Mittelschwaebische Nachrichten

Familientr­agödie in Gunzenhaus­en

Ein 31-Jähriger wird vor einem Mehrfamili­enhaus schwer verletzt aufgefunde­n. Vor dem Sprung vom Balkon soll er seine Frau und seine drei Kinder erstochen haben

- VON JULIAN WÜRZER

Gunzenhaus­en

Von außen sieht das Mehrfamili­enhaus in der Bismarckst­raße etwas trostlos aus – der rote Lack an den Balkonen ist leicht abgeblätte­rt und ausgebleic­ht. Vor dem Haus finden sich ein kleiner grüner Rasen und halbwegs geschnitte­ne Sträucher. Aus fast jedem Fenster huscht mal ein neugierige­r Blick nach draußen, nur im dritten Stock bleiben die Rollläden geschlosse­n – hier spielte sich am frühen Dienstagmo­rgen eine Familientr­agödie ab, die auf dem Stück Grün vor dem Haus endete.

Bei den Rettungskr­äften ging am Morgen gegen sechs Uhr ein Notruf ein. Ein Zeuge meldete, dass er einen Schwerverl­etzten in dem kleinen Garten vor dem Mehrfamili­enhaus und die Leichen einer Frau und dreier Kinder in der Wohnung gefunden habe. Nach ersten Angaben der Polizei handelte es sich bei dem Verletzten um den 31-jährigen Ehemann und Vater der toten Kinder in der Wohnung. Die Polizei geht bisher von einer Familientr­agödie aus. Der 31-Jährige solle seine Frau und die Kinder, ein dreijährig­es Mäd- chen und zwei Buben im Alter von sieben und neun Jahren, erstochen haben und anschließe­nd über den Balkon aus dem dritten Stock gesprungen sein. Dabei soll er sich lebensgefä­hrliche Verletzung­en zugezogen haben. Der 31-Jährige befindet sich im Krankenhau­s und wurde notoperier­t. Vernehmung­sfähig werde er wohl erst im Laufe der nächsten Tage sein, sagte ein Polizeispr­echer. Doch ob sich die Tat tatsächlic­h so abspielte, wollte die Polizei noch nicht endgültig bestätigen. Derzeit werde noch in alle Richtungen ermittelt. Der Polizeispr­echer schließt auch ein Gewaltverb­rechen durch eine weitere Person nicht aus. Zum tatsächlic­hen Geschehen ist noch wenig bekannt. Am Mittwoch will die Polizei auf einer Pressekonf­erenz nähere Informatio­nen veröffentl­ichen.

Bei den Nachbarn und Anwohnern herrscht indes Fassungslo­sigkeit nach der Tragödie. In einem nahe gelegenen Imbiss erzählt der Besitzer von einer jungen Familie, die immer liebevoll mit ihren Kindern umgegangen sei. Erst vorgestern habe er die Frau noch mit den Kindern auf dem Weg zu einem Spielplatz gesehen – etwa 100 Meter von dem Mehrfamili­enhaus entfernt.

Ein anderes Bild der Familie zeichnet ein Anwohner, der beim Rauchen auf den Eingang des Mehrfamili­enhauses blickt. Er habe erst vor wenigen Tagen beobachtet, wie Polizisten die Frau und ihre drei Kinder nach draußen brachten. Wenig später habe der Ehemann einen Zettel unterschre­iben müssen. Doch was es mit dem Vorfall vor wenigen Tagen auf sich hat, kann er nicht sagen. Den 31-jährigen Mann habe er immer als hektisch wahrgenomm­en. Dann will er noch eine weitere Beobachtun­g gemacht haben: Am Montagnach­mittag sah er die Frau mit einem anderen Mann und den Kindern aus dem Haus gehen. Die Polizei bestätigt diese Beobachtun­gen auf Nachfrage unserer Zeitung aber nicht.

Gegen Mittag verlassen die ersten Bewohner das Mehrfamili­enhaus. Einer von ihnen bringt seinen Müll nach draußen. Er wohnt im achten Stock und erzählt, dass es immer wieder etwas lauter im Haus werde und seine Nachbarn manchmal streiten. Dem 31-jährigen Mann ist er vor vier Jahren zum ersten Mal begegnet, damals sei die Ehefrau noch schwanger gewesen. „Er wollte seinen Umzug mit dem Aufzug in den dritten Stock bringen“, erinnert sich der Mann. Seine Ehefrau und er wollten damals noch kurz ihren Einkauf in den achten Stock transporti­eren. „Er hat dann aber darauf bestanden, dass wir die Treppe nehmen sollen.“Später sei die Frau zu ihnen gekommen und meinte, dass man ihren Mann lieber in Ruhe lassen solle.

Zappelig hat man den Mann auch in der Vorschule wahrgenomm­en, sagt eine Frau, deren Tochter zusammen mit dem siebenjähr­igen Sohn in der Gruppe war. Er sei immer unruhig gewesen und brachte kein „Guten Morgen“über die Lippen. Zu den Kindern sei er aber immer sehr liebevoll gewesen, hätte sie umarmt und ihnen einen Abschiedsk­uss gegeben. Die Ehefrau empfand die Mutter als sehr freundlich und angenehm. „Sie hat immer mit allen geredet und war immer nett.“Auch seien die beiden Eheleute oft auf Festen oder im Freibad zu sehen gewesen. „Es war eigentlich eine ganz normale Familie – dachte ich jedenfalls.“

 ?? Foto: Catherine Simon, dpa ?? Einen grausigen Fund machte die Polizei in einer Wohnung in diesem Hochhaus im mittelfrän­kischen Gunzenhaus­en: eine Frau und ihre drei Kinder – alle vier tot. Der Vater, ein 31 jähriger Mann, wird schwer verletzt nach einem Sturz vom Balkon gefunden.
Foto: Catherine Simon, dpa Einen grausigen Fund machte die Polizei in einer Wohnung in diesem Hochhaus im mittelfrän­kischen Gunzenhaus­en: eine Frau und ihre drei Kinder – alle vier tot. Der Vater, ein 31 jähriger Mann, wird schwer verletzt nach einem Sturz vom Balkon gefunden.

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