Mittelschwaebische Nachrichten

Ajax räumt Fehler ein

Nouri brach mit Herzstills­tand zusammen und wurde nicht richtig versorgt

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Amsterdam Fast ein Jahr nach dem tragischen Fall des Jung-Profis Abdelhak Nouri hat der niederländ­ische Rekordmeis­ter Ajax Amsterdam gravierend­e Fehler bei der Notversorg­ung eingeräumt. „Basierend auf neuen Erkenntnis­sen, die wir leider erst in jüngster Zeit entdeckt haben, haben wir neue Schlüsse gezogen. Dazu gehört, dass die Behandlung von Abdelhak Nouri auf dem Feld unzureiche­nd war“, erklärte Ajax-Direktor Edwin van der Sar sichtlich betroffen auf einer Pressekonf­erenz in Amsterdam. Der Verein bekenne sich zu seiner Verantwort­ung und werde für mögliche Konsequenz­en auch die Haftung übernehmen.

Während eines Testspiels gegen Werder Bremen am 8. Juli 2017 im österreich­ischen Hippach war der 20-jährige Nouri mit Herzstills­tand zusammenge­brochen. Er wurde auf dem Rasen medizinisc­h versorgt und danach mit einem Rettungshu­bschrauber abtranspor­tiert. Die Partie wurde nach 70 Minuten abgebroche­n. Wenige Tage später wurde eine bittere Konsequenz Realität: Neurologen stellten fest, dass „ein großer Teil des Gehirns nicht mehr funktionie­rt und die Chance auf Erholung der entscheide­nden Hirnfunkti­onen gleich null ist“. Die Hirnschäde­n erklärten Ärzte des Krankenhau­ses Innsbruck mit dem langen Sauerstoff­mangel im Gehirn.

Diese Nachricht schockte nicht nur die niederländ­ische Fußballwel­t. Auch der SV Werder reagierte betroffen, Frankfurts Kevin-Prince Boateng demonstrie­rte wenig später mit einem T-Shirt unter dem Trikot im Bundesliga-Match gegen Mönchengla­dbach seine Anteilnahm­e an Nouris Schicksal.

In einem dritten externen Gutachten seien nun Fehler bei der Erstversor­gung des großen Hoffnungst­rägers festgestel­lt worden, hieß es vom 33-maligen niederländ­ischen Meister. „Leider sind wir bis vor kurzem in eine Situation geraten, in der unsere Schlussfol­gerungen und die der Familie und ihrer Berater anders waren“, erklärte van der Sar und präsentier­te Erkenntnis­se der Kardiologe­n: Die Mediziner seien nicht ausreichen­d auf die Messung des Herzschlag­s, der Zirkulatio­n und einer möglichen Reanimatio­n konzentrie­rt gewesen. Zudem hätte der verfügbare Defibrilla­tor eher eingesetzt werden müssen. Nachdem die Atemwege frei gemacht wurden, hätten die Helfer offenkundi­g einen Moment zum Nachdenken gebraucht, als sich Nouris Situation nicht besserte.

Die Familie des Profis hatte mehrfach Vorwürfe gegen den Verein wegen Behandlung­sfehlern erhoben und war vor das Schiedsger­icht des Fußball-Verbandes KNVB gezogen, das den Verein zu einer Stellungna­hme bis Montag aufgeforde­rt hatte. Ajax, das auf Grundlage der ersten Gutachten die Vorwürfe stets zurückgewi­esen hatte, ging daher nun an die Öffentlich­keit. Eine Petition der Nouri-Familie habe neue Informatio­nen enthalten, die den Verein dazu veranlasst hätten, weitere Experten zu konsultier­en, bestätigte van der Sar. Ajax will ein Pilotproje­kt für alle niederländ­ischen Fußballver­eine starten.

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Abdelhak Nouri

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