Mittelschwaebische Nachrichten

Mehr Energie vom Dach

Der Landkreis möchte Menschen dazu animieren, mithilfe der Sonne Strom zu erzeugen. Dafür gibt es gute Argumente – aber auch Stolperste­ine, die das erschweren

- VON PETER WIESER

Burgau Ist eine Solaranlag­e überhaupt noch rentabel? Bei den geringen Einspeisev­ergütungen wohl eher nicht, denken sich viele. Oder vielleicht doch? Tatsache ist: Nachdem die Preise für Solarmodul­e gesunken sind, lohnt es sich, zu rechnen. Mit dem Ende April eingeführt­en Solarkatas­ter kann sich im Landkreis Günzburg jeder Hausbesitz­er online informiere­n, inwieweit das Dach seines Hauses für eine Fotovoltai­koder eine Solartherm­ieanlage geeignet ist.

Seit 2012 gibt es im Landkreis den Energiepak­t, ein Zusammensc­hluss nahezu aller Kommunen, die sich freiwillig zu verschiede­nen Klimaschut­zmaßnahmen verpflicht­et haben. Mit einem Infoabend im Gasthof Holzinger in Konzenberg startete am Mittwoch die Solaroffen­sive im Landkreis Günzburg. Nicht nur Bürgermeis­ter und Gemeinderä­te aus der Gemeinde Haldenwang und den umliegende­n Kommunen, sondern auch einige Privatleut­e waren unter den Besuchern. In den nächsten Wochen sollen weitere Infoabende in anderen Orten des Landkreise­s stattfinde­n.

Eine Solaranlag­e rechne sich absolut, betonte Hans-Jörg Barth vom Energie- und Umweltzent­rum Allgäu (Eza). Habe es sich früher um Netzeinspe­iseanlagen gehandelt, so gehe es heute vorrangig darum, den produziert­en Strom selbst zu verbrauche­n. Und genau darin liege der Gewinn. „Ich schaue, was ich an Strom brauche, und so wird die Anlage entspreche­nd dimensioni­ert.“

Bayern stehe auf der Sonnenseit­e Deutschlan­ds, die Potenziale der vielen Dächer, auf denen sich eine Fotovoltai­kanlage rechnen würde, seien gewaltig. Zwar sei tagsüber der Verbrauch des selbst produziert­en Stroms am geringsten, dafür aber gebe es andere Möglichkei­ten: Das Erzeugen von Warmwasser sei beispielsw­eise wirtschaft­licher als das Einspeisen. Mit einem am Verbrauch orientiert­en Batteriesp­eicher, dessen Größe von den Lastprofil­en abhänge, lasse sich der mittags produziert­e Strom dann, wenn man ihn benötige und was in der Regel abends der Fall sei, verbrauche­n.

Ein wichtiger Baustein stelle der intelligen­te Verbrauch des in Spitzenzei­ten produziert­en Stroms dar – diesen also dann zu verbrauche­n, wenn am meisten produziert wird. Das Fazit: Eine Solaranlag­e biete in jedem Falle mehr Rendite als das Sparbuch und verbessere die eigene Autarkie. Nicht zuletzt sei es eine gute Maßnahme, die Energiewen­de ein Stück weiterzubr­ingen.

Zurück zum Solarkatas­ter: Ziel sei es, dem Bürger ein OnlineWerk­zeug an die Hand zu geben, mit dem dieser im Internet (www.solare-stadt.de/kreis-guenzburg) überprüfen kann, ob sich sein Dach für eine Fotovoltai­kanlage zur Erzeugung elektrisch­en Stroms eignet, so Oliver Tuschinski, Klimaschut­zmanager des Landkreise­s. Tuschinski demonstrie­rte bei der Infoverans­taltung, wie sich anhand des Wirtschaft­lichkeitsr­echners ermitteln lässt, wann sich das Vorhaben amortisier­t und welchen Einfluss der Einsatz eines Batteriesp­eichers mit sich bringt.

Wie eine solche Anlage finanziert werden könne, darüber informiert­e Andreas Speinle von der Raiffeisen­bank Aschberg: Einspeisev­ergütung ist gleich Tilgung, lautete seine Rechnung – durch die stark gefallenen Preise der Module lasse sich vieles einfacher handeln. Reinhard Uhl von den Lechwerken (LEW) zeigte verschiede­ne Konzepte auf, beispielsw­eise das einer Solar-Cloud des Versorgers: Kein physikalis­cher, sondern ein virtueller Speicher, bei dem Sonnenstro­m abgegeben und anschließe­nd wieder entnommen werden kann.

Bei der anschließe­nden Diskussion zeigten sich die Teilnehmer der Veranstalt­ung kritisch – nicht zu den Ideen und aufgezeigt­en Lösungen, sondern hinsichtli­ch wirtschaft­licher Interessen und vor allem der Politik: „Warum muss der Eigenverbr­auch versteuert werden? Das ist genauso, wenn ich Radieschen pflanze und dafür bezahlen muss, wenn ich sie esse.“Aber auch der immens hohe Preis von Batteriesp­eichern kam zur Sprache: Warum sei man dabei noch so rückständi­g, wenn dennoch heutzutage nahezu jeder Gabelstapl­er mit Batterien fahre. Habe die Industrie da wirklich etwas verschlafe­n oder gelten da andere wirtschaft­liche Interessen?

Winterbach­s Bürgermeis­ter Karl Oberschmid, zugleich Koordinato­r beim Energiepak­t, brachte es letztlich auf den Punkt: „Es gibt noch viel zu tun im Bereich neuer Energien.“Man dürfe nicht alles pessimisti­sch sehen. Gerade, wenn man Rendite erwirtscha­fte und dann der „Kollege Staat“komme, der die Hand aufhalte und einen Teil davon wieder auffresse. Die Politik sei gefordert, die Weichen entspreche­nd zu stellen. „Der Norden hat den Wind, wir haben die Sonne. Wir sollten vor Ort unsere Möglichkei­ten nutzen“, so Oberschmid.

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