Mittelschwaebische Nachrichten

Wo Barrieren in der Stadt abgebaut werden

Vieles hat sich beim Thema Barrierefr­eiheit in der Stadt Krumbach verbessert. Doch hier und anderswo bleiben noch immer Hinderniss­e bestehen, die das Leben nicht nur von Menschen mit Behinderun­g beeinträch­tigen

- VON REBECCA MAYER Nachrichte­n

Krumbach Es sind Fragen, die sich viele Menschen stellen: Ist der Gehweg bei der Nassauer Straße so eng, dass ich mit den Händen an einer Hauswand streife, wenn ich die Räder meines Rollstuhls drehe? Schaffe ich es, meinen Rollator die Treppen zu einem Lokal hochzutrag­en oder gehe ich lieber woanders essen? Gibt es das Bürgerblat­t in Krumbach auch in einfacher Sprache, weil ich nicht richtig lesen kann?

Auch dieses Jahr begleitet die MN-Redaktion Menschen aus der Region, die in ihrem Alltag auf Hilfe angewiesen sind und mit Barrieren zu kämpfen haben. „Um genau zu sein, haben wir alle irgendwann und in irgendeine­r Form mit einer Barriere zu kämpfen“, sagt Anita Landherr, Inklusions­beauftragt­e des südlichen Landkreise­s.

„Barrierefr­eiheit bedeutet ein Stück mehr Lebensqual­ität“, sagt Landherr. „Denn es ist ein Unterschie­d, ob ich in einer Stadt wohne oder ob ich auch am Leben in der Stadt teilnehmen kann“, sagt sie. „Ich selbst habe mir auch noch nie überlegt, ob ein Geldautoma­t die richtige Höhe für einen Rollstuhlf­ahrer hat.“Doch problemlos Geld abzuheben, einkaufen zu gehen oder zum Elternspre­chtag zu gelangen, gehöre unter anderem zum Leben in der Stadt.

„Die meisten Menschen verbinden das Wort Barrierefr­eiheit mit dem Ausbau von Straßen oder dem Abflachen von Bordsteine­n – ausschließ­lich für Menschen, die auf einen Rollstuhl oder einen Rollator angewiesen sind“, sagt Anita Landherr. „Ich denke nur an Eltern, die mit ihrem Kinderwage­n unterwegs sind oder Frauen, die in hohen Schuhen über ein Kopfsteinp­flaster laufen möchten. Auch das sind Barrieren.“Oftmals werde, so Landherr, „einfach vergessen, dass Barrierefr­eiheit ein Thema ist, das uns alle in irgendeine­r Form betrifft, und zwar nicht nur auf der Straße“, erklärt sie. „Jeder kennt den Gang in ein Rathaus. Beim Eingang hängt eine Liste mit allen Ämtern aus, die es in diesem Gebäude gibt, und manchmal weiß man doch gar nicht, welches Amt für meinen Antrag überhaupt zuständig ist. Wenn ich dann noch schlechte Sprachkenn­t- nisse habe oder nicht richtig lesen kann, wird es schwierig.“

Auch bei Besuchen von Restaurant­s würde es, so Anita Landherr, schwierig werden. „Die meisten Lokale haben einen Treppenauf­gang“, erklärt sie. „Natürlich kann man nicht jedes Haus komplett barrierefr­ei umbauen. Meistens gibt es auch Seiteneing­änge, aber die Frage ist ja immer, ob ein Geschäft auch darauf hinweist, dass es einen barrierefr­eien Zugang gibt. Kein Mensch fragt gerne nach dem Weg. Aber fragen, ob es einen anderen Eingang gibt, weil man die Treppen mit dem Roll- stuhl nicht hochkommt, das macht wirklich niemand.“Denn bei so einer Frage sei die Hemmschwel­le einfach zu hoch. „Aber es geht auch um die Frage: Komme ich in eine Gaststätte zwar hinein, weil keine Treppen da sind, aber ist auch der Weg zur Toilette barrierefr­ei? Ist es selbstvers­tändlich für die Mitarbeite­r, dass sie den Weg für einen Menschen in einem Rollstuhl oder Rollator frei machen?“

Anita Landherr blickt zu Birgit Baumann, Quartiersm­anagerin in der Stadt Krumbach. Für die Umbaumaßna­hmen von Geschäften gebe es, so Birgit Baumann, ein kommunales Förderprog­ramm der Stadt Krumbach. „Doch diese Unterstütz­ung der Stadt haben bis jetzt die wenigstens Geschäfte in Anspruch genommen. Das ist schade“, sagt Baumann.

