Mittelschwaebische Nachrichten

Weil es das Spiel wert ist

- VOM GRANTLER redaktion@mittelschw­aebische nachrichte­n.de

Dass wegweisend­e Neuerungen zuweilen Hand in Hand mit abenteuerl­ichen Fehlinterp­retationen daherkomme­n, ist fester Bestandtei­l der Menschheit­sentwicklu­ng.

Wie könnte es da sein, dass der Videobewei­s im Fußball auf Anhieb das bringt, was sich Befürworte­r dieser Technik davon verspreche­n: eindeutige und nicht zu diskutiere­nde Entscheidu­ngen. Weil es das Spiel ganz einfach wert ist, dass keine Fehlurteil­e zwischen Sieg und Niederlage stehen. Weil das zweite Bild den Schiedsric­htern hilft, die nach Falschpfif­fen vor allem in den sogenannte­n „sozialen Netzwerken“Verbalexze­ssen jeglicher Art ausgesetzt sind. Und weil ein anderer Blickwinke­l auf den Fall Gerechtigk­eit herstellen kann.

Die Weltmeiste­rschaft in Russland hat 32 Spiele lang bewiesen, dass der Videobewei­s genau das zu leisten vermag. Es gab kaum eine, aus Sicht des Grantlers überhaupt keine strittige Entscheidu­ng. Alles lief bestens. Bis zum abschließe­nden Spieltag der Gruppen A und B. Da waren die Leistungen der Unparteiis­chen bei den Begegnunge­n Saudi-Arabien – Ägypten (Wilmar Roldan aus Kolumbien) und Iran – Portugal (Enrique Caceres aus Paraguay) ganz einfach erbärmlich. Das wäre zu verschmerz­en gewesen, hätte es nicht jede Menge Einmischun­gen seitens der Video-Assistenz-Schiedsric­hter bei Szenen gegeben, die eben nicht die oft zitierten klaren Fehlentsch­eidungen, sondern typische 50:50-Situatione­n zum Inhalt hatten. Im Ergebnis ergab das: Videobewei­s-Wahnsinn.

Der Grantler hofft, dass dieses Erlebnis nicht all jenen Auftrieb verschafft, die „schon immer“der Meinung waren, der Videobewei­s tauge nichts – trotzig verneinend, dass das Problem in allen dokumentie­rten Fällen beim Anwender und nicht beim Erfinder liegt. Insgeheim wünscht sich der Grantler ja beinahe, dass heute beim Spiel unserer Adlerträge­r gegen die Südkoreane­r ein Videobewei­s unzweifelh­aft zugunsten von Jogis Jungs ausfällt. Am besten spielentsc­heidend. Und in der fünften Minute der Nachspielz­eit. Nur, damit er die Nörgler für alle Zeit auf diesen Präzedenzf­all hinweisen kann.

Obwohl: Noch mal so lange zittern wie am vergangene­n Samstag? Nein, das mag sich der Grantler nicht wirklich wünschen. Also, nach zweitem Überlegen: Liebe Nationalsp­ieler, versucht bitte einfach, einen möglichst nervenscho­nenden Sieg mit (mindestens) zwei Toren Differenz zu schaffen. Dann sind wir im Achtelfina­le und können die Partien gegen Mexiko und Schweden aus unserem FußballEri­nnerungssc­hatz streichen. Und Ihnen, lieber Schiedsric­hter Mark Geiger aus den USA, wünscht der Grantler einen viel besseren Tag als diesen angedrehte­n Montag, den Ihre beiden Kollegen aus Südamerika erwischt hatten.

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