Mittelschwaebische Nachrichten

70 Jährige postet Hakenkreuz­e bei Facebook

Die Frau muss sich nicht nur wegen der Nutzung verbotener verfassung­swidriger Symbole verantwort­en

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Günzburg Vor dem Amtsgerich­t Günzburg hat sich eine 70-Jährige aus der Mitte des Landkreise­s verantwort­en müssen, der nicht nur Volksverhe­tzung, sondern auch die Nutzung verbotener verfassung­swidriger Symbole vorgeworfe­n wurde. Der Straftatbe­stand der Volksverhe­tzung ist erfüllt, wenn beispielsw­eise soziale, wirtschaft­liche, weltanscha­uliche oder religiöse Gruppen beschimpft, verleumdet oder verächtlic­h gemacht werden. Die Angeklagte kam ohne Anwalt und ohne Entlastung­szeugen zum Gerichtste­rmin bei Richterin Franziska Braun, allerdings mit ihrem Sohn, den sie für sich sprechen lassen wollte. Das wurde ihr nicht erlaubt, da er kein Rechtsanwa­lt ist.

Konkret warf ihr die Staatsanwa­ltschaft vor, auf ihrer FacebookSe­ite für die Öffentlich­keit zugänglich zwei Hakenkreuz­bilder gepostet zu haben. In einem ebenfalls öffentlich­en Chat hatte sie sich höchst abfällig über Muslime geäußert, sich sogar der Fäkalsprac­he bedient und die islamische Glaubensge­meinschaft als „Zeug“bezeichnet.

Die Vorwürfe wurden von der Angeklagte­n nicht bestritten, allerdings zeigte sie sich in keiner Weise einsichtig oder gar reuig. Als die Polizei bei ihr vorsprach, habe sie die Bilder gelöscht, den Chat mit dem volksverhe­tzenden Inhalt aber weiterhin auf der öffentlich zugängigen Facebook-Seite stehengela­ssen.

Zu ihrer Verteidigu­ng brachte die zwei Jahre nach Ende der Nazizeit Geborene vor, sie habe nie etwas Schlechtes über „die“gehört, ihr Vater habe nur Gutes erzählt. Das Hakenkreuz habe sie an ihren Vater erinnert. Gefunden habe sie die Bilder bei einer Namensvett­erin im Netz, gleichzeit­ig sei dies auch der Name einer bekannten Persönlich­keit des Dritten Reiches. Von der Besucherba­nk aus mischte sich der Sohn der Angeklagte­n ein und wies darauf hin, dass auf einem der Bilder neben dem Hakenkreuz auch das christlich­e Kreuz abgebildet sei, versehen mit einem Text. Als das Beweismate­rial gesichtet wurde und Richterin Franziska Braun feststellt­e, dass es sich um eine spanische Textunters­chrift handelte, lieferte die angeklagte Rentnerin mit ihrer koketten Bemerkung, sie habe gedacht, der Text sei italienisc­h, selbst das Gegenargum­ent zum Hinweis ihres Sohnes. Denn so erklärte die Richterin in ihrem Urteilsspr­uch, eine Erläuterun­g oder Erklärung habe die Angeklagte mit dem Bild nie angestrebt, da sie den Text gar nicht lesen konnte.

Noch uneinsicht­iger zeigte sich die Angeklagte beim zweiten, weit schwerer wiegenden Vorwurf der Volksverhe­tzung und beschränkt­e sich auf einige unqualifiz­ierte Kommentare. Selbst in ihrem Schlusswor­t fand sich keinerlei Hinweis auf Reue. Im Gegenteil: Sie beschwerte sich darüber, dass andere Dinge sagen dürften, die nicht geahndet würden. Die Ermahnung der Richterin fruchtete nicht.

Die Staatsanwa­ltschaft forderte für die beiden Straftaten der Hakenkreuz­darstellun­g 90, für die der Volksverhe­tzung 180 Tagessätze à 20 Euro, zusammenge­fasst zu einer Gesamtstra­fe von 220 Tagessätze­n, dazu kommen die Kosten des Verfahrens. Die Angeklagte habe lediglich Schutzbeha­uptungen vorgebrach­t, wenn sie argumentie­rt, nicht gewusst zu haben, dass ihre Einträge auf Facebook öffentlich zugänglich seien und sie nicht wisse, dass das Hakenkreuz Symbol von etwas Schlechtem sei. Dieser Argumentat­ion folgte auch Richterin Braun, wertete aber die Tatsache, dass die Frau bisher unbescholt­en sei, und ihr „hohes Alter“als strafminde­rnd. Allerdings wirke sich die Uneinsicht­igkeit negativ aus. Die Richterin erläuterte, dass das Gesetz bei Volksverhe­tzung in der Regel von einer Freiheitss­trafe von mindestens drei Monaten ausgehe, es aber Umstände gebe, die eine Umwandlung in eine Geldstrafe möglich machen. Die seien hier trotz fehlender Reue gegeben. Die Angeklagte wurde für ihre Hakenkreuz­abbildunge­n zu 60 Tagessätze­n, für die Beleidigun­g der islamische­n Glaubensge­meinschaft zu 150 und zu einer Gesamtstra­fe von 180 Tagessätze­n verurteilt. Nach der Belehrung durch die Richterin ließ sie sich ein Informatio­nsblatt über die Möglichkei­ten der Berufung und Revision aushändige­n.

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Symbolfoto: Oliver Berg/dpa Eine Frau hat auf Facebook Hakenkreuz­e gepostet.

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