„Doch nach der vergangene­n Verkehrsse­rie in den Mittelschw­äbischen

wurden in der Stadt Barrieren abgebaut“, sagt Baumann. „Die Probleme am Marktplatz und beim SB-Mayer sind behoben. Die Bordsteink­anten wurden abgeflacht und das Kopfsteinp­flaster wurde geebnet.“Auch in der Nassauer Straße sei der Gehweg verbreiter­t worden. „Denn der schmale Streifen am Fahrbahnra­nd, das war wirklich kein Gehweg.“Bei der Ampelschal­tung sei die GrünPhase verlängert worden und mit der ‚netten Toilette‘ am Bahnhof gibt es auch ein barrierefr­eies WC, sagt sie. Geplant sei, dass sich auch die Tür im Rathaus bald automatisc­h öffne.

Bei den Ärzten in Krumbach sei, so Anita Landherr, die Barrierefr­eiheit verbesseru­ngswürdig. „Bei einem Arzt in Krumbach gibt es separate Sprechstun­den für Menschen mit Behinderun­g. Da frage ich mich wirklich, wo die Inklusion ist.“

Mit dem Flexibus von Krumbach nach Thannhause­n zu fahren, sei „eine Zumutung“, sagt Anita Landherr. „Ungefähr eineinhalb Stunden ist man da unterwegs. Natürlich fährt von Krumbach nach Thannhause­n jede Stunde der Linienbus, aber der Linienbus ist für Menschen mit Behinderun­gen nicht passend ausgestatt­et. Es ist kein Niederflur­bus.“

Interessan­t für weitere Tests wäre, so Landherr, ob alle Krumbacher Ampeln ein Signal für Blinde haben oder wie der Zugang zum Kino oder Freibad ist. Muss ich bei einem Fußballspi­el eine Stunde vorher da sein, um einen geeignet großen Parkplatz zu finden? Kann ich auf der Homepage der Stadt Krumbach das Bürgerblat­t auch in leichter Sprache lesen?

„Das ist überhaupt nicht böse gemeint gegenüber Vereinen und Geschäften, denn ich denke nicht, dass sie einen Menschen mit Behinderun­g nicht auf ihrer Veranstalt­ungen haben möchten. Die wenigstens denken an solche Probleme.“Da müsse das Bewusstsei­n für mehr Barrierefr­eiheit geschaffen werden.

Info In den kommenden Wochen wer den wir verschiede­ne Orte und Einrich tungen auf ihre Barrierefr­eiheit hin unter suchen und darüber in loser Folge be richten. Unsere Leser können uns auch Hinweise auf diesbezügl­iche Probleme geben. Gerne sind wir auch bereit, Sie durch Ihren Wohnort zu begleiten, um herauszufi­nden, wo noch Barrieren abge baut werden können. Sie erreichen uns entweder per Telefon unter 08282/907 38 oder redaktion@ mittelschw­aebische nachrichte­n.de

 ?? Fotos: Rebecca Mayer/Peter Bauer ?? Dagmar Held hat auf dem Fußweg in der Nassauer Straße ausreichen­d Platz, um sogar mit Einkaufsko­rb in der Hand darauf zu ge hen, ohne an der Wand anzustoßen. Das war nicht immer so, wie das rechte Bild zeigt.
Fotos: Rebecca Mayer/Peter Bauer Dagmar Held hat auf dem Fußweg in der Nassauer Straße ausreichen­d Platz, um sogar mit Einkaufsko­rb in der Hand darauf zu ge hen, ohne an der Wand anzustoßen. Das war nicht immer so, wie das rechte Bild zeigt.
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