Mittelschwaebische Nachrichten
Einstellung und Aufstellung
Rumms! Das hat gesessen. Sogar der Grantler, sonst um keinen verzichtbaren Wortbeitrag verlegen, wurde ganz ruhig. Aus! In der Vorrunde! Und das, bei aller Wertschätzung für MexikanerSchwedenKoreaner, in dieser Gruppe! Mit dieser Spielergeneration! Ein Wahnsinn, unglaublich. Und doch erklärbar. Denn obwohl es gewiss eine erkleckliche Zahl einzelner Ursachen gibt, die zu diesem Resultat geführt haben, sieht der Grantler zwei große Faktoren, die vieles, wenn nicht alles, erklären: Einstellung und Aufstellung.
Es ist ja keineswegs so, dass die sogenannten „Kleinen“bei dieser WM urplötzlich viel besser oder auch nur taktisch überraschend anders Fußball spielen als in der Vergangenheit. Es ist einfach so, dass sie ihre Herzen in beide Hände nehmen, während gleichzeitig die „Großen“in kollektiver Arroganz so tun, als könnten sie die lästige Vorrunde quasi im Vorübergehen erledigen. Es sagt schon alles, wenn der Bundestrainer im Vorfeld vollmundig verkündet, so ein Turnier sei ja lang – und wenn diverse Nationalspieler im Nachhinein kleinlaut einräumen, ihnen habe der nötige Wille gefehlt. Ja geht’s eigentlich noch?, platzt es da aus dem Grantler heraus. Er fragt missgestimmt: Wie kann die Mentalitätsfrage aufkommen, wenn ich für mein Land bei einer Weltmeisterschaft spiele? Und mit welcher Ignoranz gehe ich davon aus, dass mein jeweiliger Kontrahent entweder genauso apathisch an die Sache herangeht wie ich selbst oder dass er schnell an die Grenzen seines Könnens beziehungsweise seiner Kraft stoßen wird?
Korrigieren ließe sich ein derartiges Einstellungsdefizit Einzelner vielleicht mit der richtigen Aufstellung. Da hat sich der Bundestrainer (zum ersten Mal nach vielen herrlich erfolgreichen Jahren, betont der Grantler) ganz einfach vergriffen. Zu spät hat er verinnerlicht, dass die Zeit des von den Spaniern erfundenen Siegerfußballs ohne echte Spitzen vermutlich vorüber oder zumindest am Vergehen ist. Zwei, drei Topangreifer auf dem Platz zu haben, ist en vogue. Die hatte Deutschland im ganzen Kader nicht, stattdessen gab’s Plätze für einen spielenden Außenbahnangreifer und einen Chancentod. Und es gab ein mitgebrachtes Halbherzigkeitsproblem, das eben nicht von oben herab wegzudiskutieren war, zumal die beiden Spieler keinerlei Anstalten machten, mit Topleistungen auf die anhaltende Kritik zu reagieren.
Als wäre das nicht genug, hat Jogi Löw spätestens das Spiel gegen Südkorea schlicht vercoacht. Er vertraute den bereits zuvor müde durchs Turnier trabenden alten Gefährten und ließ die wenigen jungen Wilden, die keine Angst vor der Größe der Aufgabe gezeigt hatten, draußen.