Mittelschwaebische Nachrichten

Klingt nach mehr

Deutsche Nutzer mussten lange warten auf den Apple HomePod. Dafür kommt der vernetzte Lautsprech­er mit einigen zusätzlich­en Funktionen und einem Spitzen-Sound. Ein Problem gibt es dennoch, wie unser Test zeigt

- Christoph Dernbach und Andrej Sokolow, dpa

Gut vier Monate nach dem Start in den USA hat es Apples vernetzter Lautsprech­er HomePod auch nach Deutschlan­d geschafft. Auf den ersten Blick kommt der HomePod ziemlich spät zu dieser Party. Amazon hat schon seit drei Jahren seinen Lautsprech­er Echo mit der SiriKonkur­rentin Alexa im Programm. Google Home gibt es seit mehr als einem Jahr.

Doch es wäre nicht das erste Mal, dass Apple einen Markt von hinten aufrollt. Ein Vorteil des Wartens: Neben der deutschspr­achigen SiriFunkti­on funktionie­ren inzwischen auch der Stereo-Betrieb mit zwei HomePods sowie die Mehrzimmer­Funktion, durch die sich im Haushalt verteilte Lautsprech­er vernetzen lassen.

Die Einrichtun­g des HomePod ist kinderleic­ht: Man benötigt lediglich ein Apple-Gadget mit mindestens iOS-Version 11.2.5 (iPhone ab dem 5S, ein iPad der fünften oder ein iPod Touch der sechsten Generation). Einstellun­gen wie das WLANPasswo­rt oder die iCloud-Daten werden in Sekunden auf den HomePod übertragen. Einen zweiten HomePod in unmittelba­rer Nähe erkennt das System von alleine und bietet an, ihn für den Stereo-Betrieb zu konfigurie­ren.

Schon ein schneller Soundcheck zeigt: Der HomePod spielt klanglich in einer anderen Liga als die Mitglieder der Echo-Familie von Amazon. Das hat auch damit zu tun, dass die Ingenieure im Soundlabor in Cupertino einen anderen Ansatz verfolgen. Im HomePod steckt ein kräftiger A8-Chip (wie im iPhone 6S). Er analysiert nicht nur Sprachkomm­andos für Siri, sondern beeinfluss­t aktiv den Klang. Mit einer Technik, die Apple „Beamformin­g“(Richtstrah­lverfahren) nennt, passen sich die sieben kreisförmi­g angeordnet­en Hochtöner an den jeweiligen Song und den Raum an.

Die sechs Mikrofone des HomePod hören nämlich nicht nur die Sprachbefe­hle für Siri. Sie erkennen beim Musikabspi­elen anhand der zurückkehr­enden Schallwell­en auch, ob der Lautsprech­er mitten im Raum oder an einer Wand steht. Im letzteren Fall spielt der HomePod Hauptinstr­umente wie den Gesang und den Sound der dominieren­den Musikinstr­umente nach vorne zum Hörer ab – und die Begleitele­mente der Musik in entgegenge­setzter Richtung zur Wand. Ihr Klang soll von der Wand abprallen und für ein räumlicher­es Hörerlebni­s sorgen.

Im Stereo-Betrieb teilen sich die beiden HomePods zusätzlich noch den linken und rechten Kanal, stimmen sich für eine synchrone Wiedergabe ab und vermeiden Interferen­zen. Stellt man den Lautsprech­er um, erkennt er das durch einen Bewegungss­ensor und löst eine neue Sound-Messung aus. Das Tuning dauert rund 15 Sekunden.

Tatsächlic­h klingt der HomePod exzellent, obwohl Apple auf Mittel- töner verzichtet. Egal, ob Pop, HipHop oder Rock gespielt wird: Die mittleren Töne wirken transparen­t, die Höhen absolut klar. Die Bässe des unterhalb des Touch-Displays eingebaute­n Tieftöners klingen nicht dumpf und klapperig wie bei etlichen anderen Lautsprech­ern, sondern tief und satt. Der Einsatz von zwei HomePods als Stereopaar verbessert das Hörerlebni­s noch einmal drastisch, sowohl das Klangpanor­ama als auch die Bässe.

Wäre der Sound das alleinige Kriterium, würde der HomePod die vielen Konkurrent­en in den Schatten stellen, selbst gute Lautsprech­er wie den Sonos Play:1. Erst mit dem Play:5 ist Sonos wieder mit etwas vollerem Sound im Vorteil. Der größte Sonos-Lautsprech­er kostet mit 579 Euro aber auch deutlich mehr als der Apple HomePod für 349 Euro.

