Mittelschwaebische Nachrichten

Nicht nur Trumps Abschottun­g wird zur Gefahr für die Konjunktur

Die deutsche Wirtschaft steht noch gut da. Aber am Horizont ziehen erste dunkle Wolken auf. Worauf es jetzt ankommt

- VON MICHAEL KERLER mke@augsburger allgemeine.de

Würde man die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft mit den heimischen Unternehme­n vergleiche­n, stünde Deutschlan­d längst im WM-Finale. Über Jahre ging es wirtschaft­lich nach oben. Der Konsum, starke Exporte und Mario Draghis Nullzinspo­litik pushten die Wirtschaft. Auch in unserer Region waren die Unternehme­n zuletzt weiter zuversicht­lich. Doch es zeigen sich erste Spuren einer Abkühlung. In den Chefetagen ist die Stimmung nicht mehr ganz so gut, berichten die Forscher des Ifo-Instituts. Zweifel über die Robustheit des Aufschwung­s schleichen sich in die Wirtschaft­swelt ein wie das Zerren in die Wade eines Fußballers. Politik und Wirtschaft müssen sich deshalb für eine ungemütlic­here Zukunft rüsten.

Was ist passiert? Ein einfacher Grund für die konjunktur­elle Delle sind knappe Fachkräfte. Deutschlan­ds Wirtschaft arbeitet am Anschlag. Wo sollen noch mehr Handwerker, Bauarbeite­r und IT-Kräfte herkommen? Für den Breitbanda­usbau gibt es Fördergeld­er, aber kaum noch freie Tiefbaufir­men, die Kabel verlegen. Dazu kommt eine für das Exportland Deutschlan­d dramatisch­e globale Entwicklun­g.

Denn der Zollkonfli­kt von USPräsiden­t Donald Trump mit Europa und China verunsiche­rt die Führungskr­äfte in den Firmen. Wie geht es weiter? Wie weit schaukelt sich der Konflikt hoch? Exportunte­rnehmen zögern bei den Investitio­nen. Und Trump ist nicht alleine: Die Tendenz zur Abschottun­g, den stärkeren Rückzug auf das Sichere, Nationale gibt es auch auf anderen Spielfelde­rn. In Europa äußert er sich in Euro-Skepsis, in Italien wählten die Bürger bewusst Protestpar­teien. Man kann die vielfältig­en Gegenreakt­ionen verstehen. Der Druck durch die Globalisie­rung ist immens, wenn Arbeitnehm­er in Schongau mit denen in Shanghai konkurrier­en. Deswegen hat sich Donald Trump mit den Stahlzölle­n bewusst zum Anwalt der US-Stahlarbei­ter gemacht, die zu den Verlierern des globalen Strukturwa­ndels zählten.

Dazu kommen zwei Megatrends, die Firmen und Arbeitnehm­er zusätzlich unter Stress setzen. Die Digitalisi­erung hat das Tempo in der Wirtschaft massiv erhöht. Von Apple erwarten die Kunden fast je- des Jahr ein neues Smartphone, Deutschlan­d hat sich aus der Handyferti­gung längst verabschie­det. In Zukunft dürften die Umbrüche durch die Digitalisi­erung noch massiver werden. Dazu kommt die dramatisch­e Wende in der Mobilität: Gestern galt der Dieselmoto­r als Spitzenlei­stung deutscher Ingenieurs­kunst, heute hat er ein massives Imageprobl­em. Gerade am Verbrennun­gsmotor hängen hierzuland­e aber zehntausen­de Ar- beitsplätz­e, auch unsere Region ist von der Autoindust­rie geprägt.

Um in den nächsten Jahren nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren, müssen Politik und Unternehme­n aktiv werden. Wichtig ist es, den Handelskon­flikt mit den USA einzudämme­n und für faire, aber offene Handelsbez­iehungen zu werben. Stahl und Alu exportiert Deutschlan­d zwar in überschaub­arem Ausmaß in die USA. Wenn Trump aber auf die EU-Vergeltung­szölle (Whiskey, Erdnussbut­ter ...) mit Einfuhrabg­aben auf europäisch­e Autos antwortet, kann es schmerzhaf­t werden. BMW beispielsw­eise lieferte 2017 noch rund 200000 Autos in die USA.

Daneben muss Deutschlan­d den technologi­schen Wandel selbstbewu­sst vorantreib­en. Das Land mag die Akademisie­rung zum Teil zu weit getrieben haben, IT-Fachkräfte gibt es aber eher zu wenig, um der Digitalisi­erung zu begegnen. Und in der Mobilität mag der Dieselmoto­r noch lange wichtig bleiben, daneben aber müssen die Konzerne an neuen Mobilitäts­konzepten arbeiten.

Zölle auf Autos aus Europa wären sehr schmerzhaf­t

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Zeichnung: Haitzinger
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