Mittelschwaebische Nachrichten
Wo Barrieren in der Stadt abgebaut werden
Vieles hat sich beim Thema Barrierefreiheit in der Stadt Krumbach verbessert. Doch hier und anderswo bleiben noch immer Hindernisse bestehen, die das Leben nicht nur von Menschen mit Behinderung beeinträchtigen
Krumbach Es sind Fragen, die sich viele Menschen stellen: Ist der Gehweg bei der Nassauer Straße so eng, dass ich mit den Händen an einer Hauswand streife, wenn ich die Räder meines Rollstuhls drehe? Schaffe ich es, meinen Rollator die Treppen zu einem Lokal hochzutragen oder gehe ich lieber woanders essen? Gibt es das Bürgerblatt in Krumbach auch in einfacher Sprache, weil ich nicht richtig lesen kann?
Auch dieses Jahr begleitet die MN-Redaktion Menschen aus der Region, die in ihrem Alltag auf Hilfe angewiesen sind und mit Barrieren zu kämpfen haben. „Um genau zu sein, haben wir alle irgendwann und in irgendeiner Form mit einer Barriere zu kämpfen“, sagt Anita Landherr, Inklusionsbeauftragte des südlichen Landkreises.
„Barrierefreiheit bedeutet ein Stück mehr Lebensqualität“, sagt Landherr. „Denn es ist ein Unterschied, ob ich in einer Stadt wohne oder ob ich auch am Leben in der Stadt teilnehmen kann“, sagt sie. „Ich selbst habe mir auch noch nie überlegt, ob ein Geldautomat die richtige Höhe für einen Rollstuhlfahrer hat.“Doch problemlos Geld abzuheben, einkaufen zu gehen oder zum Elternsprechtag zu gelangen, gehöre unter anderem zum Leben in der Stadt.
„Die meisten Menschen verbinden das Wort Barrierefreiheit mit dem Ausbau von Straßen oder dem Abflachen von Bordsteinen – ausschließlich für Menschen, die auf einen Rollstuhl oder einen Rollator angewiesen sind“, sagt Anita Landherr. „Ich denke nur an Eltern, die mit ihrem Kinderwagen unterwegs sind oder Frauen, die in hohen Schuhen über ein Kopfsteinpflaster laufen möchten. Auch das sind Barrieren.“Oftmals werde, so Landherr, „einfach vergessen, dass Barrierefreiheit ein Thema ist, das uns alle in irgendeiner Form betrifft, und zwar nicht nur auf der Straße“, erklärt sie. „Jeder kennt den Gang in ein Rathaus. Beim Eingang hängt eine Liste mit allen Ämtern aus, die es in diesem Gebäude gibt, und manchmal weiß man doch gar nicht, welches Amt für meinen Antrag überhaupt zuständig ist. Wenn ich dann noch schlechte Sprachkennt- nisse habe oder nicht richtig lesen kann, wird es schwierig.“
Auch bei Besuchen von Restaurants würde es, so Anita Landherr, schwierig werden. „Die meisten Lokale haben einen Treppenaufgang“, erklärt sie. „Natürlich kann man nicht jedes Haus komplett barrierefrei umbauen. Meistens gibt es auch Seiteneingänge, aber die Frage ist ja immer, ob ein Geschäft auch darauf hinweist, dass es einen barrierefreien Zugang gibt. Kein Mensch fragt gerne nach dem Weg. Aber fragen, ob es einen anderen Eingang gibt, weil man die Treppen mit dem Roll- stuhl nicht hochkommt, das macht wirklich niemand.“Denn bei so einer Frage sei die Hemmschwelle einfach zu hoch. „Aber es geht auch um die Frage: Komme ich in eine Gaststätte zwar hinein, weil keine Treppen da sind, aber ist auch der Weg zur Toilette barrierefrei? Ist es selbstverständlich für die Mitarbeiter, dass sie den Weg für einen Menschen in einem Rollstuhl oder Rollator frei machen?“
Anita Landherr blickt zu Birgit Baumann, Quartiersmanagerin in der Stadt Krumbach. Für die Umbaumaßnahmen von Geschäften gebe es, so Birgit Baumann, ein kommunales Förderprogramm der Stadt Krumbach. „Doch diese Unterstützung der Stadt haben bis jetzt die wenigstens Geschäfte in Anspruch genommen. Das ist schade“, sagt Baumann.
„Doch nach der vergangenen Verkehrsserie in den Mittelschwäbischen
wurden in der Stadt Barrieren abgebaut“, sagt Baumann. „Die Probleme am Marktplatz und beim SB-Mayer sind behoben. Die Bordsteinkanten wurden abgeflacht und das Kopfsteinpflaster wurde geebnet.“Auch in der Nassauer Straße sei der Gehweg verbreitert worden. „Denn der schmale Streifen am Fahrbahnrand, das war wirklich kein Gehweg.“Bei der Ampelschaltung sei die GrünPhase verlängert worden und mit der ‚netten Toilette‘ am Bahnhof gibt es auch ein barrierefreies WC, sagt sie. Geplant sei, dass sich auch die Tür im Rathaus bald automatisch öffne.
Bei den Ärzten in Krumbach sei, so Anita Landherr, die Barrierefreiheit verbesserungswürdig. „Bei einem Arzt in Krumbach gibt es separate Sprechstunden für Menschen mit Behinderung. Da frage ich mich wirklich, wo die Inklusion ist.“
Mit dem Flexibus von Krumbach nach Thannhausen zu fahren, sei „eine Zumutung“, sagt Anita Landherr. „Ungefähr eineinhalb Stunden ist man da unterwegs. Natürlich fährt von Krumbach nach Thannhausen jede Stunde der Linienbus, aber der Linienbus ist für Menschen mit Behinderungen nicht passend ausgestattet. Es ist kein Niederflurbus.“
Interessant für weitere Tests wäre, so Landherr, ob alle Krumbacher Ampeln ein Signal für Blinde haben oder wie der Zugang zum Kino oder Freibad ist. Muss ich bei einem Fußballspiel eine Stunde vorher da sein, um einen geeignet großen Parkplatz zu finden? Kann ich auf der Homepage der Stadt Krumbach das Bürgerblatt auch in leichter Sprache lesen?
„Das ist überhaupt nicht böse gemeint gegenüber Vereinen und Geschäften, denn ich denke nicht, dass sie einen Menschen mit Behinderung nicht auf ihrer Veranstaltungen haben möchten. Die wenigstens denken an solche Probleme.“Da müsse das Bewusstsein für mehr Barrierefreiheit geschaffen werden.
Info In den kommenden Wochen wer den wir verschiedene Orte und Einrich tungen auf ihre Barrierefreiheit hin unter suchen und darüber in loser Folge be richten. Unsere Leser können uns auch Hinweise auf diesbezügliche Probleme geben. Gerne sind wir auch bereit, Sie durch Ihren Wohnort zu begleiten, um herauszufinden, wo noch Barrieren abge baut werden können. Sie erreichen uns entweder per Telefon unter 08282/907 38 oder redaktion@ mittelschwaebische nachrichten.de