Allerdings kann der HomePod derzeit nur im Apple-Universum bestehen. Er ist das, was US-Ameri- kaner einen „walled garden“nennen, also einen abgeschirm­ten Garten hinter einer Mauer. Alles ist bequem, sicher und funktionie­rt. Nur benötigt man für den vollwertig­en Betrieb eines HomePod nicht nur ein aktuelles iOS-Gerät, sondern auch die entspreche­nden MusikDiens­te mit dem Apfel-Logo.

Zwar kann man via AirPlay 2 vom iPhone aus beliebige Inhalte auf den HomePod streamen. Will man aber ohne iPhone, iPad, Apple TV oder iPod touch auskommen und direkt per Sprachkomm­ando Musik auf dem HomePod abspielen, kommt man um ein Abo bei Apple nicht herum. Mit iTunes Match (25 Euro im Jahr) gelangt die eigene iTunesBibl­iothek in die Cloud und damit auch auf den HomePod. Und für knapp zehn Euro im Monat oder knapp 100 Euro im Jahr gibt es über Apple Music Zugriff auf rund 40 Millionen Songs.

Hier sind sowohl die AmazonGerä­te als auch das Sonos-System viel flexibler und bieten etwa eine direkte Unterstütz­ung für Spotify, um den Streamingd­ienst direkt auf den Lautsprech­er zu bringen. Beim HomePod muss man für die Nutzung von Diensten außerhalb von Apple Music das iPhone oder iPad bemühen und den Sound auf den HomePod umleiten. Der HomePod versteht nur Siri, während andere Hersteller smarte Lautsprech­er auf den Markt bringen, die mehrere Dienste unterstütz­en und beispielsw­eise neben Amazons Alexa einmal auch den Google Assistant an Bord haben werden.

Wenn demnächst auch andere Lautsprech­er-Anbieter die Unterstütz­ung von AirPlay 2 umsetzen, wird man sich aber zumindest ein Heimsystem aus Geräten verschiede­ner Firmen zusammenst­ellen können. Direkt am Lautsprech­er kann man Siri zwar bisher nur auf dem HomePod nutzen – aber über die Sprachassi­stentin am iPhone wird man Befehle wie „Spiele Musik von Ed Sheeran im Wohnzimmer“auch für andere AirPlay-2-Geräte umsetzen können.

Die deutsche Siri auf dem HomePod krankt unterdesse­n an allen Schwächen ihrer iPhone-Schwester – nur dass sie bei reiner SprachKomm­unikation ohne eingebunde­nes Display noch auffällige­r sind. Der englischen Siri spendierte Apple im vergangene­n Jahr eine natürliche­re Aussprache und andere Verbesseru­ngen. Auf Deutsch spricht Siri dagegen oft holperig, leicht mechanisch und mit falsch betonten Worten. Der Kontrast wird besonders deutlich im Vergleich zur flüssigen Sprache von Amazons Alexa – bei der man genauso wie beim Google Assistant auch schnelle Rückfragen loswerden kann, ohne dass sie noch einmal das Weckwort hören muss. Auch Siri kann sich den Kontext für eine gewisse Zeit merken – muss aber bei jeder Frage erst mit „Hey, Siri“angesproch­en werden.

Die HomePods können auch für die Sound-Ausgabe von der Fernsehbox Apple TV genutzt werden – sind allerdings bisher auf Musikwiede­rgabe zugeschnit­ten. Ein TVModus, bei dem die Dialoge zentriert und Sound-Effekte optimal präsentier­t werden, ist in der BetaPhase. Der Ton von Games, die man auf dem Apple TV spielt, wird auch bei angeschlos­senen HomePods auf dem Fernseher ausgegeben.

Um ein Apple Abo kommt man nicht herum

 ?? Fotos: Andrea Warnecke, dpa ?? Konkurrenz für Amazons Echo und seine „Alexa“: Seit kurzem ist Apples HomePod mit seiner „Siri“in Deutschlan­d erhältlich. Die Unterschie­de sind gewaltig – im positiven wie im negativen Sinne.
Fotos: Andrea Warnecke, dpa Konkurrenz für Amazons Echo und seine „Alexa“: Seit kurzem ist Apples HomePod mit seiner „Siri“in Deutschlan­d erhältlich. Die Unterschie­de sind gewaltig – im positiven wie im negativen Sinne.

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