze 32 Kilo, während das Kleid der Anna von Lodron zehn Kilo auf die Waage bringt. „In diese Montur komme ich allein gar nicht hinein, geschweige denn wieder heraus“, sagt Gitti Weber und klärt auf: „Da müssen am Rücken des Kleides 40 bis 50 kleine Häkchen eingehängt werden, das ist mühevolle Kleinarbei­t.“Früher half den höfischen Damen eine Zofe beim Ankleiden. „Mein Mann kann das aber auch sehr gut“, bemerkt die „italienisc­he Gräfin“lachend, während ihr Gemahl viele schöne Erinnerung­en Revue passieren lässt.

So traten die Frundsberg­s zu Fuß und hoch zu Ross schon bei zahlreiche­n Landsknech­tstreffen und historisch­en Umzügen in ganz Süddeutsch­land auf, hielten Hof bei Ministerpr­äsident Markus Söder in der Bayerische­n Staatskanz­lei und unternahme­n auch Reisen zu den Originalsc­hauplätzen in Südtirol, Ladrone und Pavia.

Reiten musste das Frundsberg nicht lernen. alles Glück der Erde auf den Rücken von Ehepaar Dass Pferden liegt, haben sie schon in jungen Jahren mitbekomme­n. „Seit 20 Jahren haben wir eigene Pferde im Stall stehen, die jedoch nicht zugtauglic­h sind“, sagen sie. Hannes Weber macht keinen Hehl daraus, dass ihm die Rolle des Georg von Frundsberg mit den Jahren ans Herz gewachsen ist. Der Mindelheim­er sieht in dem Landsknech­tsführer, der zu Beginn des 16. Jahrhunder­ts unter anderem für Kaiser Maximilian I. in den Krieg zog, weniger einen Feldherrn als einen fürsorglic­hen Vater der Söldner. „Auf dem Weg vom Mittelalte­r in eine neue Zeit hat Ritter Jörg Aufbruchst­immung verbreitet“, ist er überzeugt. Um sein „Vorbild“besser kennenzule­rnen, vertiefte sich der 61-Jährige in die Biografien des kaiserlich­en Hauptmanne­s und machte sich auch mit den Ereignisse­n von anno dazumal vertraut. Geschichts­bücher füllen in seinem Haus ein ganzes Zimmer, die Frundsberg-Biografie des Historiker­s Reinhard Baumann ist für ihn Pflichtlek­türe.

Auch Gitti Weber, deren Karriere als Marketende­rin begann, hat sich mit der Historie der Anna von Lodron eingehend beschäftig­t. Beeindruck­t ist sie vor allem von der Stärke der italienisc­hen Gräfin, die in Mindelheim die Stellung hielt, wenn Ehemann Georg wieder einmal in den Krieg gezogen war.

Jetzt, so kurz vor dem großen Fest, trägt der gewöhnlich glatt rasierte Frundsberg-Darsteller wieder seinen Vollbart. Schon jetzt jagt ein Termin den nächsten. Um alle Termine wahrnehmen zu können, haben sich Gitti und Hannes Weber Urlaub genommen. „Sonst ist das Pensum nicht zu schaffen“, sagen sie. Zehn Tage lang stehen die Frundsberg­s bald wieder im Scheinwerf­erlicht und werden von Fotografen umschwärmt. Was den Webers Sorge bereitet, ist jedoch, „dass weit und breit keine Nachfolger in Sicht sind“.

Termine Das Frundsberg­fest in Min delheim findet vom 29. Juni bis 8. Juli statt. Näheres dazu im Internet unter www.frundsberg­fest.de

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Foto: Franz Issing Gitti und Hannes Weber